Kategorie-Archiv: Natur & Umwelt

Fluch und Segen für Mensch und Umwelt

Justus von Liebig hat es mit seinem Bild der Nährstofftonne deutlich gemacht: Nur eine fehlende Substanz kann der begrenzende Faktor für den gesamten Ertrag einer Nutzpflanze sein. Insbesondere das chemische Element Stickstoff ist für die Pflanze so wichtig, denn es wird für die Produktion von Proteinen unmittelbar gebraucht. Diese Proteine sind wiederum unabkömmlich für Wachstum, Vermehrung und viele physiologische Prozesse. Mineralische Stickstoffdüngung führte zu enormen Ertragssteigerungen. Es wird aber zunehmend deutlich, dass auch diese Medaille zwei Seiten hat: Ein Überschuss an sogenanntem reaktiven Stickstoff bedroht weltweit die Ökosysteme, vor allem in den Weltmeeren.

Das Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde wies deshalb kürzlich darauf hin: Es ist höchste Zeit, dass sich Politik und Gesellschaft dem Thema „Stickstoff-Verschmutzung“ annehmen. Bevor die Chemiker Haber und Bosch das bahnbrechende Verfahren der Gewinnung von Stickstoff aus der Luft entwickelt hatten, wurde den Ökosystemen kaum zusätzlicher Stickstoff zugeführt, der nicht aus der Verrottung abgestorbener Pflanzenteile oder aus der Tierhaltung stammte. Seitdem wurden über Jahrzehnte große Mengen an Stickstoff in die landwirtschaftlich genutzten Böden eingebracht. Der größte Teil davon wird zwar von den Pflanzen in Form der Ernteerträge wieder entnommen, allerdings können Überschüsse über die Gewässer in die Weltmeere gelangen.

Eine Studie der renommierten British Royal Society, die unter Beteiligung der Warnemünder Forscher entstand, weist deutlich auf die Folgen für die Meere hin: „Dünger, der an Land im Überschuss ausgebracht wird, landet letztlich in unseren Meeren, wo er natürlich ebenfalls die Produktion ankurbelt. Die Folgen sind zum Beispiel Sauerstoffmangel, Verlust an Biodiversität, Zerstörung von Fisch-Aufzugsgebieten. In der Ostsee spielen sich diese Szenarien direkt vor unseren Augen ab.“ Auch der Treibhauseffekt könne zusätzlich befeuert werden; durch das Zusammenwirken von Mikroorganismen im Meer mit Ammonium entstehe Lachgas, ein Klimagas, das um ein Vielfaches wirksamer sei als Kohlendioxid. Die Wissenschaftler bemühen sich nun, das aus ihrer Sicht drängende Thema vermehrt ins Rampenlicht der Politik zu bringen, um Veränderungen in der globalen Umwelt- und Klimapolitik anzustoßen.

Friederike Heidenhof, www.aid.de

 

Sieben Monate Winterschlaf

Riesige Knopfaugen, graubraunes Fell, bis zu 19 cm groß und ein buschiger Schwanz wie ein Eichhörnchen – dieser „Steckbrief“ passt perfekt auf den einheimischen Siebenschläfer. Er gehört zu den etwa 76.000 Tier- und Pflanzenarten in Deutschland, von denen die Hälfte in ihrem Bestand gefährdet ist.

Jetzt im Oktober bettet sich der kleine Nager zur Ruhe, um erst im Mai wieder aufzuwachen. Mit stolzen sieben Monaten Winterschlaf macht er seinem Namen alle Ehre. Damit hält er auch unter seinen tierischen Verwandten, den Bilchen, den „Winterschlaf-Rekord“. Um so lange schlafen zu können, muss er sich eine dicke Fettschicht anfressen. Nicht selten verdoppelt er dabei sein Körpergewicht von ca. 120 Gramm. Auf dem Speiseplan des Kletterkünstlers mit den scharfen Krallen stehen u.a. Früchte und Beeren, aber auch Insekten und Vogeleier lässt er sich schmecken.

Im Rhein-Sieg-Kreis findet sich das Wildtier des Jahres 2004 überwiegend in den waldreichen Gebieten rechts des Rheines. Als „Wohnort“ bevorzugt er Laubwälder, man findet ihn aber auch in Obstgärten und Parkanlagen. Immer häufiger nimmt er sein Domizil aber auch in unmittelbarer Nähe der Menschen. Dachgiebel, Nistkästen oder auch mal ein Stiefel – der Siebenschläfer ist bei der Wohnungswahl nicht wählerisch, Hauptsache die Unterkunft ist dunkel und ruhig. Mit abgebissenen Blättern werden die Nester immer wieder frisch ausgepolstert und gleich von mehreren Tieren bewohnt.

Der nachtaktive Nager kann auch eine echte Nervensäge sein: Zähnerattern, Quiek-, Schnalz- und Pfeiflaute sind beim Siebenschläfer keine Seltenheit. Während der Paarungszeit von Juni bis August wird es besonders laut.

Die Experten vom Amt für Natur- und Landschaftsschutz des Rhein-Sieg-Kreises geben für den Siebenschläfer folgende Artenschutztipps:
Günstig ist es, alte Bäume und stehendes Totholz zu erhalten. Hier hinein zimmern Spechte Höhlen, die vom Siebenschläfer und zahlreichen anderen Tieren genutzt werden können. Alternativ können Tierfreunde auch Nistkästen aufhängen – sie sollten allerdings einen Durchmesser von mindestens 3,2 Zentimetern haben. Am besten sind gleich mehrere, da der Kletterkünstler einerseits nicht alle benutzt, andererseits aber im Sommer auch gerne mal sein Versteck wechselt. Der Siebenschläfer freut sich aber auch über Zugang zu selten genutzten Räumen wie z.B. Gartenlauben.

Nähere Auskünfte rund um das Thema Siebenschläfer erteilen gerne die Fachleute am Umwelttelefon des Rhein-Sieg-Kreises unter der Rufnummer 02241/132200. Weitere Tipps zum Artenschutz finden Interessierte auch unter www.rhein-sieg-kreis.de/artenschutztipps

Sprüche-Mülltonnen im Einsatz

Rund 100 solcher Sprüche-Mülltonnen sind während der Kirmestage in der Innenstadt aufgestellt. Foto: Stadt Bocholt
Rund 100 solcher Sprüche-Mülltonnen sind während der Kirmestage in der Innenstadt aufgestellt.
Foto: Stadt Bocholt

Auf der diesjährigen Bocholter Kirmes sind sie wieder im Einsatz, die „Sprüche-Mülltonnen“ des Entsorgungs- und Servicebetriebes Bocholt (ESB). Rund 100 davon sind in der Innenstadt aufgestellt worden. Vielen Bocholtern mittlerweile bestens bekannt, werben die Restmülltonnen mit großem Einwurfloch dafür, den Müll in die Tonne und nicht auf die Straße zu werfen. Mit lustigen, provozierenden und teilweise auch zweideutigen Sprüchen beklebt, sollen sie für mehr Sauberkeit sorgen.

Zu den bisher 50 vorhandenen Sprüchen sind nun 30 weitere Texte hinzugekommen. So heißt es auf der kommenden Bocholter Kirmes beispielsweise „Bei mir herrscht Tonnenfinsternis“, „Ich träume von den Müllediven“ oder „Ich bin ein BMW – Bocholts-Müll-Wegräumer“. „So werden die Sprüche beim Kirmesrundgang sicherlich das ein oder andere Schmunzeln hervorrufen und hoffentlich die Akzeptanz der Tonnen erhöhen“, sagt ESB-Abfallberaterin Karin Kalka-Freundt.

Biogasanlagen auf Biobetrieben bleiben umstritten

Obwohl die ersten Pioniere bereits in den 1950er Jahren Reststoffe und Koppelprodukte auf Biobetrieben veredelt haben, hat sich die energetische Nutzung der Biomasse nicht durchgesetzt. Von den rund 7.500 Biogasanlagen steht heute nur ein Prozent auf Ökobetrieben. Warum das so ist und ob das so bleibt, diskutierte im August 2013 eine Expertenrunde auf Einladung des Förderkreises Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg.

Für Martin Becker vom Öko-Gut Kerkow im Norden Brandenburgs ist die Biogaserzeugung sinnvoll. Seit acht Jahren produziert die Anlage dort mehr als 15 Millionen kWh Strom im Jahr. 7.000 Tonnen Festmist und 750 Tonnen Gülle vom eigenen Betrieb, 2.500 Tonnen Kleegras, konventioneller Mais und weitere Substrate von Nachbarbetrieben haben einen überbetrieblichen Nährstoffkreislauf etabliert. Die Nachbarbetriebe bekommen die aufbereiteten Gärreste als Dünger zurück und können damit den humusarmen Standort verbessern.

Neben Reststoffen und Koppelprodukten kann der Ökolandwirt Kleegras verwenden, das für die Bodenverbesserung angebaut wird. Die Biogasanlage kann die Leguminosen sogar noch veredeln. Denn die Nutzung verringert die Lachgasemissionen des Klees und die Stickstoffauswaschung, die auch im Ökolandbau vorkommt, erklärte Bastian Olzem, Referatsleiter Politik beim Fachverband Biogas. Für viehlose Betriebe können die Gärreste auch den Stickstoffschwund aufhalten und über eine Bodenverbesserung Ernte und Qualität der Nutzpflanzen erhöhen.

Den Vorteilen stehen aber viele Bedenken gegenüber. Der Biogasboom hat eine neue Nutzungskonkurrenz auf den Ackerflächen etabliert. Die Biobetriebe leiden zudem unter einem wachsenden Anteil von Bio-Importen aus der EU und Drittstaaten. Für den Agrarreferenten Martin Hofstetter von Greenpeace ist dieses Thema existenzieller für die Branche als die Frage nach der energetischen Verwendung der Biomasse.

Gegen die Verwendung von Reststoffen und Koppelprodukten wie Stroh sowie Gülle sei nichts einzuwenden. Aber der Einstieg in einen Energiepflanzenanbau sei nicht mit den Vorstellungen einer biologischen Wirtschaftsweise vereinbar. Und bei der Frage, wie viel Substrat eigentlich in Bio-Betrieben zur Verfügung steht, lautet die Antwort, dass für hofeigene Quellen die meisten Anlagen zu groß seien. Und Investitionen in große Anlagen führten zu einem Ausbau der Tierhaltung, der auf einem Bio-Betrieb flächenbezogene Grenzen gesetzt sind.

Viel hängt von den politischen Rahmenbedingungen ab. Kleegras als ökologisches Substrat wird nur als Zwischenfrucht gefördert. Für Bastian Olzem einer der Punkte, die im Herbst bei der Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes auf der Agenda stehen sollte.

Fazit: Biogasanlagen auf Biobetrieben sind engere Grenzen gesetzt als im konventionellen Betrieb. Der Fermenter mit den Methanbakterien rüttelt mehr am Selbstverständnis der Branche als auf den ersten Blick ersichtlich.

Roland Krieg, www.aid.de

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