„Glosse“ versetzt Menschen in Angst und Schrecken

Mit einem üblen Schabernack, der mit der Existenzangst von Menschen spielt, sieht sich die Stadt Münster konfrontiert. Eine Glosse, also ein ironisch-satirischer Beitrag, spricht von angeblichen Plänen zur „Einführung einer Hartz-freien Zone für den gesamten innerstädtischen Bereich“. Die Verfasserin wollte mit ihrer frei erfundenen Geschichte womöglich eine sozialkritische Satire verfassen. Indem sie aber den Anschein erweckt, darin Tatsachen zu schildern, hat sie jedoch Menschen in Angst, Schrecken und Empörung versetzt.

Der Beitrag ist in der Online-Ausgabe des „Freitag“ erschienen, einer Publikation mit ehemals hohem journalistischen Anspruch. Dort gibt es seit geraumer Zeit eine Rubrik „Community“, in der jeder veröffentlichen kann. Veröffentlichungen können in dieser „Freitag“-Rubrik auch kommentiert werden. Mindestens ein Kommentar im Nachgang zu dem fraglichen Beitrag dürfte hart an der strafrechtlichen Relevanz entlangschrammen.

Konkret behauptete die Verfasserin der Glosse, Hartz-IV-Bezieher sollten in Münster aus ihren Wohnungen und der Stadt verdrängt werden. Münster solle – so ein erfundenes Zitat – „in spätestens zwei, drei Jahren eine No-go-Area für Hartz-IV-Empfänger sein“. Selbstverständlich ist das blanker Unsinn und das Gegenteil ist richtig: Münster berücksichtigt bei der Höhe der angemessenen Miete das überdurchschnittlich hohe Mietniveau und übernimmt für Hartz-IV-Bezieher deshalb überdurchschnittlich hohe Mietkosten.

Genauer besehen ist die Glosse ohnehin keine „Glosse“. Der Beitrag ist durchgehend im nachrichtlichen Stil verfasst, der in Medien für die Mitteilung von Tatsachen verwendet wird. Das war vermutlich der Grund, warum viele die Geschichte wörtlich nahmen. Teilweise wurde der Text in einer Version weitergegeben, in der der Hinweis „Eine Glosse“ aus der Überschrift gelöscht war. Kein Wunder, dass wegen dieser berichteten „Tatsachen“ empörte Reaktionen bei der Stadt eingingen. Erheblich schwerer wiegt allerdings, dass die „Glosse“ mit den Gefühlen und Sorgen von Menschen, die Hartz IV beziehen, ein böses Spiel treibt.

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