Der besondere Blick auf das Museum

Abriss des alten Erweiterungsbaus, Blick vom Aegidii-Haus (2009), Foto: LWL/Deiters-Keul
Abriss des alten Erweiterungsbaus, Blick vom Aegidii-Haus (2009),
Foto: LWL/Deiters-Keul

Nach fünfjähriger Bauzeit wird das LWL-Museum für Kunst und Kultur am 20. September mit der Architektur von Staab Architekten Berlin eröffnet und damit wieder für alle Menschen zugänglich sein. In einer Serie stellt das Museum besondere Kunstwerke aus den 51 Ausstellungsräumen vor, lässt Menschen zu Wort kommen, die am Bau beteiligt waren und verrät Fakten aus dem Inneren des Hauses.

Die Diplom Fotodesignerin Elisabeth Deiters-Keul, 1955 in Rheine geboren, arbeitet seit 31 Jahren im Universitätsklinikum Münster und begleitet seit 2009 die Bauarbeiten zwischen Rothenburg und Domplatz. Neben dokumentarischen Fotografien entstanden stimmungsvolle Aufnahmen und künstlerische Bilder vom Neubau und von der Baustelle. Mittlerweile existieren auf fünf externen Festplatten etwa 75.000 Fotografien.

Elisabeth Deiters-Keul. Foto: LWL/Frey
Elisabeth Deiters-Keul.
Foto: LWL/Frey

Frau Deiters-Keul, Sie sind wissenschaftliche Fotografin im Universitätsklinikum Münster. Wie kam es dazu, dass Sie den Neubau des LWL-Museums für Kunst und Kultur fotografisch begleitet haben?

Ich kenne das Museum schon viele Jahre. Mit meinem Mann kam ich seit 1998/99 jeden Mittwoch in die Bibliothek, um zu lesen. Und plötzlich kam das Mittwochsloch. Das Museum stand leer, der Auszug war beendet, alles war ganz still. Wir haben uns gefragt, was mit dem Museum passiert und fanden, dass der Umbau festgehalten werden sollte. Beim Bauleiter des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe erkundigten wir uns, ob wir den damaligen Zustand dokumentieren könnten. Seit Mai 2009 fotografiere ich das Museum – erst das leere Gebäude, dann den Abriss und schließlich den Neubau.

Schnee im Museum (2010). Foto: LWL/Deiters-Keul
Schnee im Museum (2010).
Foto: LWL/Deiters-Keul

Welches war der aufregendste Moment in den letzen fünf Jahren?

Es gibt ganz viele schöne Momente. Was mich unglaublich fasziniert hat, war die Zeit, als das Museum leer stand. Es hingen noch die Schilder der letzten Ausstellung an den Wänden, aber es war alles verlassen. Totenstill. Man ging durch die Räume, es gab kein Licht, nur das natürliche Licht, das durch die Fenster kam. Es veränderten sich immer nur Kleinigkeiten. Einmal drangen Sprayer ein und hinterließen ihre Kunstwerke. Dann wurde die Lichtkuppel abgenommen und durch die Decke fiel Licht von oben herein, schließlich kam Schnee dazu. Verlassene Orte haben ihren ganz besonderen Reiz. Das war eine total irre Atmosphäre.

Aus welchen ungewöhnlichen Perspektiven haben Sie das Museum festgehalten?

Ich habe das Museum aus jeder erdenklichen Perspektive fotografiert. Vor allem in der Abriss- und Aufbauzeit war ich häufig auf dem Gerüst und auf dem Dach unterwegs. Bei meinem ersten Gang auf dem Gerüst hatte ich ein mulmiges Gefühl, aber man gewöhnt sich daran und wird mit der Zeit sicherer.
Außerdem waren wir mehrfach auf dem gegenüberliegenden Aegidii-Haus. Es hat sich mittlerweile eine feste Bekanntschaft mit dem Hausmeister entwickelt, mit dessen Hilfe wir auf das Dach gelangen. Vom hier aus hat man einen guten Überblick – auch auf die Straßenführung. Mittlerweile wächst da ein Baum, der vor fünf Jahren kaum erkennbar war und jetzt schon so groß ist, dass man wahrscheinlich in zwei Jahren von dort aus nicht mehr fotografieren kann.

Gab es brenzlige oder gar gefährliche Situationen für Sie oder Ihre Kamera?

Nein, eigentlich nicht. Oder doch! Einmal kletterte ich in die Betonbombe, die am Kran hing, und fotografierte von dort heraus. Es gab auch einen Käfig, der ebenfalls am Kran befestigt war und in dem die Handwerker transportiert wurden. An dem Tag, an dem ich im Käfig hängend fotografierte, war es so windig, dass ich seekrank wurde. Das war die schlimmste Situation – ich hätte mich am laufenden Band übergeben können. Aber richtig gefährlich war nichts. Wir hatten natürlich die Auflage, Sicherheitsschuhe und Helme auf der Baustelle zu tragen.
Der Kamera ist zum Glück kaum etwas passiert. Ein neues Weitwinkel-Objektiv wurde beim Gießen des flüssigen Betons vollgespritzt. Es konnte aber alles wieder gereinigt werden.

Gab es sonst Probleme oder Widerstände, die Sie überwinden mussten?

Die Bauarbeiter waren aufgeschlossen und fanden es toll, dass sich jemand für sie interessiert. Anfangs waren die Neuen misstrauisch, weil sie dachten, es handele sich um eine Kontrolle ihrer Arbeitsweise. Ich erklärte, dass ich nur zu Dokumentationszwecken fotografiere und habe den Leuten auch immer Abzüge mitgebracht – darüber freuten sie sich natürlich sehr und sie waren besänftigt. Generell finde ich es wichtig zu zeigen, wie viele Menschen beim Bau des neuen Museums beteiligt waren. Sobald man in das fertige Museum geht, denkt kein Mensch mehr darüber nach, was vorher alles abgelaufen ist. Wie viele Nationen dort gearbeitet haben, kann man sich kaum vorstellen.

Was passiert mit den Bildern?

Die stehen dem Museum uneingeschränkt und kostenfrei zur Verfügung. Als Mitglied des Freundeskreises liegt mir das Museum am Herzen und ich arbeite als Fotografin ehrenamtlich für das Haus. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe möchte einen Bildband veröffentlichen. Das ist natürlich toll. Dann werden ein paar Bilder im Abschnitt zur Geschichte in den Auswahlkatalog des Museums aufgenommen. Es wäre schließlich fantastisch, eine Ausstellung zu realisieren.

Baggerfahrer mit guter Laune (2010), Foto: LWL/Deiters-Keul
Baggerfahrer mit guter Laune (2010),
Foto: LWL/Deiters-Keul

Informationen
LWL-Museum für Kunst und Kultur, Domplatz 10, 48143 Münster
Telefon +49(0)251 5907-01, Fax +49(0)251 5907-210
http://www.lwl-museum-kunst-kultur.de, museumkunstkultur@lwl.org
BLOG http://www.lwl-museum-kunst-kultur.de/blog
FACEBOOK http://www.facebook.com/LWLMuseumKunstundKultur
TWITTER http://twitter.com/Museum247
YOUTUBE http://www.youtube.com/user/LWLMuseumKunst

LWL-Einrichtung:
LWL-Museum für Kunst und Kultur
Westfälisches Landesmuseum
Domplatz 10
48143 Münster
Karte und Routenplaner

In der Sonne blitzt das Chrom

Beim "Tankstellen-Treff" können Besucher im LWL-Freilichtmuseum Detmold am kommenden Samstag und Sonntag blitzende Oldtimer sehen. Foto: LWL/Jähne
Beim „Tankstellen-Treff“ können Besucher im LWL-Freilichtmuseum Detmold am kommenden Samstag und Sonntag blitzende Oldtimer sehen.
Foto: LWL/Jähne

Eine Tankstelle aus den 1960er-Jahren und Oldtimer: dass diese Kombination außerordentlich gut funktioniert, hat sich im vergangenen Jahr im LWL-Freilichtmuseum Detmold gezeigt. Daher gibt es in diesem Jahr eine Fortsetzung im Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Am Samstag und Sonntag, 26. und 27. Juli, präsentieren Oldtimerbesitzer ihre alten Schätzchen für Besucher im Siegerländer Weiler des LWL-Museums beim „Tankstellen-Treff“.

Käfer, Cadillac & Co. zeigen ihre chromblitzende Seite an beiden Tagen ab 13 Uhr. Der Samstag steht ganz im Zeichen des VW Käfers, denn für diesen Tag hat sich ein Käferclub aus Gütersloh angesagt. Von Volvo Amazon bis zum Mercedes Coupé 250 SE reicht die Bandbreite der Oldtimer dagegen am Sonntag. So gibt beispielsweise ein britischer Militärangehöriger mit seinem 1959er Morris Minor 1000 seine Abschiedsvorstellung, denn es ist sein letzter Tag in Lippe.

Wer sich für „Tankstellenarchitektur im 20. Jahrhundert“ interessiert, kann zudem an beiden Tagen an einer kostenlosen Führung teilnehmen. Die Rundgänge starten am Samstag um 14 Uhr, am Sonntag um 15 Uhr an dem Baustellenschild neben der Tankstelle. Für die Verpflegung der Oldtimerbesitzer und Besucher sorgt Museumsgastronom Marcus Schuster.

LWL-Einrichtung:
LWL-Freilichtmuseum Detmold
Westfälisches Landesmuseum für Volkskunde
Krumme Str.
32760 Detmold
Karte und Routenplaner

Der Erste Weltkrieg in privaten Fotografien

"Erinnerungen an den Krieg" wurden häufig in besonderen Fotoalben archiviert, die meist eine entsprechende Beschriftung trugen. Für diese sogenannten "Kriegsalben" entstand ein regelrechter Markt. Foto: LWL
„Erinnerungen an den Krieg“ wurden häufig in besonderen Fotoalben archiviert, die meist eine entsprechende Beschriftung trugen. Für diese sogenannten „Kriegsalben“ entstand ein regelrechter Markt.
Foto: LWL

Welche „privaten“ Momente kann es in einem Krieg geben? Welches Bild möchte man als Soldat seinen Angehörigen nach Hause schicken? Was geschieht mit den Fotografien? Unter dem Titel „Der Erste Weltkrieg in privaten Fotografien“ beschäftigt sich das LWL-Freilichtmuseum Detmold in einer Kabinettausstellung mit diesen Fragen. Ab dem 1. August beteiligt sich das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) an dem bundesweiten Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

„Wir möchten unseren Besuchern vermitteln, welche Anlässe es für private Kriegsfotografie gab und welche Bedeutung diese Bilder für die Angehörigen hatten. Denn die Fotos geben nicht nur Auskunft darüber, wie die Menschen in Westfalen mit dem Ersten Weltkrieg umgegangen sind, sie zeigen auch, wie die Fotografie immer weiter professionalisiert wurde“, erklärt Katharina Schlimmgen, Sammlungsleiterin im LWL-Freilichtmuseum Detmold. Fotografien gaben den Frontereignissen ein Gesicht und hielten die Verbindung zu Angehörigen und Freunden lebendig. Dadurch entwickelte sich eine neue Art der Fotografie. In den Ateliers zu Hause wurden Abschiedsfotos erstellt. Neben den vom Militär offiziell eingesetzten Feldfotografen reisten viele Bildreporter auf eigene Faust in Kriegsgebiete. Auch Gruppenfotos während des Einsatzes sollten an die Soldaten erinnern. An Weihnachten wurden häufig Aufnahmen unter dem geschmückten Baum als Postkarten an die Angehörigen geschickt. Die Fotografie erlebte durch den Krieg einen Aufschwung.

Wenn möglich, wurde auch an der Front Weihnachten gefeiert, wie dieses Foto von 1915 zeigt. Diese Bilder wurden zum Teil als Gruß in die Heimat geschickt. Foto: LWL
Wenn möglich, wurde auch an der Front Weihnachten gefeiert, wie dieses Foto von 1915 zeigt. Diese Bilder wurden zum Teil als Gruß in die Heimat geschickt.
Foto: LWL

„Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, wie die Angehörigen mit den Fotos umgegangen sind“, erklärt Ausstellungskuratorin Nadja Bartsch. So gibt es in der Sammlung des LWL-Freilichtmuseums Detmold einige Beispiele aus der Erinnerungskultur. Besondere Fotoalben, sogenannte „Kriegsalben“, gibt es ebenso zu sehen wie mit Kriegsattributen verzierte Rahmen, Totenzettel oder das Gedenken an Kriegstote im Wohnzimmer.

Die Kabinettausstellung ist in dieser Saison noch bis zum 31. Oktober während der Museumsöffnungszeiten im Haus Schwenger mit Fotoatelier Kuper im Paderborner Dorf zu sehen.

LWL-Einrichtung:

LWL-Freilichtmuseum Detmold
Westfälisches Landesmuseum für Volkskunde
Krumme Str.
32760 Detmold
Karte und Routenplaner

Westfalen war doch durchgängig besiedelt

Bisher haben die Gemeinden Herzebrock-Clarholz und Beelen nur selten im Mittelpunkt der westfälischen Geschichte gestanden. Das dürfte sich jetzt ändern. Mit einer neuen Publikation des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) werden nicht nur Archäologen ihren Blick in die Kreise Gütersloh und Warendorf lenken. In der Dissertation von Dorothee Menke mit dem Titel „Die Fundplätze von Beelen und Herzebrock-Clarholz. Schlaglichter zum frühgeschichtlichen Bestattungswesen“ entdecken auch alle Geschichtsinteressierten ganz neue Kapitel der Geschichte Westfalens. Eine ihrer Erkenntnisse: Westfalen war auch während der Völkerwanderungszeit entgegen der bisherigen Annahme durchgängig besiedelt.

Ist ab sofort im Buchhandel sowie im LWL-Museum für Archäologie zu haben: Die neue Publikation der LWL-Archäologie für Westfalen. Foto: LWL
Ist ab sofort im Buchhandel sowie im LWL-Museum für Archäologie zu haben: Die neue Publikation der LWL-Archäologie für Westfalen.
Foto: LWL

Menke revidiert und ergänzt in diesem Werk, das als 52. Band in der Publikationsreihe „Bodenaltertümer Westfalens“ erscheint, einige lange gepflegte Forschungsansichten zur Völkerwanderungszeit. Westfälische Fundorte zu dieser ebenso turbulenten wie schwer zu fassenden Epoche sind rar. Deshalb war die Entdeckung von Gräberfeldern und einem Verbrennungsplatz an beiden Orten Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre eine kleine Sensation. Der Scheiterhaufenplatz in Herzebrock-Clarholz ist sogar der erste westfälische überhaupt. Menke hat sich mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung der unzähligen Funde beschäftigt und dabei neue Einblicke in eine Zeit gewonnen, in der sich die Völker in Bewegung setzten und auch in Westfalen die bis dahin von den Römern und Germanen beeinflusste Ordnung auf den Kopf stellten.

In Herzebrock-Clarholz dokumentierten die Archäologen 21 Brandbestattungen und ein Körpergrab in einem Gräberfeld, in denen die Menschen vom 4. bis zur zweiten Hälfte des 5. Jahrhundert ihre Toten beisetzten. Nur zehn Kilometer entfernt kamen in der Gemeinde Beelen kurz darauf 25 Brand- und acht Körperbestattungen zu Tage, die vom 3. bis ins 7. Jahrhundert – also von der späten römischen Kaiserzeit bis in die Merowingerzeit – angelegt wurden. Viel Fundmaterial, das es akribisch zu dokumentieren und zu untersuchen galt.

Die Ergebnisse sind erstaunlich: Die Gräberfelder und der Verbrennungsplatz gewähren nicht nur seltene Einblicke in die frühgeschichtlichen westfälischen Bestattungssitten, die von nord-südlich ausgerichteten Körpergräbern in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts durch die Feuerbestattungen abgelöst wurden. Es zeigt sich außerdem, dass Westfalen sehr wohl auch während der Völkerwanderungszeit durchgehend besiedelt war. Bisher findet sich in der Forschung immer noch die These von einer weitgehenden Siedlungsleere in dieser Zeit.

„Diese Publikation ist deshalb ein zentraler Baustein in der Erforschung der Siedlungsge-schichte Westfalens“, so LWL-Chefarchäologie Michael M. Rind. Mehr noch: „Diese Dissertation ist außerdem grundlegend für die Erforschung der Bestattungssitten in der westfälischen Region während der Kaiser, Völkerwanderungs- und Merowingerzeit.“ So zeigt die Verteilung der Funde im Verbrennungsplatz in Herzebrock-Clarholz, dass ein erheblicher Teil der Beigaben und der verbrannten Knochen nicht in die Gräber gelangte. Für die Hinterbliebenen war demzufolge nicht das Begräbnis an sich, sondern die Bestattungszeremonie von zentraler Bedeutung. Da sich Rekonstruktionen der damaligen Gesellschaften und ihrer sozialen Organisation häufig auf Grabbeigaben stützen, hat diese Erkenntnis entscheidende Auswirkungen auf zukünftige Analysen von Brandgräberfeldern.

Die Publikation ist im Buchhandel sowie im LWL-Museum für Archäologie in Herne erhältlich.

Dorothee Menke
Die Fundplätze von Beelen und Herzebrock-Clarholz.
Schlaglichter zum frühgeschichtlichen Bestattungswesen

Bodenaltertümer Westfalens 52
Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt 2014
354 Seiten, 100 Tafeln und 2 Beilagen
ISBN 978-3-8053-4811-9, Preis: 34,00 Euro

LWL-Einrichtung:

LWL-Museum für Archäologie Herne
Westfälisches Landesmuseum
Europaplatz 1
44623 Herne
Karte und Routenplaner

 

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...