Erstes Kleintiermodell für humane Noroviren

In einem Verbund amerikanischer und deutscher Laboratorien ist es Prof. Christiane Wobus im Fachbereich Mikrobiologie und Immunologie der Medizinischen Fakultät der Universität Michigan und Prof. Stefan Taube, jetzt am Institut für Virologie und Zellbiologie der Universität zu Lübeck, gelungen, ein Kleintiermodell zu entwickeln, mit dem erstmals grundlegende Mechanismen der Norovirus-Infektion untersucht und neue antivirale Therapeutika entwickelt und getestet werden können.

Norovirus (Abb.: Taube) © Universität Lübeck
Norovirus (Abb.: Taube)
© Universität Lübeck

Beteiligt an dieser Studie war unter anderem auch die Arbeitsgruppe von Dr. Marina Höhne am Robert-Koch-Institut in Berlin. Die Arbeit wurde am 16. Juli 2013 mit dem Titel „A Mouse Model for Human Norovirus“ in der Fachzeitschrift mBIO, einem Journal der amerikanischen Gesellschaft für Mikrobiologie, veröffentlicht  (Taube et al. 2013, mBio).

Humane Noroviren sind weltweit verbreitet und verantwortlich für einen Großteil der akuten viralen Gastroenteritis-Erkrankungen bei Kindern und Erwachsenen. Die Übertragung humaner Noroviren erfolgt direkt von Mensch zu Mensch oder über kontaminierte Lebensmittel. So erkrankten während eines einzigen Ausbruchs 2012 in Deutschland über 11.000 Menschen, vorwiegend Kinder und Jugendliche, an Brechdurchfall, ausgelöst durch eine Norovirus-Kontamination von Tiefkühl-Erdbeeren. Dieser Ausbruch war der bisher mit Abstand größte bekannte lebensmittelbedingte Krankheitsausbruch in Deutschland.

Prof. Dr. Stefan Taube © Universität Lübeck
Prof. Dr. Stefan Taube
© Universität Lübeck

Für das gesamte Jahr 2012 in Deutschland meldete das Robert-Koch-Institut 110.000 bestätigte Norovirus-Erkrankungen. Damit sind Noroviren die häufigste gemeldete Erkrankung in diesem Zeitraum. Obwohl gesunde Menschen die Symptome der Norovirus-Infektion in der Regel ohne Komplikationen nach ein bis zwei Tagen überstanden haben, kann es insbesondere bei älteren und kranken Menschen aufgrund des sehr schnellen Flüssigkeitsverlustes zu Todesfällen kommen. Deutschlandweit sterben jedes Jahr circa 40 Patienten an einer Norovirusinfektion.

Vor allem das Fehlen eines effizienten Gewebekultursystems und Kleintiermodells hat die Forschung an diesen Viren erschwert, so dass viel-versprechende Wirkstoffe für eine antivirale Therapie, wie sie zum Beispiel auch von Prof. Thomas Peters am Institut für Chemie der Universität zu Lübeck entwickelt werden, bisher nicht effizient in vivo getestet werden konnten (Rademacher et al. 2011, Chemistry). Seit der Entdeckung humaner Noroviren 1972 nach einem Ausbruch in einer Kindertageseinrichtung in Norwalk im US-Bundestaat Ohio wird an Möglichkeiten, dieses Virus im Labor anzuzüchten, bzw. an einem Kleintiermodell zum Testen antiviraler Wirkstoffe gearbeitet.

Mit der aktuellen Studie sind nun ein Zellkultur-System und eine antivirale Therapie in greifbare Nähe gerückt. Bis dahin stellen Hygienemaßnahmen wie zum Beispiel Händewaschen mit Seife oder speziell für Norovirus getesteten Händedesinfektionsmitteln die einzig effektive Möglichkeit dar, die Verbreitung von Noroviren einzudämmen.

Die Studie wurde am 22. Juli 2013 auf der Jahrestagung der amerikanischen Gesellschaft für Virologie in einer Diskussionsrunde der Sendung  „This Week in Virology (TWIV) “ vorgestellt.

„A Mouse Model for Human Norovirus“:
http://mbio.asm.org/content/4/4/e00450-13

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