Plötzlich bekam Miran nicht mehr richtig Luft und magerte in kurzer Zeit auf 18 Kilo ab. Der Zehnjährige musste schnellstmöglich operiert werden. In akuter Lebensgefahr schwebend wurde das Kind aus dem Nordirak schließlich in das Universitätsklinikum Bonn eingeliefert. Aufgrund einer bakteriellen Infektion war seine Mitralklappe bereits fast vollständig zerstört. Daher implantierten Ärzte in einem Noteingriff eine künstliche Herzklappe – mit Erfolg. Miran ist inzwischen wieder wohlauf.
Miran litt auf einmal unter Atemnot und konnte nur noch im Sitzen schlafen. Seine Herzklappe zwischen linkem Vorhof und linker Herzkammer hatte sich entzündet. Rasch vermehrten sich die Bakterien und die Infektion breitete sich in kürzester Zeit immer weiter über die Mitralklappe aus. Dabei zerstörte sie das Gewebe der beiden Klappensegel, die daher nicht mehr richtig schlossen. „Bei jedem Herzschlag floss bei unserem kleinen Patienten mit Sauerstoff angereichertes Blut aus der linken Herzkammer wieder zurück in den linken Vorhof. Es staute sich sogar bis in die Lunge zurück“, sagt Prof. Dr. Johannes Breuer, Leiter der Kinderkardiologie am Universitätsklinikum Bonn. So war das Herz von Miran plötzlich enorm überlastet.
Herzfehler blieb lange unerkannt
Obwohl der Zehnjährige stark abnahm – zum Schluss wog er nur noch 18 Kilogramm – und der schnelle Takt seines bereits stark vergrößerten Herzens durch die Rippen sichtbar war, blieb das vorliegende Herzproblem trotz zahlreicher Untersuchungen unerkannt. Denn im Nordirak herrscht ein Mangel an qualifizierten und spezialisierten Ärzten. „Es gibt dort viele Kinder, bei denen ein Herzfehler nicht entdeckt wird“, sagt Kinderherzchirurg Dr. Bahman Esmailzadeh, Oberarzt an der Klinik für Herzchirurgie des Universitätsklinikums Bonn. So gehen die beiden Bonner Ärzte davon aus, dass Miran bereits seit seiner Geburt einen Herzfehler hatte. Anders als in Deutschland wurde dieser jedoch nicht frühzeitig behandelt. An der fehlgebildeten Herzklappe konnten sich so die Bakterien gut ansiedeln und die schnell verlaufende Endokarditis, eine Entzündung der Herzinnenhaut, bei dem Zehnjährigen auslösen. Erst ein Arzt in Sulaymaniyah, einer Stadt im Nordirak, erkannte bei einer Herzultraschall-Untersuchung die Gefahr in der Miran bereits schwebte.
Rettung in letzter Minute
Für Mirans Vater war sofort klar, dass sein Sohn schnellstmöglich in Deutschland operiert werden sollte. Doch ein Visum zu bekommen war nicht so einfach: „Ich hoffe, dass dies für andere, die dringend medizinische Hilfe benötigen, in Zukunft leichter wird.“
Etwa vier Wochen nachdem es Miran plötzlich sehr schlecht ging, traten er und sein Vater die Reise nach Bonn an. Laut den beiden Bonner Ärzten war es ein Wunder, dass der Zehnjährige überhaupt den Flug überstanden hat. Sofort nach seiner Ankunft im Universitätsklinikum Bonn kam er auf die Intensivstation. „Es fehlte nicht viel und wir hätten ihn reanimieren müssen“, sagt Prof. Breuer. Kurz darauf wurde er von einem Team um Kinderherzchirurg Esmailzadeh operiert: „Üblicherweise rekonstruieren wir bei Kindern die Herzklappe. Doch bei unserem Patienten waren die Segel der Mitralklappe durch die bakterielle Infektion schon weitestgehend zerstört, weshalb wir eine künstliche Klappe implantieren mussten.“
Auf dem Programm steht der Kölner Zoo
Der Zehnjährige hat die Operation gut überstanden. „Ganz über den Berg ist er noch nicht. Dafür ist sein Herz durch die vorherige enorme Belastung noch sehr geschwächt“, sagt Prof. Breuer. Doch seine Bonner Ärzte sind zuversichtlich, dass er mit Hilfe von Medikamenten und regelmäßigen Untersuchungen in der nordirakischen Großstadt Erbil mit relativ guter medizinischer Versorgung, in naher Zukunft wieder mit seinen Freunden Fußball spielen kann. Nach der Zeit des Bangens ist sein Vater enorm erleichtert: „Ich freue mich, dass mein Sohn weiterleben kann wie andere Kinder auch.“ Jetzt steht für Vater und Sohn erst einmal ein kleiner Urlaub in Deutschland an. Miran freut sich bereits sehr auf einen Besuch im Kölner Zoo.