Kategorie-Archiv: Recht

Lebensmittelunternehmer ist man schneller als man denkt

Auch ein selbstständiger Tellerwäscher wäre Lebensmittelunternehmer. Hat er nicht das Glück zwischenzeitlich Millionär zu werden und den Tellerwäscher-Job blitzschnell wieder aufgeben zu können, blühen selbst ihm ein ganzer Katalog an Auflagen: Kenntnisse im Lebensmittel- und Hygienerecht, Registrierungs- und Schulungspflichten, möglicherweise gar der Aufbau eines betrieblichen Hygienemanagements.

Denn all das gilt für jeden, der unter den Begriff des Lebensmittelunternehmers nach der europäischen Lebensmittel-Basisverordnung Nr. 178/2002 fällt. Und das wiederum ist nahezu jeder, der Lebensmittel herstellt oder vertreibt und damit zusammenhängende Tätigkeiten außerhalb seines privat-familiären Umfelds ausübt. Neben klassischen Herstellern, Handelsketten, Kantinen- und Imbissbudenbetreibern sind das beispielsweise auch Firmen, die Lebensmitteltransporter oder Produktionsanlagen reinigen oder Initiativen der Sozialverbände oder Suppenküchen, die Lebensmittel – kostenlos oder zu einem symbolischen Preis – an Bedürftige abgeben.

Selbst wer Vereins- oder Straßenfeste veranstaltet, kann als Lebensmittelunternehmer gelten. Das allerdings kann, muss aber nicht sein. Denn hier kommt es auf den Einzelfall an, der sich insbesondere daran misst, wie oft das Fest stattfindet. So wiederholt der europäische Gesetzgeber in den Erwägungsgründen der seit Dezember 2014 geltenden EU-Lebensmittelinformationsverordnung, dass das Unionsrecht nur für Unternehmen gelten sollte, „wobei der Unternehmensbegriff eine gewisse Kontinuität der Aktivitäten und einen gewissen Organisationsgrad voraussetzt“.

Werden nur gelegentlich Speisen durch Privatpersonen angeboten, etwa auf Wohltätigkeitsveranstaltungen oder auf Märkten und Zusammenkünften auf lokaler Ebene, muss das Lebensmittelrecht nicht zwingend zur Anwendung kommen.

In ähnlicher Weise hatte sich die EU-Kommission bereits 2007 in ihren Leitlinien zum europäischen Hygienerecht geäußert. Für Festveranstalter, etwa Kindertagesstätten, Schulen, Seniorenheime oder Vereine jeglicher Art heißt das: Finden die Festivitäten nicht regelmäßig, beispielsweise nur einmal jährlich statt, dürften sie vom engen Korsett der lebensmittel- und hygienerechtlichen Vorgaben befreit sein.

Frei von Pflichten aber sind Veranstalter dadurch nicht. Denn die Gute Hygienepraxis, also unter anderem die Sorge dafür, dass die angebotenen Speisen sicher sind, muss dennoch gewährleistet sein. Und dazu wiederum liegt es nahe, sich an den rechtlichen Vorgaben zu orientieren.
Dr. Christina Rempe, www.aid.de

Weitere Informationen zum Thema Lebensmittelhygiene finden Sie unter

www.aid.de/verbraucher/grosskueche_hygiene.php

aid-Heft „Küchenhygiene“, Bestell-Nr. 1323, Preis: 2,00 Euro

www.aid.de/shop/shop_detail.php?bestellnr=1323

BGH: Parodie einer bekannten Marke

Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat 2. April 2015 entschieden, dass der Inhaber einer bekannten Marke die Löschung einer Marke verlangen kann, die sich in ihrem Gesamterscheinungsbild in Form einer Parodie an seine Marke anlehnt.

Die Klägerin ist eine führende Herstellerin von Sportartikeln. Sie ist Inhaberin der bekannten deutschen Wort-Bild-Marke mit dem Schriftzug „PUMA“ und dem Umriss einer springenden Raubkatze. Das Zeichen wird auf Sportbekleidung verwendet. Der Beklagte ist Inhaber einer prioritätsjüngeren deutschen Wort-Bild-Marke, die aus dem Schriftzug „PUDEL“ und dem Umriss eines springenden Pudels besteht und seit Anfang 2006 unter anderem für Bekleidungsstücke sowie T-Shirts registriert ist. Die Marken sind wie folgt gestaltet:

Die Klägerin sieht in der Eintragung dieser Marke eine Verletzung ihres Markenrechts.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Einwilligung in die Löschung seiner Marke verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt. Er hat angenommen, dass die beiden Zeichen trotz der unübersehbaren Unterschiede im Sinne des Markenrechts einander ähnlich sind. Zwar ist die Ähnlichkeit der Zeichen nicht so groß, dass dadurch eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG* besteht. Der Beklagte nutzt mit seinem Zeichen die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der bekannten Marke der Klägerin im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG aus. Er profitiert von der Ähnlichkeit der beiden Marken und erlangt dadurch eine Aufmerksamkeit, die er für seine mit der Marke gekennzeichneten Produkte ansonsten nicht erhielte. Der Inhaber einer bekannten Marke kann die Löschung einer Marke auch dann verlangen, wenn keine Verwechslungsgefahr vorliegt, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken jedoch so groß ist, dass die beteiligten Verkehrskreise sie gedanklich miteinander verknüpfen.

Gegenüber dem Recht aus der bekannten Marke kann sich der Beklagte zur Rechtfertigung nicht mit Erfolg auf die Grundrechte auf freie künstlerische Betätigung oder auf freie Meinungsäußerung berufen. Seine Rechte müssen gegenüber dem ebenfalls durch die Verfassung geschützten Markenrecht der Klägerin zurücktreten, weil der Grundrechtsschutz dem Beklagten nicht die Möglichkeit einräumt, ein eigenes Markenrecht für identische oder ähnliche Waren eintragen zu lassen.

Urteil vom 2. April 2015 – I ZR 59/13 – Springender Pudel

LG Hamburg – Urteil vom 10. Februar 2009 – 312 O 394/08

BeckRS 2010, 02140

OLG Hamburg – Urteil vom 7. März 2013 – 5 U 39/09

BeckRS 2015, 01706

Karlsruhe, den 2. April 2015

* § 9 MarkenG

(1) Die Eintragung einer Marke kann gelöscht werden,

1. …

2.

wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, oder

3.

wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch oder dieser ähnlich ist … , falls es sich bei der Marke mit älterem Zeitrang um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung der eingetragenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

Text: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Weihnachtsgeschenk oder Bestechung?

Auf vielen Schreibtischen liegt in diesen Tagen eine Schachtel Pralinen oder ein Kalender für das kommende Jahr. Unternehmer verschicken Weihnachtspräsente an ihre Geschäftspartner, und der Chef will sich für die gute Zusammenarbeit bedanken. Das klingt zunächst harmlos. Sowohl der Beschenkte als auch der Absender können aber dadurch in eine missliche Lage geraten. Gilt eine Flasche Wein als Bestechungsversuch? Was ist mit der Einladung zum Essen beim teuren Italiener? „Es gibt keine gesetzlichen Wertgrenzen, ab wann ein Geschenk als Bestechung gilt“, sagt Walter Schlegel, Compliance-Experte von TÜV Rheinland. Der Gesetzgeber stellt einerseits keine klaren Regeln auf, sagt aber andererseits, dass Bestechlichkeit und Bestechung im Geschäftsverkehr verboten sind.

Compliance-Beauftragten benennen

Der Begriff „Compliance“ bezeichnet die Einhaltung und Umsetzung von gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben. Es empfiehlt sich, in Unternehmen klare Regeln aufzustellen, etwa eine Obergrenze für Weihnachtsgeschenke. „Ist das Präsent deutlich teurer oder lässt sich der Wert nicht eindeutig ermitteln, ist es sinnvoll, wenn der Mitarbeiter Rücksprache mit dem Vorgesetzten oder dem Compliance-Beauftragten hält“, schlägt Walter Schlegel vor. „Geschenke sind unbedenklich, sofern sie angemessen sind. Erhalten alle Mitarbeiter eine Flasche Sekt, braucht niemand zu befürchten, der Bestechlichkeit beschuldigt zu werden“, sagt der TÜV Rheinland-Experte. Kommt nur ein Mitarbeiter in den Genuss und erwartet der Absender deshalb, bevorzugt behandelt zu werden, ist die Situation eine andere. Sinnvoll ist es, im Unternehmen einen Compliance-Beauftragten zu benennen. Um Mitarbeiter vor Bestechung und Bestechlichkeit zu schützen, können Arbeitgeber außerdem Schulungen und Seminare zu dem Thema anbieten.

Gute Prävention schaffen

Um möglichen Konflikten aus dem Weg zu gehen, kann es auch sinnvoll sein, externe Spezialisten einzubinden TÜV Rheinland kann Unternehmen helfen, mit Compliance-Themen umzugehen, eine gute Prävention zu schaffen und Verstöße zu verhindern. Mehr Informationen zu Dienstleistungen und Zertifizierungen gibt es auf www.tuv.com/compliance.

BdSt-Musterverfahren jetzt beim Verfassungsgericht

Kosten für ein Erststudium oder eine Erstausbildung sind beruflich veranlasst und müssten deshalb steuerlich besser berücksichtigt werden – damit folgt der Bundesfinanzhof (BFH) der Auffassung des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Das oberste deutsche Steuergericht hat ein vom BdSt unterstütztes Musterverfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. „Der Gesetzgeber sollte den Beschluss zum Anlass nehmen, die Kosten für Erststudium und Erstausbildung steuerlich vollständig anzuerkennen“, fordert BdSt-Präsident Reiner Holznagel. „Studium oder Ausbildung sind keine Privatvergnügen. Sie sind die Grundlage für junge Menschen, um im späteren Berufsleben lebenswichtige Einnahmen zu erzielen.“

Im Fall studierte der Kläger internationale Betriebswirtschaftslehre. Dazu gehörte ein Auslandssemester in Australien. Die Kosten für dieses Auslandsstudium, wie Studiengebühren, Miete, Verpflegungsmehraufwand und Flug, machte der junge Mann in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 als vorweggenommene Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ordnete die Kosten der privaten Lebensführung zu und berücksichtigte sie lediglich als Sonderausgaben. Damit wirkten sich die Kosten für das Auslandssemester steuerlich nicht aus. Mit seiner Klage und der Revision beim BFH begehrt der Kläger, die Kosten für das Studium als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen und entsprechende Verluste festzustellen. Nun muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Der aktuelle Vorlagebeschluss stellt einen weiteren Höhepunkt im Streit um die steuerliche Behandlung von Berufsausbildungs- und Studienkosten dar. Ausgangspunkt war ein Urteil des Reichsfinanzhofs aus dem Jahr 1937. Damals entschieden die Richter, dass Aufwendungen für eine Ausbildung zur privaten Lebensführung gehören. Die Ausbildung sei „für die Erlangung der für den Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten grundsätzlich der steuerlich unbeachtlichen Privatsphäre zuzuordnen“. Der Bundesfinanzhof brach mit dieser „Lebenskampf“-Rechtsprechung bereits 2002. Seitdem versucht der Gesetzgeber durch immer neue Nichtanwendungsgesetze die studentenfreundliche Rechtsprechung des BHF auszuhebeln. Mit dem so genannten Zollkodex-Anpassungsgesetz plant der Gesetzgeber derzeit sogar, die Erstausbildung im Einkommensteuergesetz zu definieren. Damit soll der Steuerabzug von Studienkosten weiter eingeschränkt werden.

Wer profitiert? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vorlagebeschluss finden Sie hier.

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