Nicht nur Kerzen flackern: Auch photonische Bose-Einstein-Kondensate ändern andauernd ihre Leuchtintensität. Physiker der Universität Bonn haben diese theoretisch vorhergesagte Eigenschaft der „Super-Photonen“ nun erstmals experimentell nachweisen können. Das Flackern lässt sich eventuell für optische Anwendungen nutzen. Die Ergebnisse werden nun in den „Physical Review Letters“ vorgestellt.
Photonen sind winzige unteilbare Licht-Portionen. Unter geeigneten Bedingungen lassen sich viele tausend dieser „Licht-Atome“ zu einem Super-Photon verschmelzen. Physiker sprechen von einem photonischen Bose-Einstein-Kondensat. Man kennt derartige Kondensate von normalen Atomen. Theoretisch wurde zwar postuliert, dass sie sich auch aus Lichtpartikeln erzeugen lassen sollten. Ihre praktische Herstellung wurde aber lange für unmöglich gehalten. Als der Arbeitsgruppe um den Bonner Physiker Prof. Dr. Martin Weitz dieser Schritt Ende 2010 erstmals gelang, galt das in der Fachwelt als kleine Sensation.
Super-Photonen verhalten sich in vielen Aspekten wie Laserlicht. Mit einem wichtigen Unterschied: Laser strahlen sehr gleichmäßig. Photonische Bose-Einstein-Kondensate können dagegen flackern – so sagt es zumindest die Theorie voraus. Und exakt diese Voraussage konnten die Bonner Physiker nun experimentell bestätigen. „Die Intensität unserer Super-Photonen schwankt“, erläutert Prof. Weitz. „Mal leuchten sie stärker, mal weniger stark.“
Rasante Intensitäts-Änderung
Das Flackern einer Kerze lässt sich mit bloßem Auge sehen. Die Super-Photonen flackern dagegen extrem schnell: Ihre Intensität ändert sich viele hundert Millionen Mal pro Sekunde. „Das ist auch ein fundamentaler Unterschied zu atomaren Bose-Einstein-Kondensaten“, betont Prof. Weitz. Um Atome zu kondensieren, muss man sie sehr stark abkühlen und genügend von ihnen auf kleinem Raum konzentrieren. Wenn man das tut, werden sie plötzlich ununterscheidbar: Sie verhalten sich wie ein einziges riesiges „Superteilchen“. Solange dieses Superteilchen existiert, enthält es immer dieselbe Menge an Atomen.
Die Herstellung eines Super-Photons funktioniert ganz ähnlich: Man sperrt eine Menge Photonen auf kleinem Raum zusammen und kühlt sie gleichzeitig ab. Die Kühlung erfolgt beispielsweise durch Zugabe von Farbmolekülen. Diese wirken wie kleine Eisschränke: Sie verschlucken „warme“ Lichtteilchen und spucken sie anschließend gekühlt wieder aus.
Auch wenn sich das Super-Photon bereits gebildet hat, dauert dieser Prozess an: Immer wieder kollidieren einzelne Lichtpartikel aus dem Super-Photon mit den Farbstoff-Molekülen, werden von ihnen verschluckt und anschließend wieder ausgespuckt. Das photonische Bose-Einstein-Kondensat besteht also in einem Moment aus 10.000 Lichtpartikeln, ein paar Milliardstel Sekunden später vielleicht nur noch aus 1.000 und wieder später aus 17.000. Diese starken Schwankungen beobachtet man aber nur, wenn sehr viele Farbstoff-Moleküle vorhanden sind.
Neue technologische Möglichkeiten
Das Flackern der Super-Photonen eröffnet eventuell auch neue technologische Möglichkeiten. Momentan wird bei der Erzeugung feiner Strukturen häufig Laserlicht eingesetzt. Licht besteht aus Wellen. Wenn man zwei Laserstrahlen übereinander legt, können sich diese Wellen addieren oder auslöschen – je nachdem, wie die Wellenberge und -täler aufeinander treffen. Dieses Phänomen nennt sich Interferenz; bei manchen technologischen Anwendungen ist es äußerst unerwünscht.
„Photonische Bose-Einstein-Kondensate interferieren deutlich weniger miteinander“, sagt Prof. Weitz. „Da die Höhe der Wellenberge ebenso wie die Tiefe der Täler schwankt, ist es sehr viel unwahrscheinlicher, dass sich ein Berg und ein Tal gegenseitig genau auslöschen.“
Publikation: Observation of grand-canonical number statistics in a photon Bose-Einstein condensate; Physical Review Letters (DOI: 10.1103/PhysRevLett.112.030401)