Die Universitätsmedizin Leipzig hat mehrere Forschungsprojekte eingeworben. Die Themen sind breit gefächert von Blutkrebserkrankung über Risikofaktoren für Suizid bis hin zur Stigmatisierung von zu Kriegszeiten Geborenen. Darüber hinaus liegen die Ergebnisse einer Studie zu psychischen Belastungen von Palliativpatienten vor. Mehr erfahren Sie im folgenden Text.
Leukämieforschung
Mit 198.000 Euro unterstützt die José Carreras Leukämie-Stiftung ein Projekt an der Abteilung für Hämatologie und Internistische Onkologie, das die Biologie der Erkrankung weiter erforschen will. Wie der Nachwuchswissenschaftler Dr. Sebastian Schwind sagt, ist die Prognose für viele Patienten, die an einer akuten Leukämie leiden, noch immer schlecht. „Individuelle Therapiekonzepte sind notwendig, um sie gezielter behandeln zu können. Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit den Mechanismen, die Krebszellen aggressiver beziehungsweise resistent gegenüber Medikamenten machen.“ In dem auf zwei Jahre angelegten Projekt werden die Gründe untersucht, warum Patienten mit einer Überproduktion eines bestimmten Proteins, dem Transkriptionsfaktor ERG, eine besonders schlechte Prognose haben, und wie man dem entgegenwirken kann.
Risikofaktoren für Suizid
Ein Projekt aus der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie, das sich eingehend mit der Dynamik von Suizidgedanken beschäftigt, wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 167.000 Euro gefördert. Bislang ist es nicht gut gelungen, Suizidverhalten sicher vorherzusagen. Deshalb werden sich die Nachwuchswissenschaftlerinnen Dr. Lena Spangenberg und PD Dr. Heide Glaesmer über einen Förderzeitraum von zwei Jahren mit der zeitlichen Dynamik und den akuten Risikofaktoren von Suizidgedanken befassen. Dabei kommt die Erlebens-Stichproben-Methode (ESM), eine Echtzeit-Analyse, zum Einsatz.
Stationäre Patienten aus der Psychosomatik und Psychiatrie werden über mehrere Tage mehrmals täglich um eine kurze elektronische Einschätzung übers Smartphone gebeten. Das Ziel der Wissenschaftlerinnen ist zum einen, die bisherigen Modellannahmen zu prüfen, andererseits sollen die Ergebnisse helfen, Vorhersage und Prävention von Suizidverhalten zu verbessern.
Stigmatisierung von Besatzungskindern
Die Leipziger Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie beteiligt sich außerdem am europäischen Verbundprojekt „Children born of War – Past, Present, Future“, das von der Europäischen Union mit insgesamt 3,75 Millionen Euro über drei Jahre gefördert wird. In dem Doktorandenprogramm werden insgesamt 15 Nachwuchswissenschaftler betreut, zwei davon in Leipzig unter der Leitung der psychologischen Psychotherapeutin PD Dr. Heide Glaesmer. Knapp 500.000 Euro gehen somit an den ostdeutschen Standort. Der Terminus „Children born of War“ meint Kinder, die von ausländischen, feindlichen Soldaten und einheimischen Müttern gezeugt wurden. Dazu zählen sowohl Kinder aus Kriegsvergewaltigungen, als auch solche aus positiv gefärbten Beziehungen. Die Leipziger Gruppe wird sich speziell mit Stigmatisierungserfahrungen deutscher und österreichischer Besatzungskinder des Zweiten Weltkrieges befassen, mit der Mutter-Kind-Beziehung und den Langzeitfolgen für das Bindungsverhalten.
Lebensqualität am Lebensende
Ein von der Deutschen Krebshilfe e.V. gefördertes Projekt zur psychosozialen Belastung und Lebensqualität von häuslich versorgten Palliativpatienten und ihren pflegenden Angehörigen wurde an der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie abgeschlossen. Bei der über drei Jahre dauernden Längsschnittstudie unter der Leitung von Dr. Heide Götze und Prof. Dr. Elmar Brähler wurden Krebspatienten und ihre Angehörigen mehrfach zu Hause befragt. Dabei stellte sich heraus, dass zu Beginn der häuslichen Versorgung jeder zweite Palliativpatient klinisch relevante Depressivitätswerte angab, etwa jeder fünfte zeigte klinisch relevante Ängstlichkeit. Im Pflegeverlauf stieg die Depressivität weiter an, die in allen Bereichen ohnehin schon geringe Lebensqualität nahm weiter ab. Die Belastung insbesondere durch Erschöpfung, Appetitlosigkeit und Kurzatmigkeit war sehr ausgeprägt.
Ein ähnliches Bild stellte sich bei den pflegenden Angehörigen dar: Bereits zu Beginn der häuslichen Versorgung zeigte jeder vierte hohe Depressivitätswerte, jeder dritte gab eine hohe Ängstlichkeit an. Ihre Lebensqualität war geringer als in der Allgemeinbevölkerung und die seelische Belastung stark ausgeprägt, beides blieb im Pflegeverlauf unverändert.Entstanden durch die Pflege jedoch zusätzlich finanzielle Belastungen, erhielten sie nur wenig Unterstützung vom Umfeld. Handelte es sich beim Pflegenden um den Partner des Patienten, nahmen Belastungs- und Erschöpfungsempfinden signifikant zu.
Dazu stellte Diplompsychologin und Projektleiterin Heide Götze fest: „Vor dem Hintergrund ist es bedenklich, dass nur fünf Prozent der befragten Angehörigen professionelle psychologische Unterstützung erhielten. Gerade solche mit geringer sozialer Einbindung haben einen besonders hohen Unterstützungsbedarf. Es wäre wünschenswert, dass ein entsprechendes Angebot zu einem festen Bestandteil der ambulanten Palliativversorgung wird.“