Waldrandgestaltung: Alte Nutzungsformen erhalten wichtigen Lebensraum

Wer geniest nicht gerne Sonne und Natur bei einem Spaziergang am Waldrand? Was sich als schöner lichter Übergang zum dunklen Wald darstellt, bleibt aber ohne weiteres Zutun nicht einfach so. Ohne Pflege verliert auch ein schön gestufter Waldrand seine Form und viele seiner ökologischen Wirkungen. Denn die natürliche Dynamik geht weg von den sonnenhungrigen Lichtbaumarten und Sträuchern hin zu den konkurrenzkräftigen Schattbaumarten. Damit geht aber auch der Lebensraum für eine große Zahl von Tier- und Pflanzenarten verloren, die auf Licht und Wärme angewiesen sind. Hier hilft nur ein beständiges Eingreifen, ohne dabei aber den Waldrand völlig „abzurasieren“.

Besonders geeignet für die dauerhafte Erhaltung der Waldrandstruktur ist dabei eine Wirtschaftsweise unserer Altvorderen, die schon seit dem Mittelalter bekannt ist. Die so genannte Mittelwaldwirtschaft verbindet eine dauerhafte Erhaltung einzelner Bäume (so genannter Kernwüchse) und das regelmäßige Zurückschneiden kleiner Bäume und Sträucher, die aber innerhalb weniger Jahre wieder von neuem austreiben. Die lichte Struktur mit viel Sonne und Wärme bleibt so auf Dauer erhalten: Ein Lebensraum für viele wärmeliebende, krautige Pflanzen.

In einem Modell-und Demonstrationsvorhaben, an dem das Regionalforstamt Hochstift (NRW) und die Landschaftsstation im Kreis Höxter e.V. (NRW) beteiligt waren, wurden die Auswirkungen einer mittelwaldähnlichen Waldrandgestaltung und -nutzung auf die biologische Vielfalt genauer untersucht.

Durch die mittelwaldähnliche Waldrandgestaltung bot sich die Möglichkeit, seltene Baumarten gezielt zu fördern. Auf sieben Modellflächen mit insgesamt circa 20 Hektar wurden die Waldränder in einer Tiefe von 30 bis 50 m abschnittsweise auf den Stock gesetzt, also bis auf den Stock zurückgeschnitten. Lichtliebende und seltene Baumarten wie Trauben-Eiche (Quercus petraea), Stiel-Eiche (Quercus robur), Hainbuche (Carpinus betulus), Feld-Ahorn (Acer campestre), Winter-Linde (Tilia cordata), Elsbeere (Sorbus torminalis), Wacholder (Juniperus communis) und Eibe (Taxus baccata) wurden auf den Flächen belassen oder auch gezielt einzelne Exemplare gepflanzt.

Durch die Auflichtung der Bestände haben sich lichtliebende Pflanzen etabliert. Das hat zu einer Erhöhung der Artenvielfalt beigetragen. So nahm die Zahl der Tagfalter-Arten innerhalb weniger Jahre um ein Mehrfaches zu. Gleichzeitig konnten mit den Eingriffen wichtige Erfordernisse der Verkehrssicherung erfüllt werden, ohne dass zusätzliche Kosten anfielen. Im Gegenteil: Durch Nutzung des eingeschlagenen Holzes blieb sogar ein kleiner Gewinn von jährlich 450 Euro je Kilometer Waldrand. Das Regionalforstamt Hochstift kann daher eine erfreuliche Bilanz ziehen: „Die Verknüpfung moderner Nutzungsansprüche mit historischen Nutzungsformen eröffnet neue Möglichkeiten, zahlreiche bedrohte Pflanzen- und Tierarten auf größerer Fläche landschaftsökologisch zielführend und ökonomisch tragfähig zu erhalten.“

Rainer Schretzmann, Annalena Schraut, www.aid.de

Weitere Informationen unter:

aid-Heft „Waldränder gestalten und pflegen“, Bestell-Nr. 61-1010, Preis: 2,50 Euro, www.aid-medienshop.de

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