Schlagwort-Archiv: Geschichte

„Zeitenwende“ – wie die Moderne aufs Land kam

Hochrad um 1885. Foto: LWL
Hochrad um 1885.
Foto: LWL

Die industrielle Revolution und die durch sie angestoßenen Umbrüche läuteten auch in Westfalen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Zeitenwende ein. Fotodokumente aus dieser Phase sind rar gesät. Umso mehr freut sich der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), dass er über 2.000 Glasnegative des Fotoateliers Jäger aus Harsewinkel (Kreis Gütersloh) in das Bildarchiv seines LWL-Medienzentrums für Westfalen übernehmen konnte.

Unter dem Titel „Zeitenwende“ hat der LWL in einer Wanderausstellung und einem Bildband die aussagekräftigsten Bilder zusammengestellt. Die Ausstellung ist in der Zeit vom 20. Oktober bis zum 1. Dezember im Bauernhaus Museum zu sehen.

Das Besondere an der Sammlung: „Über 100 Jahre lang haben vier Generationen des 1884 gegründeten Fotoateliers Bilder ihrer Heimat geliefert. Die Fotos zeigen, wie sich der Ort vom späten Biedermeier hin zur Moderne entwickelte“, erklärt Dr. Volker Jakob, Leiter des Bild-, Film-, Tonarchivs im LWL-Medienzentrum.

Der Klosterbrand in Marienfeld im Jahr 1900. Foto: LWL
Der Klosterbrand in Marienfeld im Jahr 1900.
Foto: LWL

„Paradigmatisch lässt sich auf Grund einer gesicherten Überlieferung die technische, wirtschaftliche und ästhetische Geschichte des fotografischen Gewerbes im ländlichen Raum Westfalen skizzieren. Eine einzigartige Gelegenheit, orts- und landesgeschichtliche Aspekte der Geschichte der Fotografie in Westfalen zueinander in Beziehung zu setzen“, so Jakob weiter.

Die Ausstellung zeigt eine Auswahl von 40 Bildern, darunter Porträts, Motive vom Leben auf dem Land sowie Aufnahmen von Gebäuden. „Die Bilder veranschaulichen, dass der Einbruch der Moderne im ländlichen Westfalen mit dem Verschwinden alter Traditionen einher ging“, sagt Verena Burhenne vom LWL-Museumsamt.

Der Fotograf Johann Hermann Jaeger um 1900. Foto: LWL
Der Fotograf Johann Hermann Jaeger um 1900.
Foto: LWL

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, in dem 152 Bilder aus der Sammlung zu sehen sind. Volkskundler, Fotografen und Historiker erklären einleitend die westfälische Fotografie am Ende des 19. Jahrhunderts, geben einen Überblick über Arbeit und Freizeit auf dem Land zwischen 1890 und 1930 und skizzieren die Geschichte Harsewinkels zwischen 1800 und 1914.

Zeitenwende
Aspekte der westfälischen Fotografie im späten 19. Und frühen 20. Jahrhundert

Eine Fotoausstellung des LWL-Medienzentrums
und des LWL-Museumsamtes für Westfalen
Bauernhaus Museum, Dornberger Straße 82 in 33619 Bielefeld
20. Oktober bis 1. Dezember
Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10 bis 18 Uhr
samstags, sonntags und feiertags 11 bis 18 Uhr

Porträt von Schnieder-Moer aus dem Jahr 1884. Foto: LWL
Porträt von Schnieder-Moer aus dem Jahr 1884.
Foto: LWL

Bildband Zeitenwende
139schwarz-weiß Fotos, 12 Color-Fotos, 212 Seiten
ISBN 978-3-86206-202-7, 19,90 Euro

LWL-Einrichtung:
LWL-Medienzentrum für Westfalen
Fürstenbergstr. 14
48147 Münster
Karte und Routenplaner

Heimat im Schuhkarton

Was ist Heimat? Eine allgemeingültige Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Wo und wann Heimatgefühle aufkommen, das ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Solchen ganz individuellen Empfindungen wollen nun die Kulturabteilung des Kreises und das kreiseigene Hamaland-Museum in Vreden auf die Spur kommen. Unter dem Titel „Heimat im Schuhkarton“ sind Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, sich mit ihrer Definition von „Heimat“ auseinanderzusetzen.

 Landrat Dr. Kai Zwicker hofft gemeinsam mit Nina Rockrohr aus der Kulturabteilung des Kreises, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger an dem Projekt "Heimat im Schuhkarton" beteiligen.
Landrat Dr. Kai Zwicker hofft gemeinsam mit Nina Rockrohr aus der Kulturabteilung des Kreises, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger an dem Projekt „Heimat im Schuhkarton“ beteiligen.

Das Projekt mündet in eine Ausstellung, die am 10. November im Hamaland-Museum eröffnet werden soll. „Sie wird in vielerlei Facetten zeigen, was ‚Heimat‘ für die Bewohnerinnen und Bewohner des deutsch-niederländischen Grenzraums bedeutet“, ist Landrat Dr. Kai Zwicker überzeugt. Er ruft die Bürgerinnen und Bürger daher dazu auf, eigene Beiträge zu leisten: „Stellen Sie in einem Schuhkarton dar, was Sie mit dem Begriff verbinden; also wo und wann bei ihnen Heimatgefühle aufkommen“, lautet sein Appell. Der Kreis Borken will die Ergebnisse als Anregungen für die weitere Konzeption des geplanten Regionale-Projekts „Kulturhistorisches Zentrum Westmünsterland“ nutzen. Denn dort soll es auch darum gehen, was die Identität der Menschen in der Region ausmacht.

Die Kartons können bis zum 25. Oktober 2013 im Kreishaus in Borken, im Hamaland-Museum in Vreden oder in den Bürgerbüros der Kommunen im Kreis Borken abgegeben werden. Wer seinen Schuhkarton per Post auf die Reise schicken möchte, sendet das Paket an den Kreis Borken, Kultur und Heimatpflege, Burloer Straße 93, 46325 Borken.
„Der Kreativität sind bei der Gestaltung der Kartons keine Grenzen gesetzt“, erklärt Nina Rockrohr aus der Kulturabteilung des Kreises, die das Projekt koordiniert. Es könne etwas hineingepackt werden, die Schuhkartons könnten aber auch kreativ ausgestaltet werden. „Vorgaben für Materialien und Inhalte gibt es nicht“, ergänzt Dr. Annette Menke, Leiterin des Hamaland-Museums.

Teilnehmen an der Aktion können sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen wie beispielsweise Schulklassen, Sportvereine oder Freundeskreise. Jedem Karton sollte überdies eine kurze Erläuterung beigefügt werden, aus der hervorgeht, warum gerade mit dem Inhalt Heimatgefühle verbunden werden.

Die „Heimat-Schuhkartons“ werden nicht nur im Museum präsentiert, sondern die aus Sicht einer fachkundigen Jury aussagekräftigsten auch prämiert. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Chance auf attraktive Preise: eine Ballonfahrt über das Münsterland, eine Tour durch den „Naturpark Hohe Mark“, Gutscheinbücher und vieles mehr.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter: www.hamaland-museum.de/schuhkarton.html und telefonisch bei Nina Rockrohr, Tel.: 02861/82-1358.

Kriege am Rhein

Wie nehmen Menschen einen permanenten Kriegszustand war? Egal ob Syrien im Jahr 2013 oder das Rheinland in der Frühen Neuzeit. Niemand weiß, woher die Gefahr kommt, wann das nächste Mal etwas passieren wird, oder gar wie man sich und seine Familie vor Gefahren schützen könnte. In Bonn treffen sich am Montag und Dienstag, den 16. und 17. September, Experten aus dem In- und Ausland im Rahmen der Herbsttagung der Abteilung für Rheinische Landeskunde und des Vereins für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande, um über Krieg und Kriegserfahrung im Westen des Reiches im ereignisreichen 17. Jahrhundert zu diskutieren. Gäste sind zur Tagung herzlich willkommen, aber aus organisatorischen Gründen ist eine Anmeldung erforderlich. Außerdem finden öffentliche Abendvorträge statt, für die keine Anmeldung nötig ist.

Vom späten 16. bis in das frühe 18. Jahrhundert war der Westen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation fast ununterbrochen von den europäischen Kriegen der Epoche betroffen. Der Unabhängigkeitskampf der nördlichen Niederlande, der 30-jährige Krieg oder auch die Expansionskriege Ludwigs XIV. hinterließen ihre Spuren im Rheinland. Immer wieder zogen Söldnerheere durch die Region und verwüsteten Städte und Dörfer. Flüchtlinge aus den direkten Kriegsgebieten fanden hier Zuflucht. So kam es zu einem so vorher nie dagewesenen Austausch zwischen Fremden und Ortsansässigen.

Bonn war ebenfalls von diesem permanenten Kriegszustand betroffen. Im 17. Jahrhundert wurde die mittelalterliche Stadtmauer zu einer frühneuzeitlichen Festung erweitert. Auch heute prägt die Bastion des 17. Jahrhunderts das Bonner Stadtbild: Der alte Zoll, das Sterntor, wie auch die Reste der Heinrich-Bastion, die am Friedensplatz gefunden wurden, waren Teil des Verteidigungswalls. Viel genützt hat die neue Mauer allerdings nicht. Immer wieder wurde Bonn angegriffen und erobert. Im Zuge des pfälzischen Erbfolgekrieges wurde die Stadt 1689 von Beuel aus stark mit Kanonen bombardiert und fast gänzlich zerstört.

Permanenter Kriegszustand

„Erfahrungen, die man heutzutage wieder besser nachvollziehen kann“, sagt Dr. Andreas Rutz, Mitarbeiter in der Abteilung für Rheinische Landesgeschichte in Bonn. „Auch heute sind wir durch den Terrorismus einer latenten Gefahr ausgesetzt.“ Die Menschen wurden damals durch Flugblätter und Zeitungen über neue Belagerungen und Kriegszustände benachrichtigt – jedoch eher im Wochenrhythmus, statt wie heute im Minutentakt. Ein weiteres Problem war die hohe Analphabetenquote: Nicht alle Menschen konnten lesen. Daher wurde vermehrt mit Bildern gearbeitet. Die Informationen wurden aber auch vorgelesen und mündlich weitergegeben.

Krieg und Kriegserfahrung am Rhein

Doch wie wurden dieser permanente Kriegszustand und die Gewalt von den Menschen wahrgenommen? Anders als heute? Ähnlich? In Bonn versucht man Antworten auf diese Fragen zu finden. Am Montag und Dienstag,16. und 17. September 2013, findet die Herbsttagung der Abteilung für Rheinische Landesgeschichte in Verbindung mit dem Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande im Hauptgebäude der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn statt. Zwei Tage lang sind u.a. auch internationale Experten eingeladen, nach Bonn zu kommen und hier über Krieg und Kriegserfahrung im Westen des Reiches im langen 17. Jahrhundert zu diskutieren.

Die Vorträge decken dabei ein umfangreiches Spektrum ab: Die Gewalterfahrungen der Bevölkerung und die Lebenssituation der Soldaten werden ebenso thematisiert, wie die Auswirkungen der Kriege auf die regionale Wirtschaft und das Bildungswesen, sowie die Wahrnehmung der Ereignisse in Flugschriften und Literatur. Außerdem wird die komplette Bonner Stadtbefestigung nach neuesten Erkenntnissen während eines Vortrags am Dienstag, den 17. September 2013, um 16.45 Uhr im Hörsaal IX des Universitätshauptgebäudes von Guido von Büren und Dr. Marc Grellert in 3D rekonstruiert.

Die Tagung beschäftigt sich nicht nur mit Krieg und Gewalt, sondern hält auch Beiträge zur Friedensforschung bereit: Prof. Dr. Maximilian Lanzinner vom Zentrum für Historische Friedensforschung (ZHF) der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn hält im Rahmen der Tagung einen öffentlichen Abendvortrag über die Friedenssicherung im Reich in dieser Zeit. Der Vortrag findet am Montag, den 16. September, um 18.15 Uhr im Festsaal des Universitätshauptgebäudes statt. Gäste sind willkommen.

Informationen zur Tagung: www.landesgeschichte.uni-bonn.de

Programm unter: www.landesgeschichte.uni-bonn.de/flyer-herbsttagung-2013

Westfälische Bierbrauer in der Industrialisierung

Historischer Briefkopf der Löwenbrauerei aus den 1880er Jahren Foto: WWA Dortmund
Historischer Briefkopf der Löwenbrauerei aus den 1880er Jahren Foto: WWA Dortmund

Bierbrauen war ursprünglich städtisches Privileg

Westfälische Bierbrauer in der Industrialisierung standen im September im Mittelpunkt eines Vortrages von Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs in Dortmund, zu dem der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in sein Freilichtmuseum Hagen eingeladen hatte.

Die Entwicklung der deutschen Brauwirtschaft befand sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in einer seit dem Mittelalter andauernden Phase wirtschaftlicher Stagnation. Bierbrauen war ursprünglich städtisches Privileg und auf dem Lande lediglich adeligen Gütern, Ämtern und Domänen für den eigenen Bedarf gestattet. Zünftiges Brauchtum und vorindustrielle städtische Elitenbildung waren in kaum einem anderen Gewerbe stärker ausgeprägt als in der städtischen Brauerzunft und standen einem Aufschwung im Wege. Auch die erste Industrialisierungswelle in den 1850er Jahren war an der deutschen Brauwirtschaft noch weitgehend vorbeigegangen.

Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs in Dortmund Foto: WWA Dortmund
Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs in Dortmund
Foto: WWA Dortmund

Um 1860 schien selbst in den dynamisch wachsenden Ballungszentren des Ruhrgebiets der Übergang zum modernen Industriebetrieb noch in weiter Ferne. Es folgte eine rasante Entwicklungsphase. Nach einem Exposé des wirtschaftlichen Ausschusses der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin betrug der Wert der deutschen Biererzeugung um 1900 über 910 Mio. Mark und rangierte damit sogar vor der Steinkohlenförderung und der Eisen- und Stahlindustrie. Die deutsche Brauwirtschaft hatte schon in den 1890er Jahren England als Weltmarktführer abgelöst und von Deutschland gingen wichtige Impulse für weltwirtschaftliche Wachstumsprozesse der Brauwirtschaft aus. Eine wichtige Rolle spielte dabei Westfalen mit Dortmund als Zentrum.

Was waren die Ursachen für diesen Entwicklungsprozess, in dem aus den traditionellen handwerklichen Braustätten in nur wenigen Jahrzehnten moderne „Bierfabriken“ wurden? Dr. Karl-Peter Ellerbrock skizzierte zunächst den Weg der Brauwirtschaft ins Industriezeitalter und betrachtete dabei die wesentlichen Faktoren für den Übergang des handwerklichen Bierbrauens zum industriellen Großbetrieb. Anschließend fragte er am Beispiel der Familie Mauritz nach den unternehmerischen Leistungen und der technologischen Innovationskraft, die dieser Entwicklung zugrunde liegen.

LWL-Freilichtmuseum Hagen
Westfälisches Landesmuseum für Handwerk und Technik

Mäckingerbach
58091 Hagen-Selbecke
Karte und Routenplaner

Link:
Bierbrauer – Bücher und andere Produkte

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...