Vor mehr als 4,1 Milliarden Jahre ist die Erde möglicherweise mit einem gewaltigen Meteoriten kollidiert. Zu diesem Schluss kommen Mineralogen der Uni Bonn zusammen mit britischen und dänischen Kollegen in einer aktuellen Studie. Die Forscher haben uralte Gesteinsproben aus Grönland analysiert und dabei Anzeichen für den Crash gefunden. Der Einschlag könnte neben bestimmten chemischen Elementen auch Wasser auf die Erde gebracht und so dem Leben den Weg gebahnt haben.
Diese Hypothese ist nicht neu; bislang ging man aber davon aus, dass die dafür verantwortliche Kollision maximal 3,9 Milliarden Jahre zurück lag. Eventuell sei unser Heimatplanet aber schon 200 Millionen Jahre früher bewohnbar gewesen, spekulieren die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ (DOI: 10.1038/NGEO1911).
Vor knapp 4,6 Milliarden Jahren verklumpten irgendwo im Orion-Arm der Milchstraße Gas und Staub zu einem Himmelskörper, der viel später den Namen Erde bekommen sollte. Seine Oberfläche war zunächst ein glühender Ozean aus flüssigem Magma. Aus dieser Schmelze sanken die schweren Metalle wie Eisen oder Nickel in die Tiefe und bildeten schließlich den heutigen Erdkern.
Elemente, die gut in Eisen löslich sind, sollen damals ebenfalls ins Zentrum abgewandert sein – zu diesen Siderophilen („Eisen-Liebenden“) gehören etwa Gold oder Platin. Eigentlich dürfte es sie demnach auf der Erdoberfläche heute gar nicht geben. Dass es sie dennoch gibt, erklären viele Forscher mit der „late veneer“ (engl.: „späte Schicht“)-Hypothese: Zusammenstöße mit Kometen und Meteoriten hätten diese Metalle auf die Erde gebracht. Und zwar irgendwann, nachdem die Kernbildung bereits abgeschlossen war. Vor 3,9 Milliarden Jahren sollen diese Crashs stattgefunden haben – so zumindest bisherige Schätzungen, die sich am Alter der Mondkrater orientieren.
Dr. Judith Coggon und Professor Dr. Ambre Luguet von der Universität Bonn haben aber nun Anzeichen dafür gefunden, dass es schon früher gewaltig gerumst hat. Zusammen mit Kollegen aus England und Dänemark haben sie in uralten grönländischen Gesteinen eine überraschende Entdeckung gemacht: Diese enthalten Platin und das ebenfalls hochsiderophile Osmium, und zwar in vergleichbaren Konzentrationen wie heutige Gesteinsproben. Osmium entsteht aus bestimmten Platin-Isotopen durch radioaktiven Zerfall. Aus dem Verhältnis der beiden Elemente lässt sich daher errechnen, wann das Gestein das letzte Mal geschmolzen ist.
„Das war in unseren Proben im Schnitt nach 4,1 Milliarden Jahren der Fall“, sagt Ambre Luguet; „in einzelnen Funden kommen wir sogar auf 4,36 Milliarden Jahre. Diese Elemente sind also vermutlich mindestens 200 Millionen Jahre früher auf die Erde gelangt als bislang angenommen.“ Zudem kann die Oberfläche des blauen Planeten zu dieser Zeit nicht mehr komplett flüssig gewesen sein: Schon damals gab es (zumindest in Teilen) eine feste Erdkruste – eine These, die durch aktuelle Datierungen bestimmter Krusten-Mineralien bestätigt wird.
Und auch das Leben auf der Erde könnte möglicherweise früher entstanden sein als bislang gedacht: Die „late veneer“-Hypothese besagt nämlich, dass mit den Crashs auch Wasser auf die Erde kam. Da zudem mancherorts bereits eine feste Erdkruste existierte, könne unser Heimatplanet schon vor 4,1 Milliarden Jahren bewohnbar gewesen sein. Ein netter Ort zum Abhängen sei er aber wohl nicht gewesen, meint Professor Luguet mit einem Lachen: Nicht zu Unrecht heißt diese Zeitspanne in der Fachsprache Hadaikum – abgeleitet vom Wort Hades, der griechischen Bezeichnung für die Unterwelt.
Titel der Originalpublikation: Hadean mantle melting recorded by southwest Greenland chomitite 186 Os signatures
Judith A. Coggon, Ambre Luguet, Geoffrey M. Nowell and Peter W. U. Appel; Nature Geoscience (DOI: 10.1038/NGEO1911).