Am 13. Februar 1934 bewegte sich ein Leichenzug durch die Bocholter Straßen, wie ihn die Stadt vermutlich noch nie gesehen hatte. Der Fabrikant Rudolf Fischer wurde zu Grabe getragen. Er war vier Tage zuvor im Alter von 65 Jahren nach kurzer Krankheit in Münster verstorben.
Mit ihm verlor die Stadt Bocholt einen Mann, der sich auf den verschiedensten Gebieten des öffentlichen Lebens einen Namen gemacht hatte und seine ihm anvertrauten Aufgaben mit Engagement, Pflichtbewusstsein und Begeisterung für seine Heimatstadt erfüllte.
Rudolf Fischer war als Unternehmer Mitinhaber der Textilfirma August Fischer & Co. an Schanze/Brückenstraße. 1907 gehörte er zu den Mitbegründern des Vereins für Heimatpflege Bocholt und gilt als Initiator des kurz darauf entstandenen Bocholter Martinszuges. Ebenfalls 1907 schloss er sich der neu gegründeten Städtischen Freiwilligen Feuerwehr an, deren stellvertretender Branddirektor er bis 1918 war. Im Jahr darauf übernahm er den Posten des Kreisbrandmeisters für den Kreisfeuerwehrverband Borken-Bocholt. Ferner gehörte Rudolf Fischer dem Kaiser-Wilhelm-Kriegerverein, dem Stahlhelm Bund der Frontsoldaten und der Deutschen Kriegsgräberfürsorge Ortsgruppe Bocholt an. Für seine Verdienste um das Feuerlöschwesen wurde er einige Monate vor seinem Tod schließlich zum Kreisbranddirektor ernannt.
Nach dem Seelenamt in St. Georg setzte sich an jenem sonnigen Februarmorgen der mehrere Hundert Meter lange Leichenzug am Trauerhaus in der Friedenstraße in Bewegung. Das Foto entstand an der Ecke Leopoldstraße und zeigt den von Pferden gezogenen Leichenwagen auf der Münsterstraße vor dem Fahrradgeschäft Peltzer. Die übergroße Zahl der Uniformierten mit Stahlhelmern, den Abordnungen sämtlicher Feuerwehren aus dem Umkreis, SA-Mitgliedern, Fahnenträgern und Polizeibeamten hatte die Stelle bereits ebenso passiert, wie die Belegschaft der Firma Fischer und die Familie. Vor der Pfarrgeistlichkeit und dem Kreuzträger schreitet Brandmeister Josef Weißing, die Verdienstorden und Ehrenzeichen des Verstorbenen präsentierend.
Steiger mit brennenden Pechfackeln eskortieren den mit Kränzen geschmückten Wagen zum Friedhof. Es folgen die Vertreter der Behörden und Vereine, allen voran der geschäftsführende Oberbürgermeister Wilhelm Brockhoff. In Höhe der Bismarckstraße bildet der mit Trauerflor versehene automobile Löschzug der Bocholter Feuerwehr das Ende des Leichenzuges. Den Sarg hatte man in die Reichskriegsflagge gehüllt und darauf Helm und Beil des Verstorbenen platziert. Das Grab Rudolf Fischers existiert noch heute auf dem städtischen Friedhof an der Blücherstraße.
Text: Wolfgang Tembrink, Stadtarchiv Bocholt