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Verkäufer brauchen Selbstbewusstsein, Mut und Motivation

„Jedermanns Liebling ist jedermanns Armleuchter“, lautet ein bekanntes Sprichwort. Und das gilt auch für Verkäufer. Das zumindest meint der Vertriebsprofi und Bestseller Autor Dirk Kreuter. Sein Ansatz: Wer immer Ja sagt, dem Kunden permanent nachgibt und mit Rabatten um sich wirft, wird zwangsläufig scheitern. Er fordert mehr Mut, Nein zu sagen und Verhandlungen selbstbewusster anzugehen.

„Ein Rabatt darf nur das letzte Mittel sein und ist auch nur dann möglich, wenn er sich wirklich kaufmännisch rechnen lässt“, meint Dirk Kreuter, der als professioneller Vortragsredner und Vertriebstrainer mehrere Tausend Verkäufer jährlich schult. In seinen Bestsellern „Umsatz Extrem“ und „Akquise-Impulse – motivieren, überzeugen, verkaufen“ geht er nicht nur auf Verkaufstechniken und Verhandlungsoptionen ein, sondern vor allem auch auf die Verkäuferpersönlichkeit. „Viele machen es sich zu einfach, haben zu wenig Spaß an der Reibung mit dem Kunden und der Auseinandersetzung über das Produkt, dessen Vorteile sowie schlussendlich den Preis“, sagt er. Mit mehr Mut auch zu gewagter Kommunikation, einer provokanteren Ansprache und viel persönlichem Format lasse sich Vieles verkaufen. Die Kraft einer überzeugenden Persönlichkeit werde unterschätzt. „Menschen kaufen von Menschen. Das Produkt ist nur ein Teil des Verkaufsprozesses.“

Mit Cleverness, charmanter Härte und einem starken inneren Antrieb, das beste Geschäft machen zu wollen und nicht nur irgendeins, stiegen nicht nur Umsatz und Gewinn, sondern ebenso das Ansehen des Verkäufers – auch beim Kunden. „Aus Rabatten lernt der Kunde doch nur, dass die Preise vorher zu hoch waren und verlangt immer mehr. Er soll aber spüren, dass es um Werte geht und er einen seriösen Verhandlungspartner hat. Und zur Seriosität gehört, Grenzen aufzuzeigen“, so der Verkaufsprofi.

Neben Rabatten gebe es schließlich auch andere Möglichkeiten, Draufgaben, Gutscheine oder Rückvergütungen beim nächsten Einkauf seien nur einige Wege. „Kreative Unternehmer und innovative Verkäufer sorgen so gleich für den nächsten Umsatz oder bereiten diesen zumindest vor.“ Es lohne sich, an intelligenten Alternativen zu Rabatten zu arbeiten und Verkäufer auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu schulen. Mit Mut und Überzeugung kombiniert mit Charme und Verhandlungskunst gelängen beste Geschäfte.

Wer mehr über den Vertriebsprofi und Bestsellerautor Dirk Kreuter erfahren möchte, bekommt weitere Informationen unter www.dirkkreuter.de. Mehr zu seinen Seminaren, Vorträgen und Events gibt es unter www.bestseller-verlag.com.

Hintergrund Dirk Kreuter

Dirk Kreuter ist Vertriebsexperte, Bestsellerautor und Speaker. Die Themen rund um die Gewinnung neuer Kunden im Geschäftskundenbereich stehen dabei immer im Mittelpunkt. Er ist „Speaker of the Year“ (Wissen+Karriere), „Trainer des Jahres“ (Magazin TRAiNiNG) und „Top Consultant“ (compamedia).

Lebensmittelunternehmer ist man schneller als man denkt

Auch ein selbstständiger Tellerwäscher wäre Lebensmittelunternehmer. Hat er nicht das Glück zwischenzeitlich Millionär zu werden und den Tellerwäscher-Job blitzschnell wieder aufgeben zu können, blühen selbst ihm ein ganzer Katalog an Auflagen: Kenntnisse im Lebensmittel- und Hygienerecht, Registrierungs- und Schulungspflichten, möglicherweise gar der Aufbau eines betrieblichen Hygienemanagements.

Denn all das gilt für jeden, der unter den Begriff des Lebensmittelunternehmers nach der europäischen Lebensmittel-Basisverordnung Nr. 178/2002 fällt. Und das wiederum ist nahezu jeder, der Lebensmittel herstellt oder vertreibt und damit zusammenhängende Tätigkeiten außerhalb seines privat-familiären Umfelds ausübt. Neben klassischen Herstellern, Handelsketten, Kantinen- und Imbissbudenbetreibern sind das beispielsweise auch Firmen, die Lebensmitteltransporter oder Produktionsanlagen reinigen oder Initiativen der Sozialverbände oder Suppenküchen, die Lebensmittel – kostenlos oder zu einem symbolischen Preis – an Bedürftige abgeben.

Selbst wer Vereins- oder Straßenfeste veranstaltet, kann als Lebensmittelunternehmer gelten. Das allerdings kann, muss aber nicht sein. Denn hier kommt es auf den Einzelfall an, der sich insbesondere daran misst, wie oft das Fest stattfindet. So wiederholt der europäische Gesetzgeber in den Erwägungsgründen der seit Dezember 2014 geltenden EU-Lebensmittelinformationsverordnung, dass das Unionsrecht nur für Unternehmen gelten sollte, „wobei der Unternehmensbegriff eine gewisse Kontinuität der Aktivitäten und einen gewissen Organisationsgrad voraussetzt“.

Werden nur gelegentlich Speisen durch Privatpersonen angeboten, etwa auf Wohltätigkeitsveranstaltungen oder auf Märkten und Zusammenkünften auf lokaler Ebene, muss das Lebensmittelrecht nicht zwingend zur Anwendung kommen.

In ähnlicher Weise hatte sich die EU-Kommission bereits 2007 in ihren Leitlinien zum europäischen Hygienerecht geäußert. Für Festveranstalter, etwa Kindertagesstätten, Schulen, Seniorenheime oder Vereine jeglicher Art heißt das: Finden die Festivitäten nicht regelmäßig, beispielsweise nur einmal jährlich statt, dürften sie vom engen Korsett der lebensmittel- und hygienerechtlichen Vorgaben befreit sein.

Frei von Pflichten aber sind Veranstalter dadurch nicht. Denn die Gute Hygienepraxis, also unter anderem die Sorge dafür, dass die angebotenen Speisen sicher sind, muss dennoch gewährleistet sein. Und dazu wiederum liegt es nahe, sich an den rechtlichen Vorgaben zu orientieren.
Dr. Christina Rempe, www.aid.de

Weitere Informationen zum Thema Lebensmittelhygiene finden Sie unter

www.aid.de/verbraucher/grosskueche_hygiene.php

aid-Heft „Küchenhygiene“, Bestell-Nr. 1323, Preis: 2,00 Euro

www.aid.de/shop/shop_detail.php?bestellnr=1323

Deutsche Wirtschaft in Frühlingsstimmung

Zunehmende Bestelleingänge und steigende Auftragsbestände sorgen für gute Laune in der deutschen Wirtschaft. Die meisten Industrieunternehmen meldeten zum Ende des ersten Quartals eine weitere Verbesserung ihrer Geschäftslage. Das signalisiert der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI), der im März mit 52,8 (Vormonat: 51,1) deutlich über der Wachstumsmarke von 50 Punkten schloss und damit den höchsten Stand seit fast einem Jahr erreichte.

„Unsere Einkäufer profitierten auch im März von sinkenden Beschaffungspreisen. Vor allem Stahl sowie verschiedene Chemikalien und Kunststoffe sind zurzeit deutlich billiger am Markt zu haben“, betonte Dr. Christoph Feldmann, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt.

„Laut EMI ist die Stimmung in der deutschen Industrie gut. Der sich seit einigen Monaten angedeutete Konjunkturaufschwung verfestigt sich“, sagte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, dem BME. Die angeblichen Väter dieses Aufschwungs seien vielfältig. Neben Euro-Kurs- und Ölpreisentwicklung beanspruche auch Mario Draghi diese konjunkturelle Erholung für sich. Insbesondere der ultralockeren Goldpolitik durch das Quantitave Easing sei der Aufschwung zu verdanken. Traud: „Er springt hier auf den fahrenden Zug auf, denn viele deutsche Industrieunternehmen sehen gerade den Ankauf von Staatsanleihen kritisch. Den weiteren Rückgang der Zinsen benötigen die wenigsten deutschen Unternehmen. Die Verzerrungen durch negative Zinsen und zu erwartende Belastungen durch Pensionsverpflichtungen sind für die hiesigen Unternehmen aber mehr ein Risiko als eine Chance.“

Für DIHK-Chefvolkswirt Dr. Alexander Schumann „sorgen Ölpreis, Wechselkurs und Niedrigstzinsen für Frühlingsstimmung in der deutschen Wirtschaft“. Doch diese Sonderfaktoren seien nur Schmierstoff für zwei Zylinder des Konjunkturmotors: Konsum und Bauwirtschaft. Denn trotz ordentlicher Exportzahlen am aktuellen Rand sei hier der alte Schwung noch nicht wieder erreicht. Schumann gegenüber dem BME: „Und die Investitionen leiden weiterhin unter der Verunsicherung bei den Unternehmen. So viele Firmen wie zuletzt in der Hochphase der Eurostaatsschuldenkrise sehen laut DIHK-Konjunkturumfrage in der Wirtschaftspolitik ein Geschäftsrisiko – und damit eine Investitionshürde.“

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:

Industrieproduktion: Die März-Daten für die deutsche Industrie wiesen den 23. Produktionsanstieg in Folge aus. Aktuell wurde sogar die höchste Zuwachsrate seit fast einem Jahr gemessen. Über ein Drittel der befragten Unternehmen erhöhten ihre Fertigungsvolumen. Ausschlaggebend waren vor allem vermehrte Auftragseingänge.

Auftragseingang: Dank des erstarkenden wirtschaftlichen Umfelds und einer Belebung der In- und Auslandsnachfrage nahmen die Bestelleingänge bei Global Playern und KMU den vierten Monat in Folge zu. Der Anstieg war so markant wie seit April 2014 nicht mehr. Das größte Plus meldeten die Produzenten von Investitionsgütern.
Die Exportgeschäfte zogen den zweiten Monat hintereinander an, wobei die Wachstumsrate ein Achtmonatshoch erreichte. Mehr als ein Viertel der Umfrageteilnehmer verzeichnete einen Zuwachs. Besonders die Nachfrage aus Asien, den USA und dem Nahen Osten erhöhte sich vor allem dank des niedrigen Eurokurses.

Beschäftigung: Der Jobaufbau setzte sich den sechsten Monat hintereinander fort. Doch wenngleich die Einstellungsrate ein Dreimonatshoch erreichte, blieb sie marginal. Im Konsumgüterbereich wurden gar Stellen gestrichen, allerdings überwogen die Neueinstellungen in der Investitionsgüterindustrie. Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern ließ sich indes keine nennenswerte Änderung feststellen.

Einkaufs-/Verkaufspreise: Die Einkaufspreise verringerten sich den 14. Monat in Folge, jedoch insgesamt nur geringfügig und wesentlich schwächer als im Februar. Während der niedrige Ölpreis die Kostensenkung begünstigte, wirkten sich eurobedingt erhöhte Importpreise preistreibend aus.
Erstmals seit Oktober 2014 hoben die Unternehmen ihre Verkaufspreise an. Entsprechend schloss der Teilindex wieder oberhalb der Referenzlinie von 50 Punkten. Derzeit liegt die Inflationsrate der Verkaufspreise zwar so hoch wie seit August vergangenen Jahres nicht mehr, sie nimmt sich aber dennoch niedrig aus.

Der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) ist ein monatlicher Frühindikator zur Vorhersage der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird von der britischen Forschungsgruppe Markit Economics, Henley-on-Thames, erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).

Quelle: http://www.bme.de

(dvf, sy)

Wirtschaft in Westfalen: Der ewige Mythos vom „Bauernland“

Das Cover des Bandes "Westfalen in der Moderne 1815-2015. Geschichte einer Region" zeigt das Luftschiff "Graf Zeppelin" im Juni 1930 über Münster. Foto: LWL
Das Cover des Bandes „Westfalen in der Moderne 1815-2015. Geschichte einer Region“ zeigt das Luftschiff „Graf Zeppelin“ im Juni 1930 über Münster. Foto: LWL

Münster (lwl). Westfalen feiert in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag: Mit der Konstituierung der preußischen Provinz Westfalen während des Wiener Kongresses 1815 wurde der Flickenteppich der westfälischen Territorien dem Königreich Preußen zugeschlagen. Fernab gängiger Bilder wie Schinken und Pumpernickel, Hermannsdenkmal und Wasserburgen oder wogenden Kornfeldern vor Zechentürmen war und ist die Region in den vergangenen 200 Jahren von zahlreichen Besonderheiten und Gegensätzen geprägt. Dazu zählten immer wieder auch politische, konfessionelle und soziale Konflikte. Im Rahmen des 200. Jubiläums der Region Westfalen veröffentlicht der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) eine Serie von Texten, die verschiedene Aspekte der Geschichte aufgreifen.

Class-Mähdrescher im Roggenfeld um 1954: Die Motorisierung in der Landwirtschaft setzte zwar schon Ende des 19. Jahrhunderts ein, die flächendeckende Maschinisierung dauerte jedoch noch bis in die frühe Bundesrepublik an. Foto: Josef Schulze-Wermeling
Class-Mähdrescher im Roggenfeld um 1954: Die Motorisierung in der Landwirtschaft setzte zwar schon Ende des 19. Jahrhunderts ein, die flächendeckende Maschinisierung dauerte jedoch noch bis in die frühe Bundesrepublik an.
Foto: Josef Schulze-Wermeling


Vorreiter oder Nachzügler?

Ist die Wirtschaft Westfalens im Vergleich zu anderen Regionen der Bundesrepublik Deutschland ein Vorreiter oder Nachzügler? Die Arbeitslosenquoten liefern ein Bild mit großen Kontrasten: Der eher ländlich wahrgenommene Bezirk Coesfeld sticht positiv hervor und hat die Vollbeschäftigung nahezu erreicht. In regionalen Wirtschaftskreisen sieht man sich gern – in Anlehnung an die aufstrebenden Schwellenländer in Südostasien – als „kleiner Tiger“ im Münsterland, der für eine innovative Entwicklung steht. Im Gegensatz dazu hat die Industriestadt Gelsenkirchen im Zentrum des Ruhrgebietes eine der höchsten Arbeitslosenquoten in Westfalen, obwohl sich die Kommune in einem dynamischen Aufbruch sieht.

„Die Quoten sind nur Schlaglichter in einem ständigen und tiefgreifenden Wandlungsprozess in der westfälischen Wirtschaft der vergangenen 200 Jahre“, sagt Prof. Dr. Bernd Walter, Leiter des LWL-Institutes für westfälische Regionalgeschichte und Mitautor des Bandes „Westfalen in der Moderne 1815-2015. Geschichte einer Region“.

Saal der tausend Webstühle" der Spinnweberei F.A. Kümpers in Rheine 1952: Im westlichen Münsterland entstand im 19. Jahrhundert infolge der zunehmenden Mechanisierung und Industrialisierung der Textilproduktion eines der bedeutendsten Textilzentren Europas. Foto: LWL-Medienzentrum für Westfalen
Saal der tausend Webstühle“ der Spinnweberei F.A. Kümpers in Rheine 1952: Im westlichen Münsterland entstand im 19. Jahrhundert infolge der zunehmenden Mechanisierung und Industrialisierung der Textilproduktion eines der bedeutendsten Textilzentren Europas.
Foto: LWL-Medienzentrum für Westfalen


Frühe Industrialisierung

Die Region zwischen Rhein und Weser zählte jedoch zu denjenigen Räumen in Deutschland, in denen die Industrialisierung relativ früh begann. Die Agrarregionen im Münster- und Paderborner Land, der Hellwegzone und im Weserbergland überschnitten sich mit vier Gewerberegionen, der Leinen- und Baumwollregion des Westmünsterlandes, Minden-Ravensberg mit Flachsspinnerei und Leinenweberei, dem Märkischen Sauerland mit einem differenzierten Kleineisengewerbe und dem Siegerland mit dem Erzbergbau. Hinzu kam im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts eine Region an der Ruhr, in der oberflächennah Kohle und Raseneisenerze abgebaut wurden.

„Als sich im Zuge der Industrialisierung – durch Kohleabbau und Stahlproduktion im Gebiet an der Ruhr – die Provinz Westfalen zu einer der ökonomischen Vorreiter- und Boom-Provinzen des preußisch-deutschen Kaiserreichs und einem nationalen Wachstumsmotor entwickelte, beflügelte das auch die traditionellen Gewerberegionen“, betont der LWL-Historiker. Erst durch die Verklammerung von Textil-, Bekleidungs- und Maschinenbauindustrie mit der Montanindustrie konnte sich das Ruhrgebiet im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer Wirtschaftsregion von europäischem Format entwickeln.

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich die Bevölkerungszahl in Westfalen und Lippe durch Geburtenüberschuss, vor allem aber durch Zuwanderung auf 3,4 Millionen Einwohner verdreifacht. Der Anteil der Landbevölkerung halbierte sich gleichzeitig auf 37 Prozent, der Anteil der landwirtschaftlichen Bevölkerung gemessen an allen Erwerbstätigen sank auf etwa 25 Prozent.

Der Bergbau sowie die Eisen- und Stahlindustrie sorgten zunächst für Wachstumskraft in der westfälischen Wirtschaft. Das Bild zeigt einen Hauer bei der Arbeit im Streb in Dortmund. Foto: LWL-Medienzentrum für Westfalen
Der Bergbau sowie die Eisen- und Stahlindustrie sorgten zunächst für Wachstumskraft in der westfälischen Wirtschaft. Das Bild zeigt einen Hauer bei der Arbeit im Streb in Dortmund.
Foto: LWL-Medienzentrum für Westfalen


Höhepunkt in den 1950er bis 1970er Jahren

Die Trägerbranchen der Industrialisierung und das überregionale System von Zulieferung und Absatz erreichten in Westfalen in den 1950er bis 1970er Jahren ihren Zenit. Danach gerieten sie, vor allem aufgrund der günstigeren Arbeitskosten der ausländischen Konkurrenz, in eine Strukturkrise, die seit den 1960er Jahren in Westfalen zu einem drastischen Schrumpfungsprozess der altindustriellen Branchen führte.

Niedergang trotz Subventionen

Die ausgeprägte Subventionspolitik der Bundesrepublik und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), anfangs auch in der Textilindustrie, vor allem aber im Bergbau sowie der Eisen- und Stahlindustrie des Ruhrgebiets konnte den Niedergang nicht aufhalten, wohl aber den Strukturwandel verzögern. Das Gewicht der Altindustrien und der nur mühsam in Gang kommende, auch durch Abwehrmaßnahmen der Montanindustrie behinderte Prozess der industriellen Erneuerung verzögerte in Westfalen die Umstrukturierung vom Industrie- zum Dienstleistungssektor, sodass dieser Raum wirtschaftlich gegenüber anderen Regionen der alten Bundesrepublik zurückfiel.

Anschluss an bundesdeutsche Entwicklung

Insbesondere in den schon sehr früh von der Textilkrise erfassten Räumen wurden in den 1960er und 1970er Jahren Maßnahmen zur strukturellen Erneuerung eingeleitet. Durch eine „nachholende Industrialisierung“ im Münsterland, im östlichen Sauerland und im Paderborner Raum konnte eine mittelständisch geprägte, inhabergeführte Kunststoff-, Chemie-, Möbel-, Elektro- und Maschinenbau- und Entsorgungsindustrie aufgebaut werden.

„Damit nivellieren sich innerhalb Westfalens die Differenzen zwischen den traditionell industriell geprägten und den ländlichen Regionen“, so LWL-Direktor Matthias Löb. „Der Kreis Coesfeld gilt dabei als Paradebeispiel für diesen gelungenen Strukturwandel in Westfalen. Und auch das Ruhrgebiet zeigt, wie sich einstige Problemgebiete allmählich erneuern, sodass die Wirtschaft Westfalens im frühen 21. Jahrhundert wieder Anschluss an die bundesdeutsche Entwicklung gewinnt.“

Die Arbeitslosenquoten in den Kreisen und kreisfreien Städten Westfalens am 31. 12. 2013. Foto: LWL/ Westfalen Regional
Die Arbeitslosenquoten in den Kreisen und kreisfreien Städten Westfalens am 31. 12. 2013. Foto: LWL/ Westfalen Regional

Hintergrund
2015 jährt sich die Konstituierung der preußischen Provinz Westfalen zum 200. Mal. Damit wurde erstmals ein politischer Raum mit klaren Grenzen, einer einheitlichen Verwaltungsorganisation und später einer politischen Stimme geschaffen. Das Gründungsjahr geht auf die Vereinbarungen des Wiener Kongresses zurück, der nach zwei Jahrzehnten Krieg und der Niederlage Napoleons eine territoriale Neuordnung Europas festlegte. Einen Tag nach seiner Schlussakte, am 10. Juni 1815, wurde die territoriale Neuordnung bestätigt. Bereits am 30. April 1815 hatte der preußische Staat die neue Organisation der Provinz Westfalen beschlossen. Dies ist der Beginn der Gründungsphase, die bis 1817 andauerte. Mit der Gründung Nordrhein-Westfalens am 23. August 1946 wurde die Provinz Westfalen nach dem Zweiten Weltkrieg aufgelöst und die Region zum Landesteil.

Karl Ditt (u.a.):
Westfalen in der Moderne 1815-2015. Geschichte einer Region
(Aschendorff Verlag)

864 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-402-13023-0
Preis: 29,95 Euro

Der LWL beteiligt sich außerdem an der Sonderausstellung „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“ vom 28. August 2015 bis zum 28. Februar 2016 im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte. Mehr zum Projekt unter: http://www.200JahreWestfalen.Jetzt

LWL-Einrichtung:
LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte

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