Am Freitag, 8. Mai und Samstag, 9. Mai veranstaltet die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Bonn erneut die Bonner Orthopädie und Unfalltage (BOUT 2015). Unter dem Motto „Gefragt ist Rückgrat“ diskutieren etwa 800 Experten aus ganz Deutschland in der Bonner Kunst- und Ausstellungshalle über aktuelle Diagnose- und Therapieverfahren bei Verletzungen und Erkrankungen der Wirbelsäule. Dabei stellen sie sich auch der Frage, ob und wann eine Operation sinnvoll ist.
In den letzten Jahren ist die Zahl chirurgischer Eingriffe an der Wirbelsäule in Deutschland stark gestiegen. Kritiker sagen, viele davon seien unnötig – gerade bei einem Bandscheibenvorfall. Dabei verlagert sich eine zwischen den Wirbelknochen liegende Bandscheibe. Drückt diese auf Rückenmarks-Nerven, dann hat der Betroffene oft unerträgliche Schmerzen. Im Vordergrund der Behandlung stehen konservative Methoden wie Krankengymnastik und Schmerztherapie.
„Doch wenn gar nichts hilft und es durch zunehmende Nervenschädigung zu Taubheit und Lähmungen kommt, ist eine Operation der einzige Ausweg“, betont Prof. Dr. Dieter Christian Wirtz, Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Bonn. So sind zwar die Ergebnisse bei einem rein schmerzhaften Bandscheibenvorfall nach zehn Jahren vergleichbar; kommen aber Lähmungen hinzu, sind im Vergleich zur Operation die Ergebnisse einer reinen konservativen Behandlung eindeutig schlechter, denn Nervenschädigungen bilden sich nicht zurück. „Auch sind schwere verschleißbedingte Einengung des Wirbelkanals oder Instabilitäten nur operativ zu verbessern, wenn konservativ alle Maßnahmen ausgeschöpft sind.“
Dagegen sieht Prof. Wirtz eher bei den neuartigen minimal-invasiven Methoden die Tendenz, zu häufig die Methode der Wahl zu sein: „Gerade diese sind durch intensive konservative Therapiemaßnahmen vermeidbar, aber dafür mit einer längeren Therapiezeit verbunden.“ Unabhängig davon hängt der Behandlungserfolg immer wesentlich von der Mitarbeit des Patienten ab.
Universitäre Medizin bedeutet Operationen bei schwierigen Fällen
Die Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Bonn übernimmt vornehmlich komplizierte Operationen – ca. 1.000 pro Jahr. Hinzu kommen jährlich etwa 6.000 ambulante Untersuchungstermine wegen wirbelsäulen-bezogenen Problemen. Dabei behandelt die Klinik das gesamte Spektrum von degenerativen, rheumatischen und entzündlichen Erkrankungen über Wirbelbrüche, Verletzungen aller Schwierigkeitsgrade sowie Skoliosen bis hin zu Tumorerkrankungen. „Das Ziel unserer Behandlung ist stets, dass die Patienten möglichst schnell wieder mobil sind und so auch Lebensqualität zurückerhalten“, sagt Prof. Wirtz. Jedoch sei es immer eine individuelle Entscheidung, ob konservative Maßnahmen oder doch eher eine Operation in Frage kommen. Dies bedarf einer intensiven Abklärung mit allen diagnostischen Maßnahmen. So gehören zu einer differenzierten Fallabklärung neben den klinischen Untersuchungen auch immer eine Röntgenaufnahme und ein Magnetresonanz-Tomographie (MRT). Bei nicht eindeutigem Befund erfolgt eine stationäre Abklärung unter anderem mit einer neurologischen Untersuchung.
„Für unnötige Operationen besteht an unserem Hause gar keine Kapazität“, sagt Prof. Wirtz. „Zudem steht die Universitäre Medizin auch immer als ‚Lehrmeinung’ im Fokus; experimentelle Techniken oder wirtschaftlich getriebene Vorgehensweisen verbieten sich daher eigentlich von selbst.“ Und je besser die Indikationsstellung, desto besser sei auch die operative Erfolgsrate. So habe sich seit 2006 die Zahl der Operationen von 120 auf rund 1.000 pro Jahr erhöht, „aber nicht wegen einer Ausweitung der Indikation, sondern aufgrund unserer positiven Ergebnisse“, sagt Prof. Wirtz, dessen Klinik in der Bonner Region die komplexe Wirbelsäulen-Chirurgie anbietet.
Während der kostenlosen Ärzte-Fortbildung sind die Vorträge und Diskussionen für die interessierte Öffentlichkeit frei zugänglich.