Auffälliger Ruf, farbenfrohes Gefieder und ein großer Appetit auf Ameisen – diese Merkmale kennzeichnen den Grünspecht Picus viridis. Mit zurzeit über 42.000 Brutpaaren hat sich sein Bestand in Deutschland erholt und ist mehr als doppelt so hoch wie noch vor 20 Jahren. Die positive Entwicklung war ein Grund für den Naturschutzbund Deutschland (NABU) e. V. und seinen bayerischen Partner, der Landesbund für Vogelschutz (LBV), ihn zum „Vogel des Jahres 2014“ zu wählen. Nicht zuletzt, weil diese Entwicklung unter Deutschlands häufigen Vogelarten einmalig ist.
Alte Bäume zum Bau von Nisthöhlen und Grünland mit ausreichend Ameisen als Futter bieten optimale Voraussetzungen für den „Lachvogel“, dessen dynamischer und meist mehrsilbiger Ruf „kjückkjückkjück“ einem gellenden Lachen gleicht. Trotz des auffälligen Rufs und den markanten optischen Merkmalen – wie der roten Kappe, der schwarzen Augenmaske und dem bunten Gefieder – ist er nicht leicht zu entdecken. Meist ist er auf der Jagd nach Ameisen, seiner Lieblingsspeise. Mit seinem Schnabel und der bis zu zehn Zentimeter langen klebrigen Zunge holt er sie aus dem Boden oder aus den Bäumen heraus. Ideale Lebensbedingungen findet der Grünspecht auf Streuobstwiesen.
Da es diese jedoch immer seltener gibt, ist er in Siedlungsgebiete eingewandert, zum Beispiel in alte Parks, Industriebrachen, Ortsränder und Gegenden mit altem Baumbestand. Auch hier fühlt er sich wohl. Mehrere milde Winter und die idealen Bedingungen in den städtischen Grünflächen haben zur Zunahme der Bestände geführt. Zurzeit ist der „Fliegende Zorro“ (aufgrund des schwarzen Bereichs um die Augen, der einer Maske ähnelt) beziehungsweise der „Fliegende Ameisenbär“ (aufgrund seiner Vorliebe für Ameisen) nach dem Buntspecht und vor dem Schwarzspecht die zweithäufigste Spechtart in Deutschland.
Mit der Wahl des Grünspechts zum „Vogel des Jahres“ wollen NABU und LBV auch auf den dramatischen Rückgang von Streuobstwiesen in Deutschland aufmerksam machen. Der Verlust dieses Lebensraums sowie der Rückgang von extensiv genutztem Grünland – beispielsweise durch Umbruch in neue Maisanbauflächen – verschlechtere die vorhandenen Lebensräume. Damit sei nicht mehr gewährleistet, dass sich die Bestände des Grünspechts zum Beispiel nach einigen kalten Wintern erholen könnten. Seit 1950 sind rund 70 Prozent der deutschen Streuobstflächen verschwunden. NABU und LBV fordern daher, sie in das Bundesnaturschutzgesetz aufzunehmen und zudem den Lebensraum des Grünspechts besser zu schützen – unter anderem durch den konsequenten Verzicht auf Pflanzenschutzmittel in Hausgärten, auf Streuobstwiesen und in städtischen Grünanlagen. Nur dann könne der Grünspecht seine Nahrungsgrundlage, die Ameisen, auch weiterhin finden.
Heike Stommel, www.aid.de