Schlüsselmechanismus des Immunsystems aufgeklärt

Matthias Zehner (rechts) und Prof. Dr. Sven Burgdorf vom LIMES-Institut der Universität Bonn bei der Auswertung der Zellexperimente. (c) AG Burgdorf
Matthias Zehner (rechts) und Prof. Dr. Sven Burgdorf
vom LIMES-Institut der Universität Bonn bei der Auswertung der Zellexperimente. (c) AG Burgdorf

Wissenschaftler der Universität Bonn, der TU Braunschweig sowie des Uniklinikums Leiden haben einen zentralen Schritt der körpereigenen Immunabwehr aufgeklärt. Ihre Arbeit könnte langfristig einen Weg zu wirkungsvolleren Impfstoffen bereiten. Die Ergebnisse sind jetzt im Fachjournal „Immunity“ erschienen.

Das Immunsystem setzt – wie die Polizei – auf Arbeitsteilung. Da sind zunächst einmal die dendritischen Zellen. Sie laufen rund um die Uhr Patrouille und sichern die Spuren verdächtiger Eindringlinge. Bei Erfolg präsentieren sie ihre Funde einem schlagkräftigen Fahndungsteam, den zytotoxischen T-Zellen. Diese Killer wissen nun, wonach sie suchen müssen. Sie schwärmen aus und vernichten die Erreger.

CLEM-Aufnahme (Confocal Laser and Electron Microscopy) einer dendritischen Zelle: Mit dieser speziellen Mikroskopietechnik konnten die Forscher Sec61 (kleine schwarze Pünktchen) in den rotgefärbte Endosomen ("Tüten") sichtbar machen. (c) AG Burgdorf
CLEM-Aufnahme (Confocal Laser and Electron Microscopy) einer dendritischen Zelle:
Mit dieser speziellen Mikroskopietechnik konnten die Forscher Sec61 (kleine schwarze Pünktchen) in den rotgefärbte Endosomen („Tüten“) sichtbar machen. (c) AG Burgdorf

Wie die Spurensicherung abläuft, wissen Forscher inzwischen recht genau: Wenn eine dendritische Zelle auf ein unbekanntes Protein stößt (etwa ein Toxin oder den Bestandteil eines Virus), umfließt sie es mit ihrer Zellmembran. Dabei entsteht ein Membranbläschen, ein Vesikel – eine Art intrazelluläre Tüte, die den Fremdstoff enthält und als Endosom bezeichnet wird. In der Zelle verlässt das fremde Protein die „Tüte“ und wird von Verdauungsenzymen zerlegt. Dabei entstehen Bruchstücke, die die dendritische Zelle an ihre Oberfläche transportiert und dort den zytotoxischen T-Zellen unter die Nase reibt. Diese vermehren sich und machen Jagd auf all diejenigen Zellen im Körper, an denen sie dieselben Proteinbruchstücke riechen.

Das Vorzeigen der Bruchstücke an zytotoxische T-Zellen heißt Kreuzpräsentation. Es ist ein extrem wichtiger Mechanismus, ohne den die Immunabwehr einen großen Teil ihrer Schlagkraft einbüßen würde. Ein Schlüsselschritt dieser Kreuzpräsentation war bislang ungeklärt: Wie gelangt das Fremdprotein aus der Tüte in das Zellinnere?

Molekulare Locher zerstören die intrazelluläre Tüte

Die Wissenschaftler um Prof. Dr. Sven Burgdorf und Matthias Zehner haben diese Frage nun beantworten können. Schon lange wurde vermutet, dass ein Molekül namens Sec61 die Tüte mit dem verdächtigen Fund durchlöchert. Ein Beweis für diese These fehlte jedoch.

Sec61 entsteht in den dendritischen Zellen in einem zelleigenen Röhrensystem, das endoplasmatische Retikulum. „Es übernimmt dort lebenswichtige Aufgaben“, erklärt Prof. Burgdorf, der am LIMES-Institut der Universität Bonn arbeitet (das Akronym LIMES steht für „Life and Medical Sciences“). „Wir haben nun zusammen mit Partnern aus Braunschweig eine Möglichkeit gefunden, das Sec61 in diesem Röhrensystem festzuhalten, ohne seine Funktion zu beeinträchtigen.“

Durch diesen Trick konnte Sec61 nicht mehr zur Tüte mit dem verdächtigen Protein gelangen. Auf den ersten Blick verhielt sich die Zelle absolut normal. „Wir weisen aber nach, dass die Kreuzpräsentation vollständig unterbleibt, wenn wir Sec61 festhalten“, erklärt Prof. Burgdorf. Mit einer in Leiden entwickelten Mikroskopietechnik konnten die Forscher zudem zeigen, dass Sec61 im Normalfall tatsächlich zur Wand der Tüte wandert.

Impfstoffe funktionieren umso besser, je effektiver es ihnen gelingt, eine starke Kreuzpräsentation anzuregen. Die Pharmaindustrie kennt inzwischen eine Reihe von Zusatzstoffen, so genannten Adjuvantien, mit denen sich die Kreuzpräsentation ankurbeln lässt. „Dennoch gelingt das nicht immer in ausreichendem Maße“, betont Prof. Burgdorf. „Wir hoffen, dass unsere Grundlagenarbeit langfristig neue Möglichkeiten aufzeigt, Impfungen gegen Viren oder Tumoren weiter zu verbessern.“

Publikation: Matthias Zehner, Andrea L. Marschall, Erik Bos, Jan-Gero Schloetel, Christoph Kreer, Dagmar Fehrenschild, Andreas Limmer, Ferry Ossendorp, Thorsten Lang, Abraham J. Koster, Stefan Dübel und Sven Burgdorf: The Translocon Protein Sec61 Mediates Antigen Transport from Endosomes in the Cytosol for Cross-Presentation to CD8+ T Cells; Immunity; DOI: 10.1016/j.immuni.2015.04.008

Neues Promotionskolleg an der Universität Bonn

Prof. Dr. med. Michael Hölzel (links) und Prof. Dr. med. Albert Becker (rechts) mit den ersten Stipendiaten des neuen Promotionskollegs NeuroImmunology der Universität Bonn: Julian Layer, Miriam Mengoni und Tatjana Beutel. © Foto: Katharina Wislsperger/UKB
Prof. Dr. med. Michael Hölzel (links) und Prof. Dr. med. Albert Becker (rechts)
mit den ersten Stipendiaten des neuen Promotionskollegs NeuroImmunology der Universität Bonn: Julian Layer, Miriam Mengoni und Tatjana Beutel. © Foto: Katharina Wislsperger/UKB

Das Immunsystem ist an zahlreichen neurologischen Erkrankungen – wie Alzheimer, Hirntumoren und Epilepsien – beteiligt. Solche Zusammenhänge sollen im neuen Promotionskolleg ‚NeuroImmunology’ an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn untersucht werden. Bis zu 30 Stipendiaten erhalten die Gelegenheit, in einer Doktorarbeit intensiv solche Forschungsfragen zu bearbeiten. Das neue Kolleg startet am 1. Juni und wird von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung mit 750.000 Euro gefördert.

„In der Wissenschaft wird zunehmend erkannt, dass immunologische Prozesse für neurologische Erkrankungen von großer Bedeutung sind: Das gilt für Multiple Sklerose genauso wie für Hirntumore, Alzheimer und Epilepsien“, sagt Prof. Dr. med. Albert Becker vom Institut für Neuropathologie, der zusammen mit Prof. Dr. med. Michael Hölzel vom Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie das Promotionskolleg koordiniert. Die junge Disziplin der Neuroimmunologie versucht unter anderem zu erforschen, wie das Immunsystem darauf ausgerichtet werden kann, zum Beispiel Tumore ins Visier zu nehmen. Erste wissenschaftliche Ansätze zeigen, dass sich etwa mit Hilfe von Antikörpern die körpereigene Abwehr für die Bekämpfung von Krebszellen nutzen lässt.

Auf der Schwelle zu neuartigen Therapien

„Wir stehen auf der Schwelle zu völlig neuartigen Therapien“, sagt Prof. Hölzel. „Mit dem Promotionskolleg wollen wir die Ausbildung junger Wissenschaftler in dieser Disziplin stärken, die wir so dringend benötigen, um diese Forschung weiter voranzutreiben.“ Die Else Kröner-Fresenius-Stiftung fördert die strukturierte Ausbildung der Doktoranden in den nächsten drei Jahren mit 750.000 Euro. Das Geld fließt vor allem in Stipendien. Die ersten Stipendiaten nehmen nun ihre wissenschaftliche Ausbildung auf. Insgesamt sollen sich in dem Promotionskolleg rund 30 junge Mediziner für die Neuroimmunologie qualifizieren.

Sehr gute Betreuung durch international ausgewiesene Forscher

Mit dem Else Kröner-Fresenius-Promotionskolleg arbeiten hochkarätige Einrichtungen wie der Sonderforschungsbereich „Synaptic Micronetworks in Health & Disease“ und das Exzellenzcluster „ImmunoSensation“ in Bonn zusammen. Diese Partner sorgen für spannende Themenfelder an der Front der Forschung, modernste Infrastruktur und eine sehr gute Betreuung durch international ausgewiesene Arbeitsgruppen.

Die Stipendiaten werden in einem Auswahlverfahren festgelegt: Alle am Thema Neuroimmunologie interessierte Studierende der Medizin an der Universität Bonn können sich bewerben. „Mit dem Promotionskolleg schaffen wir einen Freiraum für interessierte Nachwuchskräfte, sich intensiv mit der Forschung zu befassen“, sagt Prof. Hölzel.

Informationen im Internet:

EKFS-Promotionskolleg: www.bonnni.de

Else Kröner-Fresenius-Stiftung: http://www.ekfs.de/de/start.html

Ein Feuerball aus 400 Glühbirnen

Die "Corona Borealis" von Otto Piene gestaltet einen Lichtraum in der Sonderausstellung, die ab 13. Juni im LWL-Museum für Kunst und Kultur zu sehen ist. Foto: Marcus Schwier/VG Bild-Kunst, Bonn 2015/Courtesy: ZERO foundation
Die „Corona Borealis“ von Otto Piene gestaltet einen Lichtraum in der Sonderausstellung, die ab 13. Juni im LWL-Museum für Kunst und Kultur zu sehen ist.
Foto: Marcus Schwier/VG Bild-Kunst, Bonn 2015/Courtesy: ZERO foundation

Münster (lwl). Es blinkt, leuchtet und strahlt im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster, denn ab dem 13. Juni ist dort die neue Ausstellung „Otto Piene. Licht“ zu sehen (13.6. bis 20.9.). In insgesamt sechs Ausstellungsräumen präsentiert das Kunstmuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) eine Auswahl von Pienes Werken, konzentriert auf verschiedenste Begegnungen mit dem Künstler und der Bedeutung des Lichtes in seinen Werken. Wie sehr der Otto Piene (1928-2014) von dem Medium Licht fasziniert war und auf welche unterschiedlichen Weisen er sich diesem genähert hat, lässt sich in der neuen Ausstellung nachempfinden.

Lichtskulptur „Corona Borealis“

Zunächst hört man nur das Knistern von elektrischer Spannung, die sich aufbaut, und dann fängt es plötzlich an zu flirren. Ein gleißend heller Feuerball baut sich auf, um dann wieder zu erlöschen. Die Lichtskulptur „Corona Borealis“ aus dem Jahr 1965 besteht aus ungefähr 400 Glühbirnen und einer Lichtsteuerung, die das kontrollierte Aufleuchten ermöglicht. Die Lichtkugel ist seit den 1960er Jahren Bestandteil der verschiedenen „Lichtballette“, die Otto Piene zunächst als manuelle Performance und später als festinstallierte vollautomatische Lichträume schuf.

Der Name rührt von der Bezeichnung eines Sternenbildes nördlich des Himmelsäquators. Ebenso wie ein Stern strahlt die „Corona Borealis“ erst weit in ihre Umgebung hinaus und implodiert dann wieder zu völliger Dunkelheit. Weltbekanntheit erlangte die Skulptur, als sie 1967 im Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Montréal, Kanada, zu sehen war. Mittlerweile ist sie im Eigentum der ZERO foundation in Düsseldorf, von der sie als Leihgabe nach Münster kommt.

Otto Piene, Sohn eines Physikers, war stets an Naturwissenschaften wie der Astronomie interessiert. Besonders der Himmel und dessen unendliche Weite beeindruckten ihn. So entwickelte er mit seinen Lichträumen, von denen einer auch in der Ausstellung in Münster zu sehen sein wird, jeweils einen ganz eigenen Kosmos.
Die Ausstellung wird gefördert von der National-Bank und der Kunststiftung NRW.

LWL-Einrichtung:
LWL-Museum für Kunst und Kultur
Westfälisches Landesmuseum
Domplatz 10
48143 Münster
Karte und Routenplaner

Schon wieder die Schweden: Zelmerlöw gewinnt ESC

Zum sechsten Mal tragen die Schweden den Sieg nach Hause. Diesmal gewann Måns Zelmerlöw für sein Land den Eurovision Song Contest 2015.

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