Agrobiodiversität auf die Teller

(aid) – Im Zusammenspiel von Natur und Kultur hat die Landwirtschaft eine Vielzahl standortangepasster Gemüse-, Obst- und Getreidesorten oder so seltene regionale Rassen wie etwa das Rote Höhenvieh oder das Mangalitza-Schwein hervorgebracht. Doch in den vergangenen Jahrzehnten gerieten sie immer mehr ins Abseits, so dass die genetische Vielfalt unserer Kulturpflanzen und Nutztiere, die sogenannte Agrobiodiversität, zunehmend verarmt.

„On-farm“-Erhaltung – also der Anbau seltener Sorten und die Haltung seltener Rassen – trägt dazu bei, diese Vielfalt durch aktive Nutzung zu erhalten. Manche dieser alten Rassen und Sorten gäbe es also längst nicht mehr ohne das große Engagement von Landwirten, aber auch von Gastronomen, die ihre Speisekarte beispielsweise mit traditionellem Wurzelgemüse oder Fleischgerichten vom Pommerschen Landschaf bereichern. Im Rahmen des Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) haben nun Christina Bantle und Professor Ulrich Hamm von der Universität Kassel untersucht, welchen Bezug Verbraucher zum Thema Agrobiodiversität haben und wie man sie für entsprechende Angebote in der Gastronomie gewinnen kann.

Dafür befragten sie Gäste deutschlandweit in acht Restaurants. Dort wurden über vier Wochen Gerichte mit alten Wurzelgemüsesorten oder Fleisch seltener Rassen angeboten. Ein Teil der Gäste wurde über einen Einleger in der Speisekarte informiert, was das Besondere dieses Angebots ausmacht.

Die Befragung hat ergeben: Der Begriff „Agrobiodiversität“ ist für die unmittelbare Verbraucherkommunikation nicht geeignet. Stattdessen sind die beiden Begriffe „alte Sorten“ sowie „alte Rassen“ allgemein bekannt und weitestgehend positiv besetzt. Sehr erklärungsbedürftig ist jedoch der Slogan „Erhalten durch Nutzung“. Zunächst einmal leuchtet vielen Verbrauchern nicht ein, dass sie zum Erhalt einer Sorte oder Rasse beitragen, wenn sie die Produkte kaufen und essen. „Wenn man aber die Erklärung gibt, dass nur dann Landwirte diese Spezialitäten weiter erzeugen können, wenn sie auch gekauft werden, sind Verbraucher sofort überzeugt“, erläutert Hamm.

Insgesamt wurden die in den Restaurants angebotenen Spezialgerichte von den Gästen sehr gut angenommen. Die Wissenschaftler sehen in solchen Angeboten für Gastronomiebetriebe ein Alleinstellungsmerkmal, das sie von anderen Restaurantangeboten unterscheidet und das größtenteils auch finanziell sehr attraktiv ist. Gastronomen, die „Agrobiodiversitäts-Gerichte“ anbieten, müssen aber den besonderen Wert der Produkte aktiv kommunizieren, denn nur dann sind die Gäste auch bereit, den Mehrpreis für die Spezialitäten zu bezahlen.
Nina Weiler, www.aid.de

Weitere Informationen:

Forschungsvorhaben „Vielfalt durch Nutzung erhalten: Entwicklung von Kommunikationsstrategien zur Agro-Biodiversität in der Gastronomie“, Schlussbericht unter http://orgprints.org/28070/.

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