Virusinfektionen bei Bienen

Wie ernst ist der Befall?

(aid) – Wann ist ein Bienenvolk krank – wenn 100.000 Virenpartikel im Stock gefunden werden oder eine Million? Ein neues Verfahren hilft Bienenzüchtern, das Risiko für ihre Völker durch Virusinfektionen besser einzuschätzen. Das Verfahren wurde an der Universität im dänischen Aarhus im Rahmen einer Studie entwickelt, in der die generelle Verbreitung der sieben häufigsten Viren in dänischen Bienenvölkern untersucht wurde.

Viele Bienenviren kommen bis zu einem gewissen Ausmaß auch in anscheinend gesunden Bienenvölkern vor. Erst wenn externe Stressfaktoren hinzukommen, wie etwa Milbenbefall, steigt bei den befallenen Bienen die Virenzahl – und damit der „Krankenstand“. In der Studie sollte nun eine Art Basislinie für die Besiedlung gesunder Bienen mit Viren in Dänemark erstellt werden. Außerdem wurde überprüft, inwiefern sich Stärke und Art der Virenbesiedlung in gesunden und kranken oder gestressten Bienenvölkern unterscheiden.

Dafür nahmen die Autoren 241 gesunde Völker unter die Lupe. Dazu kamen 28, die stark mit Varroamilben befallen waren oder bei denen es in vergangenen Wintern zu großen Verlusten gekommen war. Die Wissenschaftler bestimmten den Virentiter von je 20 Arbeiterinnen pro Bienenvolk. Es stellte sich heraus, dass es eine große Infektionsbandbreite in den Völkern gab. Am häufigsten waren sowohl in gesunden als auch in kranken Völkern das Sackbrut-Virus, das Flügeldeformations-Virus und das Schwarze-Königinnenzellen-Virus. Nur 36 Prozent der gesunden Völker waren komplett virenfrei. 27 Prozent wiesen nur ein einziges Virus auf. Beim verbleibenden Drittel waren es zwei oder mehr.

Bei den milbenbefallenen oder anderweitig erkrankten Bienenvölkern trat dagegen grundsätzlich mindestens ein Virustyp auf. In 9 von 10 Fällen waren es zwei oder mehr Erreger, bei gut zwei Dritteln sogar drei oder mehr. Auch bei der Stärke des Befalls gab es deutliche Unterschiede: In gesunden Bienenvölkern lagen überwiegend niedrige bis mittlere Virentiter vor. Bei erkrankten Völkern traten dagegen deutlich häufiger mittlere und hohe Werte auf.

Für die statistische Auswertung wiesen die Wissenschaftler die Ergebnisse vier Gruppen zu: Virenfrei (0 Viren), niedriger Virustiter (unter 1.000 Viren pro Stichprobe), mittlerer Virustiter (1.000 bis unter 10 Millionen Viren) und „erkrankt“ (ab 10 Millionen Viren pro Stichprobe).

Mit der Kombination aus schneller, quantitativer Virentiter-Bestimmung und Einordnung der Ergebnisse in die vier Kategorien ließ sich der Zustand eines Bienenvolks gut erfassen. Das macht das Verfahren auch für Imker vor Ort interessant. Mit dem neuen Ansatz lassen sich auch versteckte Infektionen erkennen und von tatsächlichen Krankheitsausbrüchen abgrenzen. So können u. U. rechtzeitig Präventions- oder Quarantänemaßnahmen getroffen werden. Das war bisher nur schwer möglich, da in der Regel bei Tests auf Virusinfektionen nur ein eventueller Virenfund, und dann noch mit einem für sich allein wenig anschaulichen Titerwert mitgeteilt wird.

Ein weiterer Vorteil des neuen Verfahrens: Die Testergebnisse lassen sich leichter statistisch auswerten, sodass man verschiedene Proben besser miteinander vergleichen kann. So lassen sich z. B. Krankheitsverläufe in einem Volk verfolgen oder verschiedene Zuchtlinien in einem Selektionsprogramm, etwa für Varroa-resistente Bienen, im Hinblick auf ihre Virentoleranz vergleichen.
Dr. Margit Ritzka, www.aid.de

Weitere Informationen:
www.eurekalert.org/pub_releases/2015-10/au-smf102615.php

Amiri E et al.: Four Categories of Viral Infection Describe the Health Status of Honey Bee Colonies. PLoS One; Bd. 10, S. e0140272, 2015. doi: 10.1371/journal.pone.0140272

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