Der Deutsche Anwaltverein (DAV) schließt sich dem Appell des Deutschen Instituts für Menschenrechte an CDU/CSU und SPD an, in den Koalitionsvertrag das Vorhaben aufzunehmen, § 22 Abs.1a des Bundespolizeigesetzes abzuschaffen. Die Norm erlaubt es den Beamten der Bundespolizei in Zügen, auf Bahnhöfen und Flughäfen jede Person auch ohne Vorliegen eines konkreten Verdachts zu kontrollieren. Es reicht aus, dass „aufgrund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung anzunehmen ist“, dass diese Orte zur unerlaubten Einreise genutzt werden.
„Die weitreichende Eingriffsbefugnis – jede Person darf an den genannten Orten unter den genannten Voraussetzungen kontrolliert werden, ohne dass gegen sie ein konkreter Verdacht bestehen muss – führt nicht nur zu unverhältnismäßigen Eingriffen in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen“, so Rechtsanwalt Dr. Stefan König, Vorsitzender des DAV-Strafrechtsausschusses. Sie führt insbesondere zu einem Verstoß gegen das aus Art. 3 GG resultierende Verbot rassistischer Diskriminierung und gegen mehrere von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete internationale Abkommen (Europäische Menschenrechtskonvention, Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Anti-Rassismus-Konvention). Dabei kommt es nicht darauf an, dass sich die Aufforderung zum rassistischen Handeln nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift selbst ergibt.
Es reicht aus, dass sie ein staatliches Handeln begünstigt, das diese Kritik verdient. Denn in der Praxis sind unveränderliche äußerliche Merkmale eines der wesentlichen Kriterien, nach denen Personen zur stichprobenartigen Kontrolle ausgewählt werden. Der Bundesgesetzgeber sollte mit der Abschaffung der Vorschrift vorausgehen und damit auch die Länder veranlassen, entsprechende Regelungen in den Landespolizeigesetzen abzuschaffen.