Ein Haus mit zwei Seiten

Es ist nicht ein Haus, das Louise Campbell da auf der imm cologne mit unglaublich viel Liebe fürs Detail in Pure Village (Halle 2.2) aufgebaut hat – es sind zwei. Zwei in Holzständerbauweise realisierte, idealtypisch geformte Häuser mit offener Balkenkonstruktion, die auf dem Hallenboden versetzt nebeneinander gestellt und dann ineinandergeschoben wurden, so scheint es. Das eine mit weiß, das andere mit hellgrau gestrichen Pfosten. Die in der Mitte durch die Überschneidung der Volumen entstandene rechteckige Schnittmenge markiert den Ort, an dem sich Gegensätze vereinen und die zwei Häuser zu einem einzigen verschmelzen.

Halb Designerportrait, halb Zukunftsentwurf

„Das Haus – Interiors on Stage“ ist die Simulation eines Wohnhauses auf der internationalen Einrichtungsmesse imm cologne. Aufbau und Ausstattung erfolgen nach den Plänen eines jedes Jahr neu von der imm cologne nominierten Designers. Die von dem Guest of Honour ausgewählten Möbel, Farben, Materialien, Beleuchtungen und Accessoires summieren sich zu einem individuell konfigurierten Interior Design. Der ganzheitlich angelegte Entwurf soll dabei nicht nur zukunftsorientiert, sondern auch praktikabel sein – vor allem jedoch authentisch. „Das Haus“ ist ein Beispiel dafür, wie man eine Welt erschaffen kann, die zum Ausdruck der eigenen Persönlichkeit wird. Das Projekt thematisiert dabei nicht nur die gegenwärtigen Einrichtungstrends, sondern auch die Publikumssehnsüchte und den gesellschaftlichen Wandel.

Louise Campbell macht „Das Haus“ zu einer reizvollen Beziehungskiste
Die 240 m2 einnehmende Konstruktion aus Holzbalken, Lärchenholz-Schindeln und vielen, vielen Stoffen entpuppt sich als eine ästhetisch überaus reizvolle und verführerische Versuchsanordnung. Louise Campbell will ergründen, wie sich Gegensätze durch Design vereinen lassen. Und der größte denkbare Widerspruch unseres Lebens ist in ihren Augen die (Un)Vereinbarkeit von Mann und Frau, von Ratio und Emotion – und das größte Experiment damit eine Partnerschaft zwischen ihnen.
„Ich verstehe nicht, warum wir so etwas Grundlegendes wie Liebe nicht häufiger in Frage stellen“, erklärt Louise Campbell provokant. „Was ist Liebe? Wie geht ein Designer an diese Fragestellung heran? Indem er unsere körperlichen Grundlagen durch Formen darstellt.“ Sie wollte mit „Das Haus“ ein Zuhause entwerfen „für sie und ihn, für schnell und langsam, weich und hart, hell und dunkel, Farbe und Material, britisch und skandinavisch – mit einem ruhigen Bereich in der Mitte, an dem es Eigenheiten, aber keine Konflikte gibt.“ Dabei stehen „Er“ und „Sie“ für die maskulinen und femininen Seiten in jedem Menschen.

Wohn-Philosophie: Ohne Wände wird dem Anderen mehr Platz eingeräumt

Die dänische Designerin zeigt, wie man/frau sich in diesem Widerspruch recht angenehm einrichten kann. Dafür reißt sie auch Wohnkonventionen ein: „Das Haus“ ist ein einziger großer, offener Raum, das Bett ist ein 16 m langes, zum Lümmeln einladendes Wohnmöbel, die Badewanne steht mitten im Wohnbereich, und die Küche gehört bei ihr ins Reich des Mannes. In der Mitte trifft man/frau sich in Harmonie am großen Tisch. Es gibt keine Zimmer im eigentlichen Sinne, vielmehr werden die Wohnbereiche durch die Möbel und die Ausstattung definiert.

Dabei sind nicht nur ihre eigenen Entwürfe wie die Lampen LC Shutters von Louis Poulsen und Veryround Chair von Zanotta vertreten, sondern auch diverse Produkte anderer Designer. Alles andere wurde im Kopenhagener Studio von Louise Campbell handgefertigt. Auch etwas Altes sollte nicht fehlen, und so wurde eine vor 100 Jahren aus Steinzeug produzierte Badewanne aus dem Museumsbestand der Fa. Villeroy & Boch AG organisiert und mitten im Wohnbereich aufgestellt. „Die verschiedenen Bereiche sind nicht durch Wände, sondern durch weiche Stoffe getrennt, die nach Wunsch aufgerollt oder herabgelassen werden können. Es gibt keine Geheimnisse und keinen Druck – die ideale Verbindung und vielleicht sogar tatsächlich das ideale Haus“, beschreibt Louise Campbell ihr innenarchitektonisches Konzept, bei dem alles von innen nach außen gestaltet ist.

Eine Tool-Wand mit 573 Werkzeugen

Eine große Wandfläche im Küchenbereich bildet eines der Highlights von „Das Haus“. Die Küche ist bei Louise Campbell Werkstatt und Kochstätte zugleich, und so hat sie hier rund 573 Werkzeuge aller Art an die Hauswand gehängt. An dem großen Tisch wird gerührt, gemixt, gesägt, gemalt, gehämmert und genäht. Technische Einbauten sucht man hier vergebens, dafür findet man für jede denkbare handwerkliche Tätigkeit das passende Instrument. Das richtige Maß zu finden – die richtige Mischung aus Ratio und Emotionalität, aus Perfektion und Wohnlichkeit, aus Technik und Handwerk, hektischer Aktivität und völliger Entspannung – ist große Thema ihres Designs wie auch ihrer Version von „Das Haus“, der sie den Titel „0-100. (Made to measure)“ gegeben hat: ein Haus zum Maßnehmen.

Ein verspieltes Haus voller Sinnlichkeit

„Ich persönlich fühle mich hier rundum zuhause“, bekennt sich Louise Campbell zu ihrem Haus. „Dort, wo Tapeten mit Blumenmustern in einer Küche nicht ganz oben auf meiner Liste stehen, sind viele schöne Werkzeuge meine erste Wahl. Dennoch schlafe ich lieber in einem anregend dekorierten als in einem klinisch weißen Schlafzimmer.“
In Louise Campbells Haus wird die physische Existenz gefeiert, das Dasein im Hier und Jetzt. Digitale Projektionen fehlen vollständig.

Die warme Beleuchtung, die kostbaren Textilien, das bequeme Ruhelager, die vielen verspielten Details und Accessoires sind eine mahnende Erinnerung daran, was Wohn- und Lebensqualität eigentlich ausmacht. Louise Campbell lebt diese Haltung vor und legt beim Aufbau des Hauses lustvoll selbst Hand an, tackert, pinselt, drapiert. Dieses dem Trend der Technikbegeisterung völlig entgegengekehrte Wohnkonzept feiert die klassische Sinnlichkeit und alles Handgemachte. Lewis Carrolls Alice im Wunderland, Sherril Jaffes Scars Make Your Body More Interesting, Jane Austens Sinn und Sinnlichkeit und Wild Mood Swings von The Cure dienten der Designerin dabei als künstlerische Inspiration.

„Das Haus“ setzt 2014 ein Zeichen für feminines Design

Louise Campbell setzt die Reihe „Das Haus – Interiors on Stage“ also in gewohnt außergewöhnlicher Form fort – nämlich als Lowtech-Haus mit flexibel zu nutzendem Freiraum für alle (gegensätzlichen) Facetten seiner Bewohner. 2012 eröffnete das indisch-britische Designerteam Nipa Doshi und Jonathan Levien das neue Format und inszenierte einen quasi organisch gewachsenen Raum, der ein kommunikatives Miteinander von Bewohnern und Kulturen ermöglicht. 2013 führte der italienische Produktdesigner Luca Nichetto das Design-Event als elegantes, der Natur sich nach allen Seiten öffnendes Ensemble fort. Standort von „Das Haus“ ist das Messeformat Pure Village, das 2014 in die großzügige Halle 2.2 zieht. Die Realisierung des Projektes „Das Haus“ erfolgt auch 2014 wieder mit freundlicher Unterstützung von NCS Colour.

Link:
www.imm-cologne.de
www.livinginteriors-cologne.de

imm cologne – seit 1949 die Leitmesse für Möbel & Einrichtung

Die imm cologne ist die zentrale Einrichtungsmesse im weltweit wichtigsten Einrichtungsmarkt. Gleich zu Beginn eines jeden Jahres präsentiert sie die aktuellen internationalen Möbel- und Wohntrends und überzeugt durch ihre effektive Businessatmosphäre. Die enorme Breite und Tiefe des Angebotes reicht von SB-Möbeln über Premiummarken bis hin zu visionären Produktent-würfen. Im Jahr 2014 wird die 65. imm cologne durch das alle zwei Jahre stattfindende Event LivingInteriors ergänzt, das sich durch ganzheitliche Wohn- und Einrichtungskonzepte auszeichnet. Hier stehen die Bereiche im Fokus, die die Wohnung zum Zuhause machen: Bad, Boden, Wand, Heimtex-tilien und Licht. Zusammen mit der Möbelmesse zeigt die LivingInteriors ein umfassendes und innovativ inszeniertes Bild der gesamten Einrichtungswelt. Es werden rund 1.200 internationale Aussteller und rund 120.000 Besucher aus über 110 Ländern zur imm cologne und LivingInteriors 2014 erwartet.

Die Koelnmesse führt seit 90 Jahren Menschen und Märkte zusammen. 1924 startete die Erfolgsgeschichte der Kölner Messen mit der Eröffnung der ersten Veranstaltung auf dem Köln-Deutzer Gelände. Im Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit stieg die „Rheinische Messe“ zum Welthandelsplatz auf. Heute verfügt die Koelnmesse über das fünftgrößte Messegelände der Welt und organisiert rund 75 Messen in Köln und weltweit. Im Jubiläumsjahr 2014 trägt die Koelnmesse ihre Geschichte mit zahlreichen Aktionen, mit Publikationen und Ausstellungen in die Öffentlichkeit.

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