Der Erste Weltkrieg in privaten Fotografien

"Erinnerungen an den Krieg" wurden häufig in besonderen Fotoalben archiviert, die meist eine entsprechende Beschriftung trugen. Für diese sogenannten "Kriegsalben" entstand ein regelrechter Markt. Foto: LWL
„Erinnerungen an den Krieg“ wurden häufig in besonderen Fotoalben archiviert, die meist eine entsprechende Beschriftung trugen. Für diese sogenannten „Kriegsalben“ entstand ein regelrechter Markt.
Foto: LWL

Welche „privaten“ Momente kann es in einem Krieg geben? Welches Bild möchte man als Soldat seinen Angehörigen nach Hause schicken? Was geschieht mit den Fotografien? Unter dem Titel „Der Erste Weltkrieg in privaten Fotografien“ beschäftigt sich das LWL-Freilichtmuseum Detmold in einer Kabinettausstellung mit diesen Fragen. Ab dem 1. August beteiligt sich das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) an dem bundesweiten Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

„Wir möchten unseren Besuchern vermitteln, welche Anlässe es für private Kriegsfotografie gab und welche Bedeutung diese Bilder für die Angehörigen hatten. Denn die Fotos geben nicht nur Auskunft darüber, wie die Menschen in Westfalen mit dem Ersten Weltkrieg umgegangen sind, sie zeigen auch, wie die Fotografie immer weiter professionalisiert wurde“, erklärt Katharina Schlimmgen, Sammlungsleiterin im LWL-Freilichtmuseum Detmold. Fotografien gaben den Frontereignissen ein Gesicht und hielten die Verbindung zu Angehörigen und Freunden lebendig. Dadurch entwickelte sich eine neue Art der Fotografie. In den Ateliers zu Hause wurden Abschiedsfotos erstellt. Neben den vom Militär offiziell eingesetzten Feldfotografen reisten viele Bildreporter auf eigene Faust in Kriegsgebiete. Auch Gruppenfotos während des Einsatzes sollten an die Soldaten erinnern. An Weihnachten wurden häufig Aufnahmen unter dem geschmückten Baum als Postkarten an die Angehörigen geschickt. Die Fotografie erlebte durch den Krieg einen Aufschwung.

Wenn möglich, wurde auch an der Front Weihnachten gefeiert, wie dieses Foto von 1915 zeigt. Diese Bilder wurden zum Teil als Gruß in die Heimat geschickt. Foto: LWL
Wenn möglich, wurde auch an der Front Weihnachten gefeiert, wie dieses Foto von 1915 zeigt. Diese Bilder wurden zum Teil als Gruß in die Heimat geschickt.
Foto: LWL

„Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, wie die Angehörigen mit den Fotos umgegangen sind“, erklärt Ausstellungskuratorin Nadja Bartsch. So gibt es in der Sammlung des LWL-Freilichtmuseums Detmold einige Beispiele aus der Erinnerungskultur. Besondere Fotoalben, sogenannte „Kriegsalben“, gibt es ebenso zu sehen wie mit Kriegsattributen verzierte Rahmen, Totenzettel oder das Gedenken an Kriegstote im Wohnzimmer.

Die Kabinettausstellung ist in dieser Saison noch bis zum 31. Oktober während der Museumsöffnungszeiten im Haus Schwenger mit Fotoatelier Kuper im Paderborner Dorf zu sehen.

LWL-Einrichtung:

LWL-Freilichtmuseum Detmold
Westfälisches Landesmuseum für Volkskunde
Krumme Str.
32760 Detmold
Karte und Routenplaner

Westfalen war doch durchgängig besiedelt

Bisher haben die Gemeinden Herzebrock-Clarholz und Beelen nur selten im Mittelpunkt der westfälischen Geschichte gestanden. Das dürfte sich jetzt ändern. Mit einer neuen Publikation des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) werden nicht nur Archäologen ihren Blick in die Kreise Gütersloh und Warendorf lenken. In der Dissertation von Dorothee Menke mit dem Titel „Die Fundplätze von Beelen und Herzebrock-Clarholz. Schlaglichter zum frühgeschichtlichen Bestattungswesen“ entdecken auch alle Geschichtsinteressierten ganz neue Kapitel der Geschichte Westfalens. Eine ihrer Erkenntnisse: Westfalen war auch während der Völkerwanderungszeit entgegen der bisherigen Annahme durchgängig besiedelt.

Ist ab sofort im Buchhandel sowie im LWL-Museum für Archäologie zu haben: Die neue Publikation der LWL-Archäologie für Westfalen. Foto: LWL
Ist ab sofort im Buchhandel sowie im LWL-Museum für Archäologie zu haben: Die neue Publikation der LWL-Archäologie für Westfalen.
Foto: LWL

Menke revidiert und ergänzt in diesem Werk, das als 52. Band in der Publikationsreihe „Bodenaltertümer Westfalens“ erscheint, einige lange gepflegte Forschungsansichten zur Völkerwanderungszeit. Westfälische Fundorte zu dieser ebenso turbulenten wie schwer zu fassenden Epoche sind rar. Deshalb war die Entdeckung von Gräberfeldern und einem Verbrennungsplatz an beiden Orten Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre eine kleine Sensation. Der Scheiterhaufenplatz in Herzebrock-Clarholz ist sogar der erste westfälische überhaupt. Menke hat sich mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung der unzähligen Funde beschäftigt und dabei neue Einblicke in eine Zeit gewonnen, in der sich die Völker in Bewegung setzten und auch in Westfalen die bis dahin von den Römern und Germanen beeinflusste Ordnung auf den Kopf stellten.

In Herzebrock-Clarholz dokumentierten die Archäologen 21 Brandbestattungen und ein Körpergrab in einem Gräberfeld, in denen die Menschen vom 4. bis zur zweiten Hälfte des 5. Jahrhundert ihre Toten beisetzten. Nur zehn Kilometer entfernt kamen in der Gemeinde Beelen kurz darauf 25 Brand- und acht Körperbestattungen zu Tage, die vom 3. bis ins 7. Jahrhundert – also von der späten römischen Kaiserzeit bis in die Merowingerzeit – angelegt wurden. Viel Fundmaterial, das es akribisch zu dokumentieren und zu untersuchen galt.

Die Ergebnisse sind erstaunlich: Die Gräberfelder und der Verbrennungsplatz gewähren nicht nur seltene Einblicke in die frühgeschichtlichen westfälischen Bestattungssitten, die von nord-südlich ausgerichteten Körpergräbern in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts durch die Feuerbestattungen abgelöst wurden. Es zeigt sich außerdem, dass Westfalen sehr wohl auch während der Völkerwanderungszeit durchgehend besiedelt war. Bisher findet sich in der Forschung immer noch die These von einer weitgehenden Siedlungsleere in dieser Zeit.

„Diese Publikation ist deshalb ein zentraler Baustein in der Erforschung der Siedlungsge-schichte Westfalens“, so LWL-Chefarchäologie Michael M. Rind. Mehr noch: „Diese Dissertation ist außerdem grundlegend für die Erforschung der Bestattungssitten in der westfälischen Region während der Kaiser, Völkerwanderungs- und Merowingerzeit.“ So zeigt die Verteilung der Funde im Verbrennungsplatz in Herzebrock-Clarholz, dass ein erheblicher Teil der Beigaben und der verbrannten Knochen nicht in die Gräber gelangte. Für die Hinterbliebenen war demzufolge nicht das Begräbnis an sich, sondern die Bestattungszeremonie von zentraler Bedeutung. Da sich Rekonstruktionen der damaligen Gesellschaften und ihrer sozialen Organisation häufig auf Grabbeigaben stützen, hat diese Erkenntnis entscheidende Auswirkungen auf zukünftige Analysen von Brandgräberfeldern.

Die Publikation ist im Buchhandel sowie im LWL-Museum für Archäologie in Herne erhältlich.

Dorothee Menke
Die Fundplätze von Beelen und Herzebrock-Clarholz.
Schlaglichter zum frühgeschichtlichen Bestattungswesen

Bodenaltertümer Westfalens 52
Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt 2014
354 Seiten, 100 Tafeln und 2 Beilagen
ISBN 978-3-8053-4811-9, Preis: 34,00 Euro

LWL-Einrichtung:

LWL-Museum für Archäologie Herne
Westfälisches Landesmuseum
Europaplatz 1
44623 Herne
Karte und Routenplaner

 

Vollzug der Abschiebungshaft in Justizvollzugsanstalten unzulässig

Der Betroffene ist türkischer Staatsbürger und reiste ohne Ausweis- oder Aufenthaltspapiere mit Hilfe eines Schleppers nach Deutschland ein. Einen Monat später wurde er festgenommen. Mit Verfügung vom gleichen Tag drohte ihm die beteiligte Behörde die Abschiebung an. Auf ihren Antrag hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen drei Monate Haft angeordnet, die noch andauert. Die Haft wird in der Justizvollzugsanstalt Büren des Landes Nordrhein-Westfalen vollzogen. Auf die gegen die Haftanordnung gerichtete Beschwerde hat das Landgericht die Fortdauer der Haft bestätigt. Der Betroffene beantragt, die Haft wegen Verletzung des Trennungsgebots auszusetzen. Diesem Antrag hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs stattgegeben.

In Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der sog. Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) ist festgelegt, dass Haft zur Sicherung einer Ab- oder Zurückschiebung von Ausländern nur in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen werden darf. Für den Fall, dass in einem Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden sind, lässt Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie den Vollzug der Haft in gewöhnlichen Haftanstalten unter der Voraussetzung zu, dass die Betroffenen gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht werden. Diese Bestimmungen waren nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie bis zum 24. Dezember 2010 umzusetzen. Der Senat hatte dem Gerichtshof der Europäischen Union in einem anderen Verfahren die Frage vorgelegt, wann diese Ausnahme in einem föderalen Staat wie Deutschland eingreift: schon wenn das Bundesland, in dem die Haft vollzogen werden soll, keine solchen speziellen Einrichtungen hat, oder erst, wenn solche Einrichtungen in keinem Bundesland vorhanden sind. Diese Frage hat der Gerichtshof mit seinem Urteil vom 17. Juli 2014 (Rechtssache C-473/13 und 514/13 – Bero und Bouzalmate) im zweiten Sinne beantwortet. Da es in Deutschland spezielle Hafteinrichtungen gibt, darf Ab- und Zurückschiebungshaft hier nur noch in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen werden, nicht in gewöhnlichen Haftanstalten.

Das Land Nordrhein-Westfalen ist der Auffassung, getrennte Gebäudekomplexe innerhalb gewöhnlicher Haftanstalten, in denen nur von der Ab- oder Zurückschiebung Betroffene, nicht aber auch Strafgefangene untergebracht sind, stellten spezielle Hafteinrichtungen dar. Dem ist der Senat nicht gefolgt. Wenn Betroffene in einem Mitgliedstaat überhaupt in gewöhnlichen Haftanstalten untergebracht werden dürfen, dürfte dies nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG nur „gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen“ geschehen. Daraus folgt, dass eine gesonderte Unterbringung von Betroffenen auf dem Gelände einer gewöhnlichen Haftanstalt nicht die europarechtlich geforderte Unterbringung in einer speziellen Hafteinrichtung sein kann. Sie stellt – unabhängig von ihrer Ausgestaltung im Einzelnen – eine Unterbringung in einer gewöhnlichen Haftanstalt, die in Deutschland generell nicht zulässig ist, dar.

Von der ihm durch den Senat aufgezeigten Möglichkeit, den Betroffenen in eine spezielle Hafteinrichtung, ggf. in einem anderen Bundesland, das spezielle Hafteinrichtungen hat, zu verlegen, hatte das Land Nordrhein-Westfalen aus grundsätzlichen Erwägungen keinen Gebrauch gemacht. Es muss nun seine Handhabung ändern. Ab- und Zurückschiebungshaft darf bis dahin in Nordrhein-Westfalen und Ländern mit einer gleichen Verwaltungspraxis nur angeordnet werden, wenn die Gerichte festgestellt haben, dass eine richtlinienkonforme Unterbringung der Betroffenen sichergestellt ist.

V ZB 137/14 – Beschluss vom 25. Juli 2014

AG Köln – Beschluss vom 8. Mai 2014 – 507a XIV (B) 39/14

LG Köln – Beschluss 27. Juni 1014 – 39 T 119/14

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 25. Juli 2014

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