Im Frühjahr dieses Jahres kam es in Saudi-Arabien zu einer dramatischen Ausbreitung lebensgefährlicher Lungenentzündungen. Auslöser war das neu entdeckte MERS-Coronavirus. Epidemiologen der Weltgesundheitsorganisation befürchteten zunächst, das Virus sei mutiert und dadurch gefährlicher geworden. Virologen der Universität Bonn und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung haben nun den Ausbruch und das Virus untersucht. Resultat ihrer Analyse: Das Virus ist nicht mutiert; Hauptproblem scheint dagegen eine mangelhafte Krankenhaus-Hygiene gewesen zu sein.
Im März und April dieses Jahres alarmierte ein MERS-Ausbruch im saudi-arabischen Dschidda Gesundheitsexperten aus aller Welt. Innerhalb von vier Wochen steckten sich etwa 200 Menschen mit dem Virus an – genau soviele wie seit der Entdeckung des Virus im Jahr 2012 zusammen genommen. MERS steht für Middle East Respiratory Syndrome. Das Virus verursacht eine Lungenentzündung, die beim Menschen in jedem dritten Fall tödlich endet. Angesichts des Ausbruchs befürchteten Epidemiologen, ein mutiertes Virus könnte im schlimmsten Fall eine weltweite Epidemie auslösen.
Virologen der Universität Bonn haben als erstes Forschungsteam weltweit den Ausbruch und das beteiligte Virus untersucht. Ihren Analysen zufolge ist das MERS-Virus aus Dschidda nicht ansteckender als der Stamm, der 2012 isoliert wurde. Auch hat es keine Mechanismen entwickelt, die es ihm erlauben würden, die menschliche Immunabwehr zu unterlaufen.
Mangelnde Krankenhaushygiene
Ursache war stattdessen wohl ein Problem mit der Krankenhaus-Hygiene. Die Hälfte der infizierten Patienten wurde im König Fahd Hospital in Dschidda behandelt. „Wir nehmen an, dass es dort zur massenhaften Übertragung der Krankheit gekommen ist“, sagt Studienleiter Professor Dr. Christian Drosten vom Institut für Virologie am Universitätsklinikum Bonn und vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung. So müssen MERS-Erkrankte häufig beatmet werden. Wird der Beatmungsschlauch unsachgemäß entfernt, können infektiöse Aerosole frei werden, die viele Milliarden Viren enthalten. Dazu komme, dass das Pflegepersonal in Saudi-Arabien oft schlecht ausgebildet sei. „Es ist enorm wichtig, an diesem Punkt anzusetzen“, sagt Prof. Drosten. In Deutschland sei ein ähnlicher Ausbruch wohl kaum zu befürchten.
Der MERS-Ausbruch galt weltweit als das große infektionsmedizinische Problem dieses Frühjahrs. Entgegen anfänglicher Befürchtungen blieb er jedoch auf Dschidda beschränkt und klang schließlich wieder ab. Grund war wohl unter anderem die Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen in den Krankenhäusern, etwa eine bessere Isolierung von Patienten. „Das zeigt, wie effizient selbst einfache Methoden gegen ein derartiges Virus sein können“, betont Prof. Drosten.
Publikation: Christian Drosten, Doreen Muth, Victor Corman, Raheela Hussain, Malaki Al Masri, Waleed HajOmar, Olfert Landt, Abdullah Assiri, Isabella Eckerle, Ali Al Shangiti, Jaffar A. Al-Tawfiq, Ali Albarrak, Alimuddin Zumla, Andrew Rambaut, Ziad Memish: An observational, laboratory-based study of outbreaks of MERS-Coronavirus in Jeddah and Riyadh, Kingdom of Saudi Arabia, 2014; Clinical Infectious Diseases; DOI: 10.1093/cid/ciu812
Quelle/Text/Redaktion: uni-bonn.de