Kategorie-Archiv: Gesundheit

Patentgeschützte Medikamente haben oft keinen Zusatznutzen

Patentgeschützte Medikamente haben oft keinen Zusatznutzen für die Patienten. Zu diesem Ergebnis kommt das Team um Professor Dr. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Uni Bremen. Die Wissenschaftler hatten mit Unterstützung der Techniker Krankenkasse (TK) 17 Wirkstoffe – unter anderem neue Mittel gegen Diabetes und Blutgerinnungshemmer – anhand von Kriterien der evidenzbasierten Medizin und auf Basis von TK-Verordnungsdaten analysiert. Glaeske: „Keiner der untersuchten Wirkstoffe hat es in der Ampel-Bewertung auf ‚grün‘ geschafft. Die Präparate sind sehr teuer, haben häufig aber gegenüber bisher verfügbaren Mitteln keinen wesentlichen Zusatznutzen für den Patienten. Damit sind auch höhere Preise nicht gerechtfertigt.“

Nur für Präparate mit einem Zusatznutzen sollen die Pharmaunternehmen auch einen höheren Preis verlangen dürfen. Das ist die zentrale Aufgabe der frühen Nutzenbewertung, die der Gesetzgeber mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) eingeführt hat. Ursprünglich sollten nicht nur neu auf den Markt kommende Medikamente bewertet werden, sondern auch Mittel des sogenannten Bestandsmarkts. Davon ist der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtssicherheit wieder abgerückt.

Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK: „Politisch mag diese Entscheidung nachvollziehbar sein. Der vorliegende Bestandsmarktreport zeigt jedoch, dass es aus fachlicher Sicht keineswegs entbehrlich ist, auch bereits auf dem Markt befindliche Arzneimittel auf ihren Zusatznutzen hin zu untersuchen. Dabei geht es nicht allein um Geld, das möglicherweise unnötig ausgegeben wird, sondern ganz wesentlich auch um die Versorgungsqualität der Patienten.“

Die TK verspricht sich von dem Report eine größere Transparenz und einen Beitrag zur Verbesserung der Arzneimitteltherapie. Sie integriert die gewonnenen Erkenntnisse in die Informationen, die sie Ärzten anbietet.

Für den Bestandsmarktreport wurden 17 Arzneimittel aus drei Wirkstoffgruppen untersucht. Darunter die „neuen oralen Antikoagulantien“ (NOAK) zur Blutgerinnungshemmung, neuere Antidiabetika (GLP-1-Analoga und DPP-4-Inhibitoren) sowie Biologika, die zur Behandlung von Rheuma verordnet werden.

Die Biologika scheinen Vorteile in Bezug auf die therapeutische Wirksamkeit, Verträglichkeit oder Therapiesicherheit zu bieten. Die Evidenz ist jedoch nicht eindeutig oder die beobachteten Verbesserungen fallen gering aus. Die Antidiabetika haben gegenüber den bisher verfügbaren Arzneimitteln keine patientenrelevanten Vorteile. Zwei von ihnen wurden von den Herstellern bereits wieder vom Markt genommen. Entgegen der Zulassung und den Leitlinien werden die sogenannten Gliptine in der Diabetes-Behandlung oft sogar ohne Vortherapie eingesetzt.

Die Mehrheit der Patienten mit Vorhofflimmern wurden nicht auf die etablierten Wirkstoffe, sondern gleich auf NOAK eingestellt, obwohl noch viele Unsicherheiten im Umgang mit diesen Präparaten bestehen.

Die Gesamtbewertung aller aufgeführten Biologika zeigt eine „gelbe Ampel“. Aufgrund fehlender Direktvergleiche zwischen den Wirkstoffen konnten die Autoren nicht herausarbeiten, welcher der Wirkstoffe besser oder schlechter geeignet ist. „Das zeigt, dass dringend direkte Vergleichsstudien zwischen den Wirkstoffen erforderlich sind“, so Glaeske.

In einem Sonderkapitel befasst sich der Bestandsmarktreport mit dem Marktzugangsweg einiger Präparate. Im Ergebnis ist es vom jeweiligen Wirkstoff abhängig, ob Krankenhäuser häufig „Einfallstore“ für teure Arzneimittel sind. Der Report macht Wege transparent, auf denen einzelne Arzneimittel wie z.B. das Schmerzmittel Targin® in den Verordnungsalltag gelangen. Auf dieser Basis lassen sich Gespräche mit Klinikern und niedergelassenen Ärzten führen, mit dem Ziel, die Qualität der Arzneimittelversorgung zu verbessern.

Quelle/Text/Redaktion:
Techniker Krankenkasse, www.tk.de

Rezepte für Sprachtherapien

Kinder und Jugendliche gehen immer häufiger zum Therapeuten. Auch im ersten Quartal des laufenden Jahres haben niedergelassene Ärzte für Heranwachsende wieder mehr Rezepte für Ergo-, Physio- und Sprachtherapien ausgestellt. Der Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum beträgt rund sechs Prozent. Darauf weist die Techniker Krankenkasse (TK) unter Berufung auf die Statistik des GKV-Spitzenverbandes hin.

Insgesamt 658.208 Heilmittelverordnungen haben Ärzte für Unter-15-Jährige ausgestellt. Besonders häufig erhalten die Heranwachsenden Rezepte für Sprachtherapie, allein im ersten Quartal rund eine Viertelmillion (247.883). Im Vorjahr waren es von Januar bis März insgesamt 622.322 Rezepte, davon 233.643 für Sprachtherapien. Der Blick in die Statistik des Gesamtjahres 2013 zeigt: Inzwischen erhalten drei von zehn Kindern und Jugendlichen ein Heilmittelrezept.

Peter Böh, Fachreferatsleiter Ambulante Leistungen bei der TK: „Erfreulicherweise gibt es sehr gute Möglichkeiten, Kinder mit Entwicklungsproblemen therapeutisch zu unterstützen. Dass inzwischen aber fast jeder dritte Heranwachsende ein Rezept für Heilmittel erhält, ist bemerkenswert. Es wirft die Frage auf, ob wir den Kindern in ihrem Alltag ausreichend Anreize und Raum geben, sich zu entwickeln.“

Die Bedingungen, unter denen Kinder heutzutage aufwachsen, sind immer stärker geprägt von Mediennutzung und technischen Gadgets. Ganz aktuell wirft die unlängst veröffentlichte repräsentative Umfrage der KidsVerbraucherAnalyse (KidsVA) 2014 ein Schlaglicht auf diese Entwicklung: Über 80 Prozent der 6- bis 13-Jährigen haben der Studie zufolge Computererfahrung. Mehr als ein Drittel verfügt über eigene Geräte, der Großteil (63 Prozent) nutzt den Computer oder das Tablet der Familie mit. Fast 60 Prozent der Heranwachsenden sind mobil erreichbar, jedes vierte Kind besitzt inzwischen sogar ein Smartphone.

Um Defizite in der sprachlichen und motorischen Entwicklung von Kindern möglichst frühzeitig zu erkennen, bietet die TK drei Vorsorgeuntersuchungen an, die über den gesetzlichen Rahmen hinausgehen. Von den sogenannten U10, U11 und J2 profitieren vor allem Kinder im Schulalter. Soziale und psychische Aspekte wie Schwierigkeiten in der Schule sowie Fernseh-, Computer- und Ernährungsgewohnheiten stehen im Mittelpunkt.

Quelle/Text: tk.de
Stand: August 2014

Was machen eigentlich diese Vitamine?

Der Arzt warnt vor zu viel Cholesterin im Essen. Eiweiß soll vor dem berüchtigten Jojo-Effekt schützen. Ballaststoffreiches Essen ist das Patentrezept für eine gute Verdauung. Und damit wir uns richtig gesund fühlen, versucht uns die Werbung das ein oder andere Vitamin aufzuschwatzen. Nährstoffe sind in aller Munde und niemand, der sich mit seiner Ernährung auseinandersetzen möchte oder muss, kommt an ihnen vorbei. Von Fruchtzucker, Omega-3-Fettsäuren und Aminosäuren haben die meisten schon einmal gehört. Doch was steckt eigentlich hinter diesen Begriffen? Wofür braucht der Körper die einzelnen Nährstoffe überhaupt und warum sind manche angeblich besser für die Gesundheit als andere?

Um sich im Dschungel der Ernährungsratschläge zurechtzufinden und sinnige Tipps von unsinnigen unterscheiden zu können, ist grundlegendes Wissen über die Inhaltsstoffe der Lebensmittel von Vorteil. Wer zum Beispiel weiß, dass der Körper die eigene Cholesterinproduktion drosselt, wenn eine Mahlzeit größere Mengen liefert, muss sich sein Frühstücksei nicht schlecht reden lassen. Auch Heißhunger nach einer großen Portion Nudeln zum Mittag ist keine Überraschung, wenn einem bewusst ist, dass stärkereiche Mahlzeiten trotz anfänglichem Blutzuckeranstieg in eine Unterzuckerung führen können.

Der Verbrauchervortrag „Bewusst Essen – Unsere Nährstoffe“ gibt einen Einblick in die Welt der Nährstoffe und verleiht Ihnen das Basiswissen, mit dem Sie Ihr Essen besser einschätzen und Ernährungsirrtümer leichter entlarven können. Der Vortrag ist der erste Teil der Vortragsserie „Bewusst essen“. Weitere Teile der Serie sind „Bewusst Essen – Unsere Lebensmittel“ und „Bewusst essen im (Büro-)Alltag“. Diese sowie zahlreiche weitere Verbraucher- und Fachvorträge sind im Medienshop unter www.fet-ev.eu erhältlich.

Dipl.troph. Christine Langer

Quelle/Text: www.fet-ev.eu

Wie Ernährung das Gehirn schützen kann

Die Ernährung formt die Figur. Aber das ist nicht alles: die Zusammensetzung der Ernährung hat auch Auswirkungen auf das Gehirn. Dieser Zusammenhang wird schon seit Jahrzehnten für die Therapie von Epilepsiepatienten genutzt. Zurzeit laufen Versuche, spezielle Diätformen für die Behandlung des Morbus Alzheimer und anderer neurodegenerativer Erkrankungen zu entwickeln.

Schützend für das Gehirn scheint eine sogenannte ketogene Diät zu sein, die reich an Fett und arm an Kohlenhydraten und Proteinen ist. Unter einer ketogenen Diät ähnelt der Stoffwechsel teilweise dem im Hungerzustand. In beiden Fällen verbrennt der Körper Fett, das entweder aus der Diät oder aus körpereigenen Depots stammt. Dabei werden aus Fett Ketonkörper. Wie aber Ketonkörper das Gehirn schützen, war bislang unklar. Forscher aus dem Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Universität zu Lübeck ist es jetzt gelungen, den Wirkmechanismus von Ketonkörpern zu entschlüsseln. Sie hoffen, mit Hilfe dieses Wissens wirksamere Therapeutika für neurologische Erkrankungen entwickeln zu können.

Prof. Dr. Markus Schwaninger/ Foto: Universität Lübeck
Prof. Dr. Markus Schwaninger/ Foto: Universität Lübeck

Bei neurologischen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer oder Schlaganfällen sterben Nervenzellen ab. Der Untergang der Nervenzellen ist zumindest teilweise auf eine Überreaktion von Entzündungszellen zurückzuführen, die in das Gehirn einwandern. Die Wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Markus Schwaninger haben gefunden, dass eine ketogene Diät und die entstehenden Ketonkörper auf die Entzündungszellen, Monozyten und Makrophagen, im Gehirn einwirken. Dabei binden Ketonkörper an einen Rezeptor mit dem Namen HCA2, der sich auf Entzündungszellen befindet. „Ketonkörper instruieren durch HCA2 Entzündungszellen, das Gehirn zu schützen“, so Schwaninger.

Eine ketogene Diät ist so fettreich, dass sie schlecht schmeckt, und bei Patienten meist unbeliebt ist. Die Lübecker Forscher fanden aber, dass auch Nikotinsäure wie Ketonkörper durch HCA2 einen Untergang von Hirngewebe verhindern kann. Nikotinsäure wird bereits seit vielen Jahrzehnten zur Senkung des Cholesterinspiegels eingesetzt. Als ‚ketogene Diät in Tablettenform‘ könnte Nikotinsäure ein Comeback in einer neuen Indikation haben. Tatsächlich wurde Nikotinsäure schon in den 50er Jahren bei akutem Schlaganfall unter der Vorstellung verwendet, dass es zu einer Gefäßerweiterung im Gehirn führt.

Später hatte sich aber herausgestellt, dass die Gefäßerweiterung nur auf die Haut beschränkt ist. „Auch wenn Nikotinsäure nicht die Durchblutung des Gehirns steigert, hat es doch einen Effekt beim Schlaganfall und möglicherweise auch bei anderen neurologischen Erkrankungen“ sagt Schwaninger.

In weiteren Experimenten fanden die Wissenschaftler heraus, wie die Aktivierung des HCA2-Rezeptors das Gehirn schützt. „Wir vermuten, dass entzündungshemmende Faktoren gebildet werden, aber die genaue Identifizierung dieser Faktoren steht noch aus“ räumt Schwaninger ein. Neben der genauen Wirkweise steht die Testung weiterer Substanzen, die an den HCA2-Rezeptor binden, auf der Arbeitsliste der Lübecker Forscher. Sie hoffen, einen Stoff zu finden mit gleicher oder besserer Wirksamkeit aber weniger Nebenwirkungen. Die zunehmende Zahl von Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen wie M. Alzheimer oder Schlaganfall wartet dringend auf neue therapeutische Ansätze.

Originalpublikation:
Rahman M, Muhammad S, Khan MA, Chen H, Ridder DA, Müller-Fielitz H, Pokorna B, Vollbrandt T, Stölting I, Nadrowitz R, Okun JG, Offermanns S, Schwaninger M. The β-hydroxybutyrate receptor HCA2 activates a neuroprotective subset of macrophages. Nature Communications. Doi:10.1038/ncomms4944

Text: www.uni-luebeck.de

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