Service ohne Einschränkungen

Mit Präzision zum Wohlfühlen: Igor Hamm und Hotelchef Timo Witt (li.) beim Eindecken eines Konferenzraums. Foto: LWL/Arendt
Mit Präzision zum Wohlfühlen: Igor Hamm und Hotelchef Timo Witt (li.) beim Eindecken eines Konferenzraums. Foto: LWL/Arendt

Im Flussbett Hotel in Gütersloh arbeiten 40 Menschen – knapp die Hälfte davon hat eine Behinderung. Gemeinsam schafft das Team eine Wohlfühlatmosphäre für die Gäste, die sich auch belegen lässt: Die Auslastung des Hotels liegt über dem regionalen Schnitt.

Igor Hamm bereitet den Konferenzraum für den kommenden Tag vor: Er platziert einen Block mit Karomuster sorgfältig auf dem Tisch, legt einen grünen Kugelschreiber diagonal von rechts oben nach links unten darauf. Dazu gibt es ein Tütchen mit Gummibärchen auf jedem Sitzplatz. Igor Hamm arbeitet konzentriert, hat keinen Blick für die Idylle vor dem großen Fenster übrig. Dort stehen auf einer Wiese hoch gewachsene Bäume, zwischen denen ein schmaler Bach fließt: Die Dalke.

Das Auge isst mit: Igor Hamm richtet im Restaurant des Flussbett Hotels Tische fürs abendliche Festmenü her. Foto: LWL/Arendt
Das Auge isst mit: Igor Hamm richtet im Restaurant des Flussbett Hotels Tische fürs abendliche Festmenü her.
Foto: LWL/Arendt

Hervorragende Belegungsquote

„Das passt, Igor. Sie können dann im Restaurant die Tische eindecken“, sagt Timo Witt, der den jungen Mann bei der Arbeit beobachtet hat. Der Geschäftsführer des Flussbett Hotels in Gütersloh sieht zufrieden aus. Sein Mitarbeiter, der seit zwei Jahren in dem Haus arbeitet, hat wieder eine Aufgabe gut erledigt.

Igor Hamm freut sich über seine Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt. Foto: LWL/Arendt
Igor Hamm freut sich über seine Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Foto: LWL/Arendt

Die Gäste können kommen. Der Arbeitsalltag von Timo Witt unterscheidet sich deutlich von dem anderer Hotelchefs: Von seinen regulären Mitarbeitern haben sieben eine Behinderung – wie Igor Hamm. Gemeinsam schafft es das Team, ein erfolgreiches Hotel zu betreiben, mit einer Belegungsquote von 67 Prozent und vielen Stammgästen, vor allem Geschäftsreisenden. „Im Gütersloher Hotelmarkt liegen wir damit weit vorn bei der Auslastung“, sagt Timo Witt.

Der Personaleinsatz dafür ist allerdings hoch und liegt weit über dem branchenüblichen Durchschnitt. Das funktioniert, weil das Flussbett Hotel an der Dalke keine Überschüsse erwirtschaften muss. „Unser Gewinn sind die Arbeitsplätze für Menschen mit körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderungen“, erklärt Witt. Möglich macht das der besondere Aufbau des Unternehmens. Es gehört zur wertkreis Gütersloh gGmbH, die aus den Werkstätten für behinderte Menschen hervorgegangen ist.

Unterstützt wird das Hotel vom LWL, der den Minderleistungsausgleich und den besonderen Betreuungsaufwand finanziert. Hinzu kam ein Investitionszuschuss beim Umbau des Hotels. Gemeinsam mit anderen Partnern zahlt der LWL über das Projekt »Übergang Plus« zudem für diejenigen, die aus einer Werkstatt für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wechseln wollen. „Diese Zahlungen stehen jedem Arbeitgeber zur Verfügung“, sagt Timo Witt, „ohne sie wäre es schwierig, sich am Markt zu behaupten.“

Hotelchef Timo Witt setzt auf soziales Miteinander bei der Arbeit. Foto: LWL/Arendt
Hotelchef Timo Witt setzt auf soziales Miteinander bei der Arbeit.
Foto: LWL/Arendt

Die Leitung des Flussbett Hotels findet Witt immer wieder spannend. In seinem Job könne er zwei Dinge verbinden, die ihn interessierten: Die Hotellerie und die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen. Nach seiner Ausbildung zum Hotelfachmann studierte Witt Betriebswirtschaftslehre. Um sein Studium zu finanzieren, jobbte er sechs Jahre lang im Lindenhof, einem Ausbildungshotel des Berufsbildungswerks Bethel. „Ich habe dort gemerkt, was man erreichen kann, wenn Menschen mit Behinderungen die richtige Unterstützung gegeben wird.“

Eine erfüllende Arbeit

Direkt nach dem Studium bekam er das Angebot, das Elisabeth-Hotel in Detmold zu leiten – das Haus haben Eltern von jungen Menschen mit Behinderungen gegründet, um Arbeitsplätze für ihre Kinder zu schaffen. „Ich habe mir das zuerst nicht ganz zugetraut, aber schon in der Probezeit gemerkt, dass das eine sehr erfüllende Arbeit ist.“ Auch im Flussbett Hotel, wo er vor drei Jahren startete, gefällt Witt das soziale Miteinander. Ebenso wichtig ist ihm aber auch die gute Arbeitsleistung, die seine Mitarbeiter erbringen. „Wir müssen als Integrationshotel immer besser sein als andere Häuser, weil schlechte Leistungen sonst auch auf unser Konzept zurückfallen. Die Gäste kommen ja nicht, weil wir Menschen mit Behinderungen beschäftigen, sondern weil wir eine gute Atmosphäre schaffen.“

Auch deswegen wird die Zusammensetzung der Belegschaft nicht offensiv nach außen getragen. Viel wichtiger ist es, Kollegen mit Behinderungen an der richtigen Stelle einzusetzen. „Im Housekeeping zum Beispiel arbeiten oft Männer und Frauen mit psychischen Erkrankungen, die klare Aufgaben zu bestimmten Zeiten in der immer gleichen Struktur erledigen können. Situativem Stress dagegen wären sie nicht gewachsen“, sagt Timo Witt. „Ich muss immer schauen, welche Aufgaben ich an wen verteile. Der Mensch steht bei uns eben immer im Mittelpunkt – als Gast ebenso wie als Mitarbeiter.“

Hintergrund Integrationsunternehmen

In Westfalen-Lippe gibt es zurzeit rund 150 Integrationsunternehmen oder -abteilungen in größeren Firmen aus Industrie, Handel und Gewerbe, in denen rund 1450 Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten. Die Betriebe, die in der Regel zwischen 25 und 50 Prozent Mitarbeiter mit Handicaps beschäftigen, sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständig. Sie müssen sich wie jedes andere Unternehmen am freien Markt behaupten. Der LWL unterstützt diese Firmen mit Mitteln aus der Ausgleichsausgabe, die Unternehmen leisten müssen, die nicht mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Mitarbeitern besetzen. Die Integrationsunternehmen bekommen Zuschüsse zu Investitionen, betrieblichem Mehraufwand, Betreuung und Lohnkosten. An der Finanzierung beteiligen sich auch die Bundesagentur für Arbeit und das Land Nordrhein-Westfalen über das Programm „Integration unternehmen!“. Die Arbeitsplätze sind im Schnitt mit 7.100 Euro pro Jahr deutlich kostengünstiger als die Plätze in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung (14.500 Euro pro Jahr).

Fakten zur Messe
LWL-Messe der Integrationsunternehmen
Arbeit, Qualität, Inklusion
Halle Münsterland in Münster
9. April von 9 bis 17 Uhr geöffnet.
Der Eintritt zur Messe ist kostenlos.

Der LWL hat ein Internetportal zu sämtlichen Integrationsunternehmen in Westfalen-Lippe produziert. Auf den Seiten unter: http://www.integrationsunternehmen-westfalen.lwl.org finden Interessierte Unternehmensporträts, Interviews, Hintergrundtexte, Datenbanken und alle weitere Informationen zum Thema. Hier gibt es auch Informationen zur Messe. Außerdem hält der LWL die Öffentlichkeit über den Facebook-Account www.facebook.com/iu.westfalen auf dem Laufenden. Zudem ist in den App-Stores von Apple und Android eine App zur Messe erschienen.

LWL-Integrationsamt Westfalen
Von-Vincke-Str. 23-25
48143 Münster
Karte und Routenplaner

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