Nachts werden Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger taub oder fangen an zu kribbeln, als ob Ameisen darüber laufen. So beschreiben Menschen mit einem Karpaltunnelsyndrom (KTS) ihre Beschwerden. Durch Reiben oder Bewegen der Arme lässt sich dieses unangenehme Gefühl zunächst schnell beheben. „Und bei einer frühzeitigen Behandlung kann das Karpaltunnelsyndrom in vielen Fällen auch geheilt werden“, sagt Dr. Astrid Maroß, Fachärztin für Neurologie im AOK-Bundesverband.
Beim Karpaltunnelsyndrom ist der Arm-Mittelnerv durch dauerhaften Druck geschädigt. Schätzungen gehen davon aus, dass acht bis zehn Prozent der Bevölkerung in unterschiedlichem Ausmaß darunter leiden. Ein Karpaltunnelsyndrom tritt vor allem bei Frauen im mittleren und höheren Alter auf. Männer sind deutlich seltener betroffen.
Verschiedene Ursachen
Der griechische Begriff „karpos“ bedeutet Handwurzel. Der Karpaltunnel wird aus dem Handwurzelknochen und einem darüber gespannten starken Band gebildet. Durch den so geformten Kanal verläuft neben den Sehnen der Fingerbeugemuskeln auch der Arm-Mittelnerv. Dass der Karpaltunnel eingeengt wird und auf den Arm-Mittelnerv Druck entsteht, kann verschiedene Ursachen haben. „Häufig entwickeln Menschen ein Karpaltunnelsyndrom, deren Hand einseitig stark überbeansprucht oder fehlbelastet ist“, so Ärztin Maroß. Das ist zum Beispiel bei stundenlanger Computerarbeit in falscher Position oder bei schweren körperlichen Arbeiten mit den Händen der Fall. Gelegentlich kann auch eine Verletzung, beispielsweise ein Bruch im Bereich des Handgelenks, oder ein sehr schmales Handgelenk für die Erkrankung mitverantwortlich sein.
Schwangere sind oftmals betroffen
Oft wird auch eine allgemeine Gewichtszunahme im Vorfeld berichtet. Auch Hormone lassen das Bindegewebe anschwellen und auf den Nerv drücken. „Schwangere sind daher oftmals betroffen. Ebenso Patienten mit Nierenschädigungen, rheumatischen Erkrankungen, Funktionsstörungen der Schilddrüse und Diabetes“, sagt Ärztin Maroß.
Im fortgeschrittenen Stadium eines KTS können Schmerzen und Taubheitsgefühl auch tagsüber auftreten, sich eine stärkere Nervenschädigung entwickeln und einzelne Muskeln der Hand kraftloser werden. Die Finger fühlen sich geschwollen und steif an. Damit der Arzt die Diagnose stellen kann, braucht er genaue Informationen, in welchem Bereich der Hand es kribbelt und wie sich die Finger beugen lassen. Außerdem wird die elektrische Leitfähigkeit der Nerven mit Hilfe von Elektroden getestet. So kann der Mediziner das KTS von anderen Krankheiten, etwa von Irritationen des Nervs an anderer Stelle oder von einem Bandscheibenvorfall, abgrenzen und feststellen, wie stark der Nerv geschädigt ist.
Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten
Steht die Diagnose KTS fest gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Wenn eine konkrete Ursache feststeht, sollte diese natürlich auch behandelt werden. Bei leichten bis mittelschweren Beschwerden erfolgt eine konservative – also nicht operative Therapie. „Die wichtigste Maßnahme ist, die betroffene Hand zu schonen. So verhindert eine Unterarmschiene, dass das Handgelenk abknickt. Diese Schiene wird auch nachts getragen, um den Druck auf den Nerv zu verringern“, so Maroß. Durch diese konsequente Schonung bessert sich in vielen Fällen das Leiden bereits deutlich.
Manchmal werden unterstützend oder auch alternativ Schmerzmittel zur Linderung verabreicht sowie Kortison als Spritze oder in Tablettenform, um Entzündungen zu hemmen. Bringt die konservative Behandlung nach einigen Wochen keine deutliche Besserung und sind die Beschwerden und elektrophysiologischen Befunde entsprechend noch deutlich ausgeprägt, kommt auch eine Operation infrage – in der Regel ambulant und mit lokaler Betäubung. Bei der OP wird das Bindegewebsband gespalten, um so den Druck auf den Nerv zu verringern.
Übrigens: Wer einem KTS vorbeugen möchte, sollte eine zu starke Beugung der Handgelenke vermeiden und bei ständig wiederkehrenden Bewegungen das Handgelenk durch Pausen entlasten.