Gründe für das Altern weiter ungeklärt

Das Foto zeigt einen Wurm, dessen Mitochondrien dank des Sensor-Farbstoffs gelb leuchten; hiervor gelegt ist das Strukturmodell des Farbstoffs. Autorenhinweis: (c) Dr. Markus Schwarzländer, Uni Bonn
Das Foto zeigt einen Wurm, dessen Mitochondrien dank des Sensor-Farbstoffs gelb leuchten; hiervor gelegt ist das Strukturmodell des Farbstoffs. Autorenhinweis: (c) Dr. Markus Schwarzländer, Uni Bonn

Es war eine kleine Sensation

Es war eine kleine Sensation, was chinesische Forscher vor einigen Monaten in der Zeitschrift Nature berichteten: Sie schienen den Grund dafür gefunden zu haben, warum Lebewesen altern. Jetzt hat ein internationales Forscherteam unter Leitung der Universität Bonn eine Grundannahme des Nature-Artikels widerlegt. Die Ursachen für das Altern sind also weiterhin ungeklärt.

Die chinesische Arbeit hatte in Fachkreisen weltweit Aufsehen erregt. Die Forscher hatten mit einer simplen Messung bei wenige Tage alten Fadenwürmern voraussagen können, wie lange diese Tiere leben würden.

Dazu hatten sie in ihre Versuchstiere einen fluoreszierenden Farbstoff namens cpYFP eingeschleust, und zwar genau in die Kraftwerke der Zellen, die Mitochondrien. Mitochondrien gibt es in den meisten lebenden Organismen. Sie stellen die Energie für alle Lebensprozesse bereit.

Viele Biologen sehen die Mitochondrien als die wesentliche biologische Uhr an, die die Alterungsprozesse vorantreibt. Als Ursache vermuten sie hochreaktive Moleküle, die bei der Arbeit der Kraftwerke freigesetzt werden: die so genannten freien Radikale. Diese reagieren mit anderen Zellmolekülen und schädigen sie dadurch. Dadurch wird die Zelle immer weniger leistungsfähig, bis sie stirbt.

Diese Theorie ist nicht neu – erstmals wurde sie bereits vor fast 40 Jahren formuliert. Bis heute hat aber niemand schlüssig den Link zwischen Mitochondrien-Aktivität, der Entstehung freier Radikale und dem Altern nachweisen können. En-Zhi Shen und seinen Kollegen schien das nun gelungen zu sein. Sie nutzten cpYFP als Radikal-Detektor. Und tatsächlich: Je häufiger der Farbstoff in der Jungend der Tiere aufleuchtete – je mehr freie Radikale sie also anscheinend produzierten –, desto kürzer lebten die Würmer.

Ein internationales Forscherteam hat nun jedoch eine Grundannahme der Studie widerlegt. Demnach ist cpYFP überhaupt nicht dazu in der Lage, freie Radikale zu messen. Stattdessen sind die Signale des Farbstoffs auf  Schwankungen des pH-Werts in den Mitochondrien (also ihres Säuregrades) zurückzuführen.

„Aus den Daten lässt sich also nicht der Schluss ziehen, dass die Menge der freien Radikale in Mitochondrien die Lebensspanne bestimmt“, betont Dr. Markus Schwarzländer, Nachwuchsgruppenleiter an der Universität Bonn und Erstautor der Publikation. „Zur Beantwortung dieser Frage ist cpYFP ungeeignet.“ Dennoch sei der Zusammenhang zwischen der Intensität der Farbstoff-Signale und der Lebensspanne der Würmer äußerst spannend. „Wir können uns nun darauf konzentrieren, seine wirkliche Bedeutung zu ergründen.“

Die neue Studie erscheint in Kürze ebenfalls im Fachblatt Nature. An der Arbeit waren 28 Wissenschaftler aus 9 Ländern beteiligt. Geleitet wurde sie von Forschern der Universität Bonn, des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg sowie des Medical Research Council in Cambridge, England.

Publikation: Markus Schwarzländer et al.: The ‘mitoflash’ probe cpYFP does not respond to superoxide; Nature Band 514  Ausgabe 7523; doi: 10.1038/nature13858

Quelle/Text/Redaktion: uni-bonn.de

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