Sofern sie nicht zur Zucht verwendet werden sollen, werden die meisten männlichen Pferde kastriert, denn als Wallach sind sie leichter zu handhaben. Die Kastration ist immer dann recht unkompliziert, wenn sich beide Hoden im Hodensack des Hengstes befinden. Problematischer wird es in den Fällen, in denen einer oder beide Hoden abdominal (in der Bauchhöhle) oder inguinal (im Leistenkanal) liegen. Da der Hoden durch seine Lage meist nur operativ durch Aufschneiden der Bauchhöhle zu entfernen ist, kann er die Kastration erheblich erschweren und verteuern.
Doch manchmal ist selbst die Entfernung trotz des invasiven chirurgischen Eingriffes nicht möglich – nämlich immer dann, wenn der im Bauchraum verborgene Hoden schlichtweg nicht gefunden werden kann. In solchen Situationen steht der Pferdebesitzer vor der Entscheidung, ob der Aufwand für die Suche im Bauchraum des Tieres und die damit verbundenen Kosten für eine umfangreiche Bauchchirurgie gerechtfertigt erscheinen – vor allem bei Jungpferden, die als ruhig und brav erscheinen.
Fälle, in denen einer oder beide Hoden aufgrund einer Lageanomalie nicht entfernt werden, bezeichnet man als Kryptorchismus. Die betreffenden Pferde werden als Kryptorchiden bezeichnet, umgangssprachlich auch Klopp- oder Spitzhengste.
Wenn die verbliebenen Hoden nie männliche Hormone produzieren, verhalten sich solche Tiere üblicherweise wie normale Wallache. Andere Kryptorchiden neigen dazu, Hengst-ähnliche Eigenschaften zu entwickeln, hüten und bewachen Stuten oder zeigen sich aggressiv gegenüber anderen Artgenossen.
Im Verdachtsfall war bisher zur Überprüfung die Entnahme von Blutproben erforderlich, um den Hormonspiegel zu messen. Allerdings sind diese Tests bei Pferden unter drei Jahren nicht absolut zuverlässig.
Chinesische Forscher vom Laboratorium für Pferderennsport des Hong Kong Jockey Clubs haben nun einen Urintest entwickelt, mit dessen Hilfe der kryptorchide Status bei Pferden ab dem zweiten Lebensjahr zuverlässig ermittelt werden kann. Dafür wurden Urinproben von 5.000 männlichen Pferden untersucht und dabei signifikante Unterschiede in den Steroid-Profilen zwischen Wallachen und Klopphengsten festgestellt. Von den 25 als Kryptorchide identifizierten Tieren waren sieben für weitere Tests nicht verfügbar. Die anderen 18 Pferde wurden durch eine Operation, anhand einer Autopsie oder des im Pferdepass dokumentierten Geschlechtsstatus als Kryptorchiden bestätigt. Bei denjenigen Pferden, denen im Rahmen einer Operation die bisher verborgenen Hoden entfernt wurden, zeigten die Urintests Ergebnisse vergleichbar mit denen von Wallachen.
Anke Klabunde, www.aid.de