Nachholbedarf beim Gewächshausbau

(aid) – Gewächshäuser bieten die Möglichkeit, Kunden lokale Ware mit verlängerter Saison oder sogar ganzjährig anzubieten. Außerdem lässt sich der Anbau besser kontrollieren als im Freiland. 4.000 Hektar unter Glas in Deutschland sind im Vergleich sehr wenig. In den Niederlanden sind es dreimal so viel. Andere Beispiele: Allein Almeria in Spanien kommt auf 30.000 ha, Korea und Japan auf jeweils 55.000 und für China schätzt Professor Dr. Uwe Schmidt von der TU Berlin die Gewächshausfläche auf über eine Million Hektar.

Begrenzende Faktoren für den vergleichsweise geringen Anteil an Gewächshausfläche in Deutschland sind Energiekosten und höhere Verkaufspreise, die kaum durchsetzbar scheinen. Wie zumindest die Energiekosten mit zahlreichen technischen Möglichkeiten deutlich reduziert werden können, stellte Schmidt nach Abschluss des Verbundprojekts „Zukunftsinitiative Niedrigenergie Gewächshaus“ zum Jahresende 2014 auf der Internationalen Messe Fruit Logistica in Berlin vor.

Eine Isolierverglasung zum Wärmeschutz plus dreifacher Abschirmung kann bis zu 70 Prozent Energieeinsatz einsparen. Die damit verbundenen Probleme erhöhte Luftfeuchte, veränderte Transpiration und zu geringe Lichtdurchlässigkeit wurden bis Projektende erfolgreich bearbeitet. Die Gärtner müssen bei steigender „Isolierung“ des Gewächshauses mit neuen Kulturmaßnahmen lernen umzugehen, sagte Schmidt.

Da Pflanzen nach Wärmesummen wachsen und nicht abhängig sind von der Belichtungszeit, kann beispielsweise im Gewächshaus auch nachts die Beleuchtung fahren, wenn Strom wegen der geringeren Nachfrage günstiger ist. Nach Schmidt experimentieren Wissenschaftler in Dänemark an einem Projekt, bei dem tagsüber nicht genutzter Strom wieder zurückgespeist werden kann. So bieten sich Gewächshäuser für die Energiewende als zusätzliches Speichermedium an. In einem Berliner Projekt wurde ein oberirdischer Wassertank als Speicher für Regenwasser und Wärmeenergie genutzt, der, so wirbt Schmidt, auch fluktuierende erneuerbare Energie im Netz ausgleichen könne.

Noch einen Schritt weiter geht eine Firma aus den Niederlanden, die mittlerweile komplett von der Außenwelt abgeschottete Gewächshäuser baut. Nahezu klimaneutral an Kraftwerken angebunden, nutzen sie die Luft als neuen Produktionsfaktor und können den Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre pflanzengerecht steuern. Zusammen mit einer vollautomatischen Klimaregelung lassen sich Wasser- und Nährstoffzufuhr minimieren.

Einsparungen sind auch bei der Verarbeitung möglich. In den Niederlanden sind inzwischen beim Rosenschnitt Roboter auf ihrem Weg durch die Gewächshäuser. Und im Rahmen des EU-Projekts „PickNPack“ bauen 14 Forschungsinstitute der Universität Wageningen im Frühjahr 2016 eine sensorgesteuerte automatisierte 20 Meter lange Sortier-, Pack- und Verladestraße für Obst und Gemüse zusammen. Computerspezialist Rick van de Zedde sieht in der fortschreitenden Technik neue Einkommensmöglichkeiten für den Gartenbau. Ohne Weiterentwicklung sei dieser Sektor in Nordamerika und Westeuropa weltweit kaum mehr wettbewerbsfähig.

Verschiedene Fachvorträge der Fruit Logistica haben gezeigt, dass von der Produktion über die Ernte bis zur Logistik noch viel Potenzial in den Gewächshäusern steckt. Und am Ende, so erläuterte Schmidt, wiesen die Nutzpflanzen in der optimierten Gewächshausatmosphäre sogar mehr sekundäre Pflanzenstoffe auf als Gemüse aus dem Freiland.
Roland Krieg, www.aid.de

Weitere Informationen:

www.picknpack.eu
www.zineg.net

aid-Heft „Heizkosteneinsparung im Unterglasgartenbau“
Bestell-Nr. 1526, Preis: 4,00 Euro
www.aid.de/shop/shop_detail.php?bestellnr=1526

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