Schlagwort-Archiv: Medizin

Zahl der Patienten mit Osteoporoseerkrankungen gestiegen

Im Jahr 2012 wurden in den nordrhein-westfälischen Krankenhäusern 13 650 Patientinnen und Patienten mit einer diagnostizierten Osteoporoseerkrankung (Knochenschwund) stationär behandelt. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als statistisches Landesamt anlässlich des Welt-Osteoporose-Tages (20. Oktober 2013) mitteilt, waren das 0,6 Prozent weniger als 2011 (13 700), aber 19,3 Prozent mehr als 2006 (11 400). Knapp zwei Drittel (65,3 Prozent) der behandelten Kranken waren Frauen.

Osteoporose ist nicht ausschließlich eine Erkrankung älterer Menschen, allerdings werden die Folgen von Osteoporoseerkrankungen meist erst im höheren Alter sichtbar. 83,6 Prozent der Patienten waren 40 Jahre und älter, gut zwei Drittel (68,6 Prozent) mindestens 60 Jahre alt und knapp ein Drittel (31,3 Prozent) mindestens 80 Jahre alt. Aber auch Kinder und Jugendliche können an dieser Erkrankung leiden: Im Jahr 2012 waren 3,7 Prozent aller Osteoporose- Patienten minderjährig. Bei diesen insgesamt 510 Kindern und Jugendlichen wurde in der Mehrzahl der Fälle eine verminderte Heilfähigkeit bei einer erlittenen Fraktur behandelt.

Zu den hier betrachteten Osteoporoseerkrankungen zählen Osteoporosen mit oder ohne pathologische(n) Frakturen, aber auch Osteomalazien (Knochenerweichungen) sowie sonstige Veränderungen der Knochendichte und -struktur. Nicht berücksichtigt wurden in der vorliegenden Auswertung die auf Vitaminmangel zurückzuführenden Knochenanomalien bei Kindern und Jugendlichen (Rachitis).

In der Krankenhausdiagnosestatistik werden die vollstationär behandelten Patienten nach ihrer Hauptdiagnose einschließlich Stundenfälle (Patienten, die bereits am Aufnahmetag wieder aus dem Krankenhaus entlassen wurden, in ein anderes Krankenhaus verlegt wurden oder am Aufnahmetag verstarben) ausgewiesen. Als Hauptdiagnose gilt dabei die Diagnose mit dem größten Anteil an der Behandlungsdauer bzw. an der medizinischen Leistung. (IT.NRW)

Krebserkrankungen in frühen Stadien erkennen

Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben eine neue spektroskopische Methode entwickelt, die Pathologen bei der Krebsdiagnose unterstützt. In den Fachzeitschriften „Journal of Biophotonics“ und „Analyst“ verglichen sie die mit der sogenannten Marker-freien „Spektralen Histopathologie“ gewonnenen Ergebnisse mit denen herkömmlicher Diagnoseverfahren am Beispiel Dickdarmkrebs. „Im Gegensatz zu bisherigen Methoden müssen wir das Gewebe nicht mehr färben, um Krebs zu erkennen“, sagt Prof. Klaus Gerwert vom Proteinforschungskonsortium PURE (Protein Research Unit Ruhr within Europe) der RUB. „Das eröffnet die Möglichkeit, Proben in Zukunft automatisch als krankes oder gesundes Gewebe zu klassifizieren.“

Diagnose Dickdarmkrebs

Die Diagnose Dickdarmkrebs stellen Pathologen zurzeit, indem sie gefärbte dünne Gewebeschnitte aus einer Biopsie unter dem Mikroskop begutachten. Das geschieht in der Regel erst in einem fortgeschrittenen Stadium, und das Verfahren liefert keine Informationen über die molekularen Ursachen des Tumors. Die am RUB-Lehrstuhl für Biophysik etablierte Spektrale Histopathologie (SHP)-Methode erfasst hingegen direkt molekulare Veränderungen im Gewebe, insbesondere Proteinveränderungen. Sie funktioniert ohne Marker wie zum Beispiel Fluoreszenzfarbstoffe. Veränderungen detektiert sie schon in frühen Tumorstadien. Da die Analyse mit Lichtstrahlen erfolgt, kann man sie nicht nur auf dünne Gewebeschnitte aus Biopsien anwenden, sondern mit Hilfe von Lichtleitern auch direkt das Gewebe an der zu untersuchenden Stelle analysieren. „In Zukunft wollen wir die Spektrale Histopathologie gemeinsam mit klinischen Partnern endoskopisch, also direkt am Patienten einsetzen“, so Klaus Gerwert.

So funktioniert die Spektrale Histopathologie

Für die SHP zeichnen Forscher ortsaufgelöst Vibrationsspektren des Gewebes mit einem Infrarot- oder Raman-Mikroskop auf. Ein Vibrationsspektrum reflektiert den Zustand aller Proteine im Gewebe an der gemessenen Stelle. Verändern sich die Proteine im Gewebe aufgrund von Krebs, wandelt sich auch das zugehörige Spektrum. Jedes Spektrum ist dabei so charakteristisch für die Proteinveränderung wie ein Fingerabdruck für eine Person. Für ein einzelnes Gewebebild werden insgesamt rund zehn Millionen Infrarot-Spektren aufgenommen. Mit aufwendigen bioinformatischen Bildanalyseverfahren vergleichen die Wissenschaftler diese Spektren mit einer in PURE entwickelten Datenbank von Spektren bereits bekannter Gewebe und Tumore. Jedem Spektrum ordnet das Analyseprogramm einen in der Datenbank hinterlegten Gewebetypen zu, dargestellt durch eine bestimmte Farbe – genauso wie ein Täter durch Abgleich mit einer Datenbank anhand seines Fingerabdrucks identifiziert werden kann. Daraus ergibt sich ein ortsaufgelöstes annotiertes Bild des Darmgewebeschnitts. Die beiden PURE-Mitglieder Prof. Andrea Tannapfel, Direktorin des Instituts für Pathologie der RUB, und Prof. Dr. Axel Mosig, Leiter der Bioinformatik am Lehrstuhl Biophysik, waren maßgeblich daran beteiligt, die Datenbank und den Auswertalgorithmus zu erstellen. Das Auswertprogramm läuft mittlerweile auf einem handelsüblichen Laptop.

Vergleich mit klassischen Methoden zur Tumorerkennung

Um die Sensitivität und Spezifizität der Spektralen Histopathologie zu prüfen, verglich das RUB-Team die SHP-Ergebnisse mit klassischen immunohistochemischen Verfahren, bei denen Tumore durch Fluoreszenzmarker identifiziert werden. „Die Ergebnisse stimmten exzellent überein. Das zeigt eindrucksvoll, dass die Spektrale Histopathologie Änderungen der Gewebezusammensetzung hoch sensitiv und automatisiert nachweisen kann“, sagt Prof. Gerwert. Die Sensitivität und Spezifität der SHP liegen bereits über 95 Prozent und soll möglichst nah an 100 Prozent geführt werden. Durch Erweiterung auf das Raman-Imaging erzielte das RUB-Team eine höhere räumliche Auflösung im Vergleich zum Infrarot-Imaging, allerdings auf Kosten einer längeren Messzeit. „Beide Methoden ergänzen sich hervorragend“, so Klaus Gerwert. „Die Infrarot-Spektroskopie gibt schnell einen Überblick über den gesamten Gewebeschnitt. Mit Raman-Imaging können wir dann verdächtige Regionen genauer analysieren.“ Die Raman-Analyse detektiert etwa veränderte Zellkerne, die für Tumore charakteristisch sind.

Projektförderung

Fördermittel für das Projekt stammen vom Land NRW im Rahmen des Europäischen Proteinforschungsinstituts PURE, dessen Sprecher Prof. Gerwert ist.

Titelaufnahmen

A. Kallenbach-Thieltges, F. Großerüschkamp, A. Mosig, M. Diem, A. Tannapfel, K. Gerwert (2013): Immunohistochemistry, histopathology and infrared spectral histopathology of colon cancer tissue sections, Journal of Biophotonics, DOI: 10.1002/jbio.201200132

L. Mavarani, D. Petersen, S.F. El-Mashtoly, A. Mosig, A. Tannapfel, C. Kötting, K. Gerwert (2013): Spectral Histopathology of colon cancer tissue sections by Raman imaging with 532 nm excitation provides label free annotation of lymphocytes, erythrocytes and proliferating nuclei of cancer cells, Analyst, DOI: 10.1039/C3AN00370A

 

Neuer Ansatz im Kampf gegen MS

Forscher der Universität Bonn haben einen neuen, viel versprechenden Ansatz im Kampf gegen die Multiple Sklerose entdeckt. Zusammen mit Kollegen aus den USA und Belgien konnten sie einen Signalweg aufklären, der die Reparatur geschädigter Nervenzellen im Gehirn einleitet. Die Ergebnisse könnten die Tür zu völlig neuen Behandlungs-Strategien öffnen. Bis möglicherweise Patienten davon profitieren, werden aber noch Jahre vergehen, betonen die Wissenschaftler. Sie veröffentlichen ihre Resultate in der Fachzeitschrift „Science Signaling“.

Nervenzellen kommunizieren über elektrische Signale, die sie über ihre Fortsätze an die Nachbarzellen weiter geben. Damit das funktioniert, müssen diese Fortsätze gegenüber ihrer Umgebung isoliert sein. Sonst kommt es zu Kurzschlüssen, und die Signalweiterleitung wird verzögert oder gar komplett unterbrochen. Die Fortsätze gesunder Nervenzellen sind daher von einer isolierenden Schicht aus Fett und Proteinen umgeben, dem Myelin. Bei der Multiplen Sklerose greift das Immunsystem diese Myelin-Schicht an und zerstört sie. Folge sind beispielsweise Lähmungserscheinungen, die im Laufe der Erkrankung immer mehr zunehmen können. Viele Betroffene enden schließlich im Rollstuhl.

Als Gegenstrategie versucht die Medizin bislang, die Attacke des Immunsystems zu unterbinden. Das funktioniert jedoch nur zum Teil. Die neue Forschungsarbeit öffnet nun möglicherweise die Tür zu einer Behandlungs-Alternative: Die beteiligten Wissenschaftler haben nämlich einen Weg entdeckt, über den sich die geschädigten Hirnzellen eventuell reparieren lassen.

Zelluläres Isolierband

Im Zentrum dieser Strategie stehen die so genannten Oligodendrocyten. Diese Hirnzellen produzieren eine Art körpereigenes Isolierband. Damit umwickeln sie während der Hirnreifung in der Embryonalphase die Nervenzell-Fortsätze. Normalerweise hält diese Isolierung ein Leben lang. Sollte es doch zu kleineren Schäden kommen, treten die Oligodendrozyten wieder in Aktion.

Bei einem MS-Schub verlieren zahlreiche Nervenzellen in weiten Teilen des Gehirns binnen kurzer Zeit ihre Isolierung. Der natürliche Reparaturmechanismus reicht nicht aus, um diesen Flächenbrand zu löschen. Dazu bräuchte es schon eine Art Alarmknopf, mit dem sich die Isolierband-Produktion im Gehirn schlagartig beschleunigen lässt. Die Wissenschaftler haben nun augenscheinlich einen solchen Knopf gefunden – einen Rezeptor mit dem prosaischen Namen GPR17. In der MS-Forschung wird schon einige Zeit vermutet, dass GPR17 bei der Erkrankung eine wichtige Rolle spielt. Welche Rolle genau, darüber herrschte jedoch bislang Streit: Einige Arbeitsgruppen vertraten die These, dass GPR17 die Myelin-Produktion ankurbelt. Andere waren genau der gegenteiligen Ansicht.

„Wir haben nun erstmals eine Substanz gefunden, die den GPR17-Rezeptor spezifisch aktiviert“, erläutert Professor Dr. Evi Kostenis vom Institut für Pharmazeutische Biologie der Universität Bonn. „So konnten wir die Rolle des Rezeptors im Myelin-Stoffwechsel zweifelsfrei klären.“ Die Aktivierung von GPR17 verhindert demnach, dass die Oligodendrocyten heranreifen. Sie können dann ihrer Funktion als zelluläre Isolierband-Spender nicht nachkommen.

Asthma-Medikament kurbelt Myelin-Produktion an

In einem zweiten Schritt gelang es den Forschern, einen Hemmstoff für GPR17 zu identifizieren – eine Substanz namens Pranlukast. Die Substanz blockiert den Rezeptor und kurbelt so die Reifung der Oligodendrocyten an. „Für Pharmazeuten ist Pranlukast kein unbeschriebenes Blatt“, sagt Kostenis. „Es wird als Medikament gegen allergische Erkrankungen wie z.B. Asthma eingesetzt.“ Zur Behandlung von MS ist Pranlukast dagegen nicht geeignet, da es die Blut-Hirn-Schranke nicht durchdringen kann. Es gelangt also nicht in ausreichenden Mengen ins Gehirn. Die Bonner Wissenschaftler suchen daher momentan nach Alternativen, die diesen Nachteil nicht haben und gleichzeitig den GPR17-Rezeptor wirksam blockieren. „Bis es soweit ist, werden sicher noch einige Jahre ins Land gehen“, dämpft Evi Kostenis hoch gesteckte Erwartungen. „Dennoch ist das ein Ansatz, von dem wir uns viel versprechen.“

Das Forschungsprojekt wurde durch das Neuroallianz-Konsortium gefördert, das sich der Entwicklung von Diagnose- und Therapieverfahren zur Bekämpfung neurodegenerativer Erkrankungen verschrieben hat. Unter Federführung der Universität Bonn haben sich darin Partner aus Unternehmen, Wissenschaft und Klinik zusammengeschlossen, um die Forschung auf diesem Zukunftsfeld gemeinsam voranzutreiben. Das Konsortium wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert.

Publikation: Decoding Signaling and Function of the Orphan G Protein-Coupled Receptor GPR17 with a Small Molecule Agonist; Science Signaling, DOI: 10.1126/scisignal.2004350.

Weltneuheit wird erstmals eingesetzt

Am Herzzentrum der Universitätsklinik Bonn werden jetzt erstmalig auf der Welt Patienten einem interventionellen Aortenklappenersatz zugeführt, die bislang in dieser Form nicht behandelt werden konnten. Sie erhalten durch die Behandlung des Herzklappenfehlers eine Chance auf ein weiteres gutes Leben.

Herzklappenerkrankungen sind häufig  mit Leiden und hohen Sterberaten verbunden. Meistens haben die Patienten mit einem schwerwiegenden Herzfehler noch zahlreiche andere Erkrankungen, sind häufig älter und darüber hinaus gebrechlich. Dies macht die Behandlung der Herzklappenfehler sehr kompliziert. Konventionelle Maßnahmen wie eine Operation am offenen Herzen sind dann nur sehr schwer möglich, so dass die Patienten dem Schicksal des Herzklappenfehlers ausgeliefert sind. Die Katheter-gestützte Behandlung von Herzklappenfehlern hat dieses Gebiet revolutioniert und eine Therapie für ehemals unbehandelbare Patienten ermöglicht.

Leider sind diese Katheter-gestützten Herzklappensysteme aber nicht bei allen Patienten verwendbar, da diese interventionellen Herzklappen nicht bei allen Herzen Verwendung finden können. Außerdem müssen ausreichend große Blutgefäße vorhanden sein, damit diese Systeme von der Leiste aus ins Herz vorgebracht werden können- sozusagen als Transportweg zum Herzen. Für diese große Patientengruppe gibt es jetzt sehr gute neue Nachrichten.

„Ein Herzklappensystem wurde entwickelt, dass auch bei schwieriger Herzanatomie angewendet werden kann, darüber hinaus „repositionierbar“ ist und ggf. auch wieder ganz aus den Patienten entfernt werden kann“, so Prof. Dr. Georg Nickenig, vom Universitätsklinikum Bonn. Ein entscheidender Vorteil ist die geringe Größe der Katheter für die  Herzklappe; damit ist auch nur eine geringere Größe der Blutgefäße erforderlich, um diese Behandlung durchzuführen zu können.

Am Dienstag, 29.10.2013 werden zwei Klappen als LIVE OP Übertragung zum TCT San Francisco/USA, dem weltweit größten Kongress dieser Art mit ca. 12.000 Teilnehmern von der Universitätsklinik Bonn aus übermittelt.

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