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Schützt ein gesunder Lebensstil vor Alzheimer?

Hat die langjährige Ernährungsweise einen Einfluss darauf, ob man im fortgeschrittenen Alter zum Beispiel an Alzheimer erkrankt? Kann ein gesunder Lebensstil vor der Erkrankung schützen? Diese Fragen untersuchen Wissenschaftler im neuen Kompetenzcluster „Diet-Body-Brain“ (DietBB). Das Bundesforschungsministerium fördert das Vorhaben, das von der Universität Bonn koordiniert wird, mit mehr als fünf Millionen Euro.

Die Epidemiologin Prof. Dr. Ute Nöthlings vom Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften der Universität Bonn ist Sprecherin des Kompetenzclusters „Diet-Body-Brain“. © Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
Die Epidemiologin Prof. Dr. Ute Nöthlings © Foto: Volker Lannert/Uni Bonn

Welchen Ernährungs- und Lebensstil Menschen pflegen, kann sich auch auf das Gedächtnis und die Entwicklung einer neurodegenerativen Erkrankung auswirken. „Studien haben gezeigt, dass Mikronährstoffe – wie zum Beispiel Vitamine, Flavonoide und Fettsäuren – Gedächtniseinbußen durch neurodegenerative Erkrankungen vorbeugen können“, sagt Clustersprecherin Prof. Dr. Ute Nöthlings von der Ernährungsepidemiologie der Universität Bonn.

Auch Übergewicht scheint eine Rolle zu spielen. Bislang fehlen jedoch weitgehend belastbare Daten zum Zusammenhang von Ernährungs- und Lebensstilfaktoren einerseits und dem Auftreten von neurodegenerativen Erkrankungen andererseits. Darüber hinaus ist unklar, wie Forschungsergebnisse zu Ernährung und Lebensstil heutzutage am besten an die Bevölkerung kommuniziert werden. In diese Lücken stößt nun DietBB vor.

Insgesamt 17 Partner haben sich im Cluster zusammengeschlossen

Das Bundesforschungsministerium fördert das Kompetenzcluster in den nächsten drei Jahren mit mehr als fünf Millionen Euro. Insgesamt haben sich 17 Partner für das Vorhaben zusammengeschlossen, darunter mehrere Institute der Universität Bonn und des Universitätsklinikums, die LIFE&BRAIN GmbH, das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, die Deutsche Sporthochschule Köln und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung.

Das Forscherteam plant unter anderem im Rahmen der sogenannten „Rheinland Studie“, neue Erhebungsmethoden zu entwickeln, um Zusammenhänge zwischen dem Ernährungsverhalten der Bevölkerung und dem Auftreten von neurodegenerativen Erkrankungen erkennen zu können. Darüber hinaus sollen das Erbgut und das gesundheitsbezogene Verhalten, zum Beispiel körperliche Aktivitäten, mit in die Untersuchung einbezogen werden. Ein Teilprojekt beschäftigt sich außerdem mit der Frage, wie Ernährungsempfehlungen kommuniziert werden müssen, damit sie auch umgesetzt werden.

Informationen im Internet: www.diet-body-brain.de

Nervenzellen auf der Überholspur

Auf dem Bild sind die Dopamin produzierenden Neurone zu erkennen (rot). Blau sind die Nervenzellen, die Glutamat für die Signalweiterleitung verwenden. © Foto: Life & Brain
Auf dem Bild sind die Dopamin produzierenden Neurone
zu erkennen (rot). Blau sind die Nervenzellen, die Glutamat für die Signalweiterleitung verwenden. © Foto: Life & Brain

Dopamin produzierende Neurone beeinflussen zahlreiche wichtige Gehirnfunktionen, und bei Erkrankungen wie Parkinson und Schizophrenie ist die Dopamin-Signalübertragung im Gehirn beeinträchtigt. Forscher der Universität Bonn und des Uniklinikums Bonn haben nun an Mäusen beobachtet, wie sich eine spezielle Form dieser wichtigen Zellen bildet und welche Netzwerke sie im Lauf der Gehirnentwicklung ausbildet. Dabei entdeckten die Wissenschaftler eine Art Datenautobahn: Diese Nervenzellen nutzen nicht nur Dopamin zur Signalübertragung, sondern auch das deutlich schnellere Glutamat. Die Ergebnisse sind nun im Fachjournal „Nature Neuroscience“ veröffentlicht.

Das Bild zeigt die Verknüpfungen, die von den Dopamin produzierenden Zellen in den präfrontalen Cortex reichen (rot). Grün eingefärbt sind Zellen, die mit einem lichtempfindlichen Protein markiert wurden. © Foto: Life & Brain
Das Bild zeigt die Verknüpfungen,
die von den Dopamin produzierenden Zellen in den präfrontalen Cortex reichen (rot). Grün eingefärbt sind Zellen, die mit einem lichtempfindlichen Protein markiert wurden. © Foto: Life & Brain

Dopamin produzierende Neurone nehmen eine Schlüsselrolle in der Signalübertragung ein: Während der Gehirnentwicklung reifen sie zu mehreren spezialisierten Subtypen heran, die als eine Art Netzwerker zu zahlreichen anderen wichtigen Gehirnregionen Verknüpfungen herstellen. Ihr Name rührt daher, weil sie Dopamin als Botenstoff nutzen. Dieser Neurotransmitter ist sehr wichtig: Er beeinflusst Bewegungssteuerung, Belohnungsvehalten und andere Funktionen des Gehirns, wie zum Beispiel Motivation und Impulsivität. Bei Erkrankungen wie Parkinson und Schizophrenie kommt es zum Absterben der Dopamin-Neurone beziehungsweise zu Störungen in der Dopamin-Signalübertragung.

Wissenschaftler der Universität Bonn haben nun in einer Kooperation mit Kollegen des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), dem Life & Brain Zentrum Bonn sowie der Universität Bochum im Tiermodell eine Art Datenautobahn entdeckt. „Während die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen mittels Dopamin vergleichsweise langsam ist, haben die von uns untersuchten Dopamin produzierende Neurone zusätzlich Glutamat als Botenstoff benutzt“, berichtet Milan Pabst vom Labor für Experimentelle Epileptologie und Kognitionsforschung des Universitätsklinikums Bonn. „Außerdem konnten wir erstmals Einblicke in die Entwicklungsgeschichte dieser Nervenzell-Subtypen gewinnen“, sagt Privatdozentin Dr. Sandra Blaess vom Institut für Rekonstruktive Neurobiologie des Life & Brain Zentrums der Universität Bonn.

Forscher regten einzelne Nervenzellen durch Lichtreize an

Mit gentechnologischen Methoden koppelten die Wissenschaftler die Dopamin produzierenden Neuronen von Mäusen mit lichtempfindlichen Proteinen. Dadurch konnten sie einzelne dieser Dopamin-Nervenzellen mit Lichtreizen anregen und den Signalweg weiterverfolgen. „Mittels des Glutamats wurden im präfrontalen Cortex lokale hemmende Neurone aktiviert“, berichtet Pabst. Der präfrontale Cortex ist so etwas wie das Kontrollzentrum im Gehirn, in dem zum Beispiel Aufmerksamkeit und Entscheidungsfindung erfolgen sowie auch das Arbeitsgedächtnis seinen Sitz hat.

Die durch das Glutamat aktivierten hemmenden Neurone sind wiederum für die Regulation der Signalübertragung im Präfrontalen Cortex zuständig: Sie entscheiden zum Beispiel mit darüber, ob ein Signal weitergeleitet wird. „Deshalb kommt dem identifizierten Glutamatweg bei der Signalverarbeitung im präfrontalen Cortex eine zentrale Bedeutung zu“, sagt Prof. Dr. Heinz Beck vom Labor für Experimentelle Epileptologie und Kognitionsforschung des Bonner Uniklinikums.

„Es ist weitgehend unklar, wie verschiedene Subtypen von Dopamin-produzierenden Neuronen entstehen“, berichtet Dr. Blaess. Daher untersuchten die Wissenschaftler die Entwicklungsgeschichte der Dopamin produzierenden Nervenzellen, indem sie in den Mäusen ein Gen stumm schalteten. „In den Tieren konnten daraufhin keine Vorläuferzellen mehr produziert werden, aus denen die Dopamin-Nervenzellen, die das wichtige Netzwerk zur Schaltzentrale im präfrontalen Cortex aufbauen, hervorgehen“, sagt Dr. Anna Kabanova, frühere Mitarbeiterin von Dr. Blaess.

Mäuse mussten ein aufblinkendes Licht anstupsen

Welche Auswirkungen hatten die fehlenden Dopamin produzierenden Zellen? Das testeten die Wissenschaftler zusammen mit dem Team von Prof. Dr. Magdalena Sauvage von der Ruhr-Universität Bochum in Aufmerksamkeitsversuchen. Die Mäuse wurden mit Futter belohnt, wenn sie möglichst rasch ein aufblickendes Licht anstupsten. „Die Ergebnisse zeigten, dass die Tiere, in denen genetisch die Dopamin produzierenden Zellen ausgeschaltet waren, keine offensichtliche Veränderung in ihrer Aufmerksamkeit und Impulskontrolle, aber ein deutlich verstärktes Beharren auf bereits einstudierten Verhaltensmustern aufwiesen“, sagt Prof. Sauvage.

Ein krankhaftes Festhalten an Vorstellungen oder die Wiederholung von Wörtern oder Bewegungen in unpassenden Zusammenhängen tritt auch bei psychischen Erkrankungen wie Zwangsstörungen oder Schizophrenie auf, in denen die Funktion des präfrontalen Cortex gestört ist. „Unsere Ergebnisse tragen zu einem besseren Verständnis der Entwicklung und Funktion der Dopamin produzierenden Neurone und möglicherweise damit zusammenhängender Erkrankungen bei“, sagt Dr. Blaess.

Publikation: Function and developmental origin of a mesocortical inhibitory circuit, Nature Neuroscience, DOI: 10.1038/nn.4020

Lungenmedikament macht Mäuse schlank

        Wärmebilder:         Die Maus (links) weist eine Oberflächentemperatur von bis zu 32 Grad Celsius auf. Sie verfügt über zahlreiche braune Fettzellen, die Nahrungsenergie verbrennen und in Wärme verwandeln. Bei dem Tier rechts wurde ein Enzym ausgeschaltet, das den Botenstoff cGMP herstellt, der wichtig für die Ausbildung und Funktion von braunem Fettgewebe ist. Die Oberflächentemperatur der rechten Maus ist deshalb deutlich niedriger. (c) Foto: Linda S. Hoffmann/Uni Bonn          Wärmebilder:         Die Maus (links) weist eine Oberflächentemperatur von bis zu 32 Grad Celsius auf. Sie verfügt über zahlreiche braune Fettzellen, die Nahrungsenergie verbrennen und in Wärme verwandeln. Bei dem Tier rechts wurde ein Enzym ausgeschaltet, das den Botenstoff cGMP herstellt, der wichtig für die Ausbildung und Funktion von braunem Fettgewebe ist. Die Oberflächentemperatur der rechten Maus ist deshalb deutlich niedriger. (c) Foto: Linda S. Hoffmann/Uni Bonn
Wärmebilder:Die Maus (links) weist eine Oberflächentemperatur von bis zu 32 Grad Celsius auf. Sie verfügt über zahlreiche braune Fettzellen, die Nahrungsenergie verbrennen und in Wärme verwandeln. Bei dem Tier rechts wurde ein Enzym ausgeschaltet, das den Botenstoff cGMP herstellt, der wichtig für die Ausbildung und Funktion von braunem Fettgewebe ist. Die Oberflächentemperatur der rechten Maus ist deshalb deutlich niedriger. (c) Foto: Linda S. Hoffmann/Uni Bonn

Wie lassen sich Fettzellen einfach abschmelzen?

Wie lassen sich Fettzellen einfach abschmelzen? Im Kampf gegen starkes Übergewicht und Folgeerkrankungen wie Diabetes suchen Wissenschaftler nach neuen Wegen. Einem Forscherteam ist nun unter Federführung der Universität Bonn gelungen, mit einem neuen Medikament lästige weiße Fettzellen in Heizaggregate zu verwandeln, die überschüssige Energie verbrennen. Wurden übergewichtige Mäuse mit dem Wirkstoff behandelt, verloren sie binnen sechs Wochen zwölf Prozent an Gewicht. Die Ergebnisse sind nun im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht.

Von Fettleibigkeit ist eine zunehmende Zahl von Menschen betroffen. Eines der großen Probleme sind die zahlreichen Folgeerkrankungen: Für stark Übergewichtige steigt das Risiko, zum Beispiel an Diabetes zu erkranken sowie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. „Wissenschaftler suchen deshalb fieberhaft nach einem Weg, wie sich starkes Übergewicht auf Dauer reduzieren lässt, um die drastischen gesundheitlichen Folgen in den Griff zu bekommen“, sagt Prof. Dr. Alexander Pfeifer, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Bonn.

Seit Jahren forscht der Wissenschaftler daran, wie sich unerwünschte weiße Fettzellen in erwünschte braune Fettzellen umwandeln lassen. Während weiße Fettzellen vor allem in den „Problemzonen“ an Bauch und Hüften angesiedelt sind und häufig verschiedenste gesundheitliche Folgen – wie Diabetes, Herzinfarkt und Krebs – mit sich bringen, wirken die braunen Fettzellen als eine Art Heizaggregat: Sie verbrennen besonders viel Nahrungsenergie und erzeugen Wärme. „Wenn es gelingt, weiße in braune Fettzellen umzuwandeln, lassen sich auch überflüssige Pfunde einfach abschmelzen“, sagt Prof. Pfeifer. Die Wissenschaftler der Universität Bonn haben in diesem Zusammenhang bislang mehrere Angriffspunkte in den Signalwegen des Stoffwechsels entschlüsselt.

Wirkstoff kurbelt Fettverbrennung an

Einen neuartigen Weg, braunes Fett anzukurbeln und auch weißes Fett zu „bräunen“, hat nun ein Team um Prof. Pfeifer mit Wissenschaftlern der Deutschen Sporthochschule Köln, des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, der Universität Würzburg und der Bayer Pharma AG herausgefunden. „In früheren Studien haben wir bereits im Tiermodell nachgewiesen, dass der Botenstoff cGMP die Bräunung der weißen Fettzellen fördert“, berichtet Prof. Pfeifer. Wie lässt sich aber im Organismus der cGMP-Spiegel erhöhen, um die Fettverbrennung anzukurbeln?

Als neuen Ansatzpunkt griffen die Forscher nun auf eine neue Substanz (BAY-41-8543) zurück: Ein strukturell sehr ähnlicher Wirkstoff wird gegen Lungenhochdruck eingesetzt, er weitet die Blutgefäße und senkt damit den Blutdruck in der Lunge. Die Wirkung beruht auf dem Schlüsselbotenstoff cGMP, der auch mit der Fettumwandlung zusammenhängt. „Deshalb lag es nahe, diese viel versprechende Substanzklasse an Fettzellen zu testen“, sagt Prof. Pfeifer. Die Forscher mischten den Wirkstoff stark übergewichtigen Mäusen ins Futter: Daraufhin nahm tatsächlich die Masse des weißen Fettgewebes in den Tieren ab und die Zahl energiezehrender brauner Fettzellen zu.

Gesundheitszustand der Tiere verbesserte sich insgesamt

„Nach sechs Wochen haben die mit dem Medikament behandelten Mäuse zwölf Prozent an Gewicht verloren“, fasst der Pharmakologe das Resultat zusammen. Dr. Linda S. Hoffmann, eine der Erstautorinnen aus dem Team von Prof. Pfeifer, berichtet, dass sich darüber hinaus der Gesundheitszustand der zuvor fettleibigen Tiere insgesamt verbessert habe: „Tests zeigten, dass sich Anzeichen für Diabetes II wie Glukoseintoleranz bei denjenigen Tieren reduzierte, die aufgrund des Wirkstoffs an Gewicht verloren hatten.“ Zudem hatten sich bei dieser Gruppe auch die weißen Fettzellen verkleinert und die Tiere lagerten weniger Fett in die Leber ein.

„Wir haben hinsichtlich der Substanzgruppe, zu der auch das bereits zugelassene Lungenmedikament gehört, sehr interessante Ergebnisse für die Grundlagenforschung gewonnen“, sagt Prof. Pfeifer. Ob die Substanz auch im Menschen unerwünschte weiße in erwünschte braune Fettzellen umwandelt, müsse erst noch bewiesen werden. „Das ist Zukunftsmusik – weitere intensive Forschung ist erforderlich“, sagt der Wissenschaftler der Universität Bonn.

Publikation: Stimulation of soluble guanylyl cyclase protects against obesity by recruiting brown adipose tissue, Nature Communications, DOI: 10.1038/ncomms8235

MERS-Virus weiter verbreitet als angenommen

Das 2012 entdeckte MERS-Virus scheint weiter verbreitet zu sein als nach offiziellen Fallmeldungen angenommen. Das belegt eine internationale Studie unter Federführung der Universität Bonn und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). Demnach verläuft vermutlich der größte Teil der Infektionen ohne schwere Krankheitssymptome. Ursprünglich ging man dagegen von einer Sterblichkeitsrate von bis zu 30 Prozent aus. Die Studie ist jetzt in der Zeitschrift Lancet Infectious Deseases erschienen.

Das MERS-Virus wurde erstmals 2012 in Patienten mit einer schweren Atemwegsinfektion identifiziert. Seitdem wurden mehr als 1.000 schwere Erkrankungsfälle nachgewiesen; rund 300 davon endeten tödlich. Alle Betroffenen hatten einen Bezug zum Mittleren Osten. Das Kürzel MERS steht für „Middle East Respiratory Syndrom“.

Dass die MERS-Erkrankung so schwer verläuft, scheint aber eher die Ausnahme zu sein. In diese Richtung deutet zumindest die neue Lancet-Studie. Die Forscher haben darin mehr als 10.000 Blutproben aus Saudi-Arabien ausgewertet. Die getesteten Personen hatten in den letzten Jahren keine gravierende Infektion durchgemacht. Dennoch enthielten 15 Proben Antikörper gegen das MERS-Virus.

Die Probanden stammen aus unterschiedlichen Regionen des riesigen Landes. Ihre Altersverteilung stimmt zudem mit der in der Gesamtbevölkerung überein. Das macht die Ergebnisse besonders aussagekräftig. „In den letzten zehn Jahren haben sich in Saudi Arabien wahrscheinlich mehr als 40.000 Menschen mit MERS angesteckt, ohne es zu merken“, schätzt Christian Drosten, Professor für Virologie an der Universität Bonn und einer der Koordinatoren im DZIF-Schwerpunkt „Neu auftretende Infektionskrankheiten“.

Kinderkrankheit bei Kamelen

Die Studie stützt auch eine These, die die Bonner Wissenschaftler bereits vor zwei Jahren aufgestellt haben: „MERS ist eigentlich eine Krankheit, die vor allem Kamele befällt“, sagt Drosten. „Unter ungünstigen Umständen kann das Virus gelegentlich auf den Menschen überspringen.“
Tatsächlich fanden die Wissenschaftler in einer ergänzenden Studie bei Kamelhirten und Schlachtern bis zu 23mal höhere Infektionsraten als im Schnitt. Besonders häufig tragen zudem junge Männer MERS-Antikörper – in Saudi-Arabien züchten viele Männer nebenberuflich Kamele.
Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch sei vermutlich relativ selten, betont Drosten. Daher sei – anders als bei Ebola – unter normalen Umständen keine MERS-Epidemie zu befürchten. Zwar gab es im vergangenen Jahr im saudi-arabischen Dschidda einen größeren MERS-Ausbruch. Dieser wurde jedoch durch schlechte Krankenhaus-Hygiene begünstigt.

Die Studie ist ein Erfolg des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). Das DZIF wurde 2011 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ins Leben gerufen. Unter seinem Dach erforschen Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen bedrohliche Infektionskrankheiten rund um den Globus. Das Institut für Virologie der Universität Bonn ist eines der Mitglieder des DZIF.

Publikation: Marcel Müller, Benjamin Meyer, Victor Corman, Malak Al-Masri, Abdulhafeez Turkestani, Daniel Ritz, Andrea Sieberg, Souhaib Aldabbagh, Berend-J. Bosch, Erik Lattwein, Raafat Alhakeem, Abdullah Assiri, Ali Albarrak, Ali Al-Shangiti, Jaffar Al-Tawfiq, Paul Wikramaratna, Abdullah Alrabeeah, Christian Drosten, Ziad A Memish: Presence of Middle East respiratory syndrome coronavirus antibodies in Saudi Arabia: a nationwide, cross-sectional, serological study; Lancet Infect Dis 2015, 9. April 2015;
http://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-30991570090-3/abstract

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