Kunst, die an die Substanz geht

Mönchengladbach. Anfang April hat die polnische Künstlerin Angelika Fojtuch (Jahrgang 1978) für sechs Monate ihr Gastatelier in der Steinmetzstraße bezogen. Sie ist die inzwischen 23. Atelierstipendiatin der Josef und Hilde Wilberz-Stiftung, die in Kooperation mit der Stadt seit 1998 internationalen Künstlern für jeweils ein halbes Jahr Atelier und Wohnung zur Verfügung stellt.

Betreut wird das Stipendium durch Christin Müller vom städtischen Kulturbüro, das der im polnischen Gdynia geborenen Künstlerin, die an den Hochschulen für bildende Kunst in Thorn, Krakau, Posen und Gdansk studierte und heute an der Hochschule in Gdansk Performancekunst lehrt, jetzt eine Abschlussausstellung im Rahmen des diesjährigen „parc/ours“, dem Wochenende der offenen Ateliers und Kunstpunkte am 21. und 22. September, einrichtet. Dank der Unterstützung der Event-Gastronomie GmbH „Kult & Genuss“ wurde dem städtischen Kulturbüro in der Hauptstraße 178 eine leerstehende Wohnung für das Ausstellungsprojekt zur Verfügung gestellt.

Darin zeigt Angelika Fojtuch bereits am heutigen Freitag (20. September) ab 19 Uhr eine Live-Performance und – wie auch am Samstag und Sonntag, 21. und 22. September, eine Videodokumentation ihrer Performances aus den Jahren 2005 bis 2013. Somit zeigt sie erstmals überhaupt in einer Ausstellung einen Gesamtübrblick ihres künstlerischen Schaffens der vergangenen Jahre. Am Mittwoch, 25. September, bietet das Kulturbüro abschließend in der Hauptstraße 178 eine Führung durch die Ausstellung zusammen mit der Künstlerin an.

Angelika Fojtuch absolvierte im Jahr 2000 einen Künstleraufenthalt in Florenz, der Fondazione Romualdo del Bianco, gewann 2003 den Preis für junge Künstler der Stadt Gdansk, das Stipendium der Stadt Gdynia und 2004 das Stipendium der Kulturstiftung des Landes Polen. Ausstellungen erfolgten unter anderem im Museum für zeitgenössische Kunst in Roskilde, der Fundacio Antoni Tapies in Barcelona und im Kunsthaus in Dresden. Sie ist die Mitgründerin, Organisatorin und Kuratorin des Performance-Kunst-Forums PORT PERFORMANCE, welches Performancekunst-Workshops mit internationalen Teilnehmern in unter anderem Tallin, Berlin and Tel Aviv dirigiert.
Ihre Performances beschäftigen sich mit Fragen der Kommunikation, der Rolle der Körpersprache und der Gefühlslagen in zwischenmenschlichen Beziehungen sowie der Identitätsentwicklung angesichts kultureller Mechanismen.

Ihre sehr persönlichen Arbeiten, an der Grenze zwischen privaten und öffentlichen Aktivitäten, sind in der Regel als ein interaktiver Prozess mit dem Publikum erdacht, welches Fojtuch meist in unangenehme und peinliche Situationen bringt. Sie bezieht sich dabei auf die spezifischen sozialen und psychologischen Kontexte, die einer Performance zu Grunde liegen. Mit dem Fokus auf geschlechtsspezifische Untersuchungen und den Normen des individuellen Auftretens im öffentlichen Raum, erforscht und überwindet die Künstlerin die Grenzen des sozialen Verhaltens, um kollektive latente Spannungen, vernachlässigte Phantasien oder traumatische Ängste zu offenbaren.

Der Spannungsmoment ihrer Performances sind vor allem die Überraschungseffekte. Unweigerlich wird der unbedarfte Zuschauer als Teil ihrer Handlungen einbezogen. Die Frage, wie unterschiedlich die Zuschauer in solchen Situationen jeweils verhalten und wie sich vor allem auch soziokulturelle und sprachliche Unterschiede auf die Performance auswirken, steht bei ihr im Vordergrund.

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