Kategorie-Archiv: Natur & Umwelt

Invasive Pflanzenarten und biologische Vielfalt

Der globale Handel macht es möglich: Immer mehr Pflanzen und Tiere werden unabsichtlich oder absichtlich in neue Gegenden gebracht. Fühlen sie sich am neuen Standort wohl und sind dort keinen Fressfeinden ausgesetzt, können sie sich etablieren und ausbreiten. In Deutschland haben sich nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) bereits rund 320 solcher Tierarten und etwa 430 solcher Gefäßpflanzenarten etabliert.

Die „neuen“ Arten können eine Ergänzung für das Ökosystem sein, wenn sie eine vorher unbesetzte Nische besetzen. In den meisten Fällen gefährden sie jedoch die vorhandene biologische Vielfalt, da sie heimische Arten verdrängen und ausrotten können. Eine Störung des ökologischen Gleichgewichts ist die Folge. Von den rund 430 in Deutschland etablierten gebietsfremden Pflanzenarten hat das BfN im Rahmen einer Studie 38 Arten identifiziert, die als invasiv gelten – das heißt, die hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Ökosysteme und andere Arten problematisch sind. 28 von ihnen haben sich bereits großräumig ausgebreitet und können nicht mehr vollständig beseitigt werden. Dazu gehören etwa der Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum), der Japan-Staudenknöterich (Fallopia japonica) und die Späte Goldrute (Solidago gigantea). Sie stehen mit 25 weiteren Arten auf der sogenannten Managementliste.

Im Rahmen eines neuen Forschungsvorhabens prüft das BfN, welche konkreten Maßnahmen eine weitere Ausbreitung dieser invasiven Arten verhindern und negative Auswirkungen der Ausbreitung reduzieren können.

Zehn invasive Arten, die sich bisher erst kleinräumig ausgebreitet haben, werden auf einer sogenannten Aktionsliste zusammengefasst. Zu ihnen zählen zum Beispiel der Große Wassernabel (Hydrocotyle ranunculoides) oder der Pontische Rhododendron (Rhododendron ponticum). Bei diesen zehn Arten besteht laut BfN noch eine Chance, sie vollständig beseitigen zu können. Die in Deutschland vorkommenden invasiven Pflanzenarten sind fast ausschließlich als Zier- oder Nutzpflanzen eingeführt worden. Gerade Gartenbesitzer und Hobbygärtner können daher einen Beitrag zur Vorsorge leisten, indem sie heimische Pflanzenarten im Garten verwenden.

Heike Stommel, www.aid.de

Weitere Informationen:
Der aid infodienst informiert im Newsletter in lockerer Reihenfolge über invasive Pflanzenarten und deren attraktive heimische Alternativen.

Welttag der Feuchtgebiete: Nachhaltige Nutzung afrikanischer Feuchtgebiete

Gerade in trockenen Regionen Afrikas sind Feuchtgebiete wichtig für den Erhalt der Artenvielfalt. Das Projekt „GlobE – Wetlands in East Africa“ erarbeitet Richtlinien, um Nutzungsbereiche wie auch Schutzzonen in Feuchtgebieten auszuweisen. © Foto: Miguel Alvarez/Uni Bonn
Gerade in trockenen Regionen Afrikas sind Feuchtgebiete wichtig für den Erhalt der Artenvielfalt. Das Projekt „GlobE – Wetlands in East Africa“ erarbeitet Richtlinien, um Nutzungsbereiche wie auch Schutzzonen in Feuchtgebieten auszuweisen. © Foto: Miguel Alvarez/Uni Bonn

Am 2. Februar  war „Welttag der Feuchtgebiete“, der den Wert dieser wichtigen Ökosysteme ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken soll. Deutsche und afrikanische Wissenschaftler sind unter Federführung der Universität Bonn an einem internationalen Projekt beteiligt, mit dem das Management solcher Feuchtgebiete in Ostafrika nachhaltig verbessert werden soll. Hierzu bewilligte das Bundesforschungsministerium vor kurzem eine Förderung in Höhe von rund sechs Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre.

Ewaso Narok Sumpf in Kenia: Nach Drainage können auf den fruchtbaren Böden hochwertige Gemüsekulturen für den Eigenverbrauch und den Markt erzeugt werden. Nicht nur der Umgang mit Ressourcen ist entscheidend für die Nachhaltigkeit intensiver Nutzungsformen. Auch deren Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung wird im Projekt „GlobE – Wetlands in East Africa“ untersucht. © Foto: Mathias Becker/Uni Bonn
Ewaso Narok Sumpf in Kenia: Nach Drainage können auf den fruchtbaren Böden hochwertige Gemüsekulturen für den Eigenverbrauch und den Markt erzeugt werden. Nicht nur der Umgang mit Ressourcen ist entscheidend für die Nachhaltigkeit intensiver Nutzungsformen. Auch deren Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung wird im Projekt „GlobE – Wetlands in East Africa“ untersucht.
© Foto: Mathias Becker/Uni Bonn

In vielen afrikanischen Ländern nimmt die Pro-Kopf-Nahrungsmittelerzeugung ab. Bevölkerungswachstum, Bodendegradation und Klimavariabilität sind für diese Trends mit verantwortlich. „Mit ganzjähriger Wasserverfügbarkeit und relativ fruchtbaren Böden bieten die 20 Millionen Hektar Feuchtgebietsflächen in Ostafrika die Möglichkeit, mehrere Kulturen im Jahr zu ernten und die Ernährung und damit die Gesundheit breiter Schichten der Bevölkerung zu sichern“, sagt Prof. Dr. Mathias Becker vom Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz der Universität Bonn, Sprecher des internationalen Forschungsverbunds.

Urbarmachung führt häufig zur Zerstörung des Ökosystems

Die Ausweitung der Nahrungsmittelerzeugung in Feuchtgebieten könne allerdings nur dann langfristig und nachhaltig wirken, wenn neben einer gesteigerten Erzeugung von Lebensmitteln auch die anderen „Dienstleistungen“, welche Feuchtgebiete erbringen, erhalten werden können. Sie dienen zum Beispiel als Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten und stellen saubere Luft und sauberes Wasser bereit. „Für die Landwirtschaft stellt dieser Überschuss an Wasser ein Hindernis dar, weshalb Feuchtgebiete oft erst durch Entwässerung nutzbar werden“, sagt Prof. Becker. Eine solche Urbarmachung ziehe häufig die Zerstörung der Feuchtgebiete und somit den Verlust zahlreicher Ökosystemleistungen nach sich. Dies habe zur Folge, dass die Verbesserung des Nahrungsangebots aus Feuchtgebieten oft nur kurzfristig wirkt. Ziel müsse jedoch eine nachhaltige Nutzung der Feuchtgebiete im Einklang mit der Natur sein.

Der „sanfte Weg“: Gleichzeitig Landwirtschaft und Naturschutz

Wie beide Ziele – die Erhaltung der Ökosystemleistungen und die landwirtschaftliche Nutzung der Feuchtgebiete – unter einen Hut zu bringen sind, untersuchen nun die Wissenschaftler in dem Projekt „GlobE – Wetlands in East Africa“. Auf deutscher Seite sind die Universität Bonn, das Forschungszentrum Jülich sowie die Universitäten Köln und Mainz beteiligt. Aus Afrika wirken insgesamt neun Forschungsinstitutionen aus vier Ländern als Partner mit. Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich auf Uganda, Kenia, Tansania und Ruanda. Insgesamt 40 Master-Studenten und 20 Doktoranden sollen in dem Projekt ausgebildet und als künftige Feuchtgebiets-Experten qualifiziert werden.

 

Pangani-Ebene in Tansania: Papyrus, Sumpfakazie, Reis, Mais, Feldgemüse - viele Feuchtgebietsstandorte unterstützen auch eine große Vielfalt von Kulturarten. Die Erzeugung von Nahrungsmitteln im Einklang mit der Natur ist ein vordringliches Ziel des Projekts „GlobE – Wetlands in East Africa“.  © Foto: Helida Oyieke
Pangani-Ebene in Tansania: Papyrus, Sumpfakazie, Reis, Mais, Feldgemüse – viele Feuchtgebietsstandorte unterstützen auch eine große Vielfalt von Kulturarten. Die Erzeugung von Nahrungsmitteln im Einklang mit der Natur ist ein vordringliches Ziel des Projekts „GlobE – Wetlands in East Africa“. © Foto: Helida Oyieke

Verschiedene Akteure sind an der Umsetzung beteiligt

Die Wissenschaftler wollen die Stoffflüsse in den Feuchtgebieten in hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung erfassen und Wege finden, wie die wertvollen Ökosystemleistungen durch landwirtschaftliche Nutzung möglichst wenig beeinflusst werden. Basierend auf Simulationsmodellen sollen Entscheidungshilfen für künftige Nutzungsformen entwickelt werden. Aber auch die wichtige Rolle des Menschen als Bewohner, Nutzer und Gestalter des Feuchtgebietes wird betrachtet. Ethnologische, ökonomische und gesundheitswissenschaftliche Forschungen ergänzen insofern die ganzheitliche Projektausrichtung. „Die Einbindung von Akteuren aus Forschung, Entwicklung und der Politik stellt die praktische Umsetzung der erarbeiteten Maßnahmen in der Region sicher“, sagt Prof. Becker.

Links:
www.wetlands-africa.de

Ackerbohne und Lupine: Anspruchsvoll, aber wirtschaftlich möglich

Sowohl im ökologischen als auch im konventionellen Anbau ist die Erzeugung heimischer Eiweißpflanzen wirtschaftlich möglich. Erfahrungen mit dem Anbau von Lupinen und Soja im ökologischen Anbau stellten Thomas Miedke und Georg Ludwig, Fehrower Agrarbetrieb GmbH, auf dem Fachgespräch „Eiweißpflanzen anbauen und verwerten“ auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin vor.

Im Spreewald bewirtschaftet der Betrieb zu 50 Prozent leichte Sandböden mit 25 Bodenpunkten und 50 Prozent Niedermoorgrünland. Für den Milchviehbetrieb ist der Zukauf von Eiweißfuttermitteln schwierig und teuer. Traditionell wurden auf dem Betrieb Gelbe Lupinen angebaut, die jedoch wegen der Krankheit Anthraknose aus dem Anbau verschwunden sind. Unter dem Druck, Eiweißfutter erzeugen zu müssen, wird seit einigen Jahren die Blaue Lupine angebaut. Ganz wesentlich für den Erfolg ist dabei die Fruchtfolge: Winterroggen, Landsberger Gemenge, Winterroggen, einjähriges Weidelgras als Zwischenfrucht, Mais und Blaue Lupine. Probleme im Anbau bereitet u. a. der wärmeliebende Blattrandkäfer.

Die Aussaat erfolgt daher erst ab ca. 20. April, damit die Lupine möglichst schnell auflaufen und dem Käfer sozusagen davon wachsen kann. Das kostet zwar Ertragspotenzial, verhindert aber Totalausfälle. Aus Praktikersicht hat die Blaue Lupine großes Potenzial als Eiweißfuttermittel. Miedke bedauerte aber, dass die Züchtungsanstrengungen nur gering sind.

Die Sojabohne ist in dem Öko-Betrieb seit fünf Jahren im Anbau und wird in einer Fruchtfolge aus Kleegras, Kleegras, Mais, Soja und Weizen angebaut. Sie ist kein Ersatz, aber eine Ergänzung zur Lupine. Öko-Landwirt Miedke schätzt vor allem den großen Vorfruchtwert der heimischen Leguminosen.

Für den konventionell wirtschaftenden Betrieb Teichmann/Vollmer im Landkreis Göttingen waren es in erster Linie arbeitswirtschaftliche Gründe, die Ackerbohne in die Fruchtfolge aufzunehmen. Die Mähdrescherauslastung war an ihre Grenzen gekommen, so dass es darum ging, die Fruchtfolge zu erweitern. Aber auch eine Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit und das Resistenzmanagement waren für den viehlosen Betrieb Gründe, die Leguminose anzubauen. Für Gerhard Teichmann ist der Anbau wirtschaftlich möglich, wenn die ackerbaulichen Anforderungen umgesetzt werden. Dazu gehören saubere Bestände. Die Aussaat erfolgt bereits Ende Februar, damit die Bohne vor der Sommertrockenheit zur Blüte kommt. Die Vermarktung ist auf dem Niveau von Winterweizen möglich und war laut Teichmann noch nie ein Problem. Wirtschaftlich liegt die Ackerbohne in dem Betrieb auf dem Niveau von Winterraps und Stoppelweizen.

Daten zur Wirtschaftlichkeit stellte Dr. Ulrike Klöble vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) vor. Sie betonte, dass Leguminosen vielfältige Vorteile haben und diese Zusatzleistungen sich auch monetär bemerkbar machen. Dazu gehören zum Beispiel bessere Bodenfruchtbarkeit, Humusaufbau, hoher Vorfruchtwert oder Stickstofffixierleistung.

Zu dem Fachgespräch hatten der aid infodienst, das KTBL und das Forschungsinstitut für biologischen Landbau eingeladen.

Renate Kessen, www.aid.de

Nachhaltiger Konsum: Unabhängiges Label gefordert

Druckfrisch lag sie auf den Konferenztischen: Die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats für Verbraucher- und Ernährungspolitik zum Thema „Nachhaltiger Konsum“. Der Diskussionsrahmen: Das Fachforum Verbraucherforschung in Bonn, organisiert vom Netzwerk Verbraucherforschung des Bundesernährungsministeriums, der Verbraucherzentrale NRW, der TU-Berlin und dem Wuppertal Institut. Der Inhalt: Weniger erfreulich bis dringend.

„Wir sind Klimakiller statt Klimaweltmeister“, sagte Professor Ulf Schrader. Er ist Leiter des Fachgebiets Arbeitslehre/Ökonomie und Nachhaltiger Konsum an der TU Berlin und Hauptautor der Stellungnahme. „Seit 1990 haben wir überhaupt nichts eingespart, das liegt vor allem an unserem Konsumniveau“, stellte er fest. So heißt es denn auch in dem Bericht: „Statt bei dem vom Umweltbundesamt für nachhaltig gehaltenen Ausstoß von 2,5 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Person und Jahr liegt Deutschland bei etwa 10 Tonnen. Die seit 1990 erreichten Einsparungen wurden durch zusätzlichen Ausstoß an Treibhausgasen in anderen Ländern für die Produktion in Deutschland konsumierter Produkte vollständig kompensiert. Ähnliches gilt für den Ressourcenkonsum und die Flächenbeanspruchung.“

„Klimaweltmeister waren wir noch nie“, meint Schrader, „und wenn wir uns ansehen, welche sozialen Effekte es entlang der Wertschöpfungskette gibt, dann sind die Näherinnen in Bangladesch sicher nur die Spitze des Eisbergs.“ Er wünscht sich mehr Selbstkritik von der Politik angesichts der bisher bescheidenen Erfolge. Dem Staat komme beim nachhaltigen Konsum eine Doppelrolle zu. Er setzt den Rahmen für das Agieren von Unternehmen und Verbrauchern und ist gleichzeitig selbst Nachfrager und Anbieter von Produkten.

Auf beiden Ebenen machen die Wissenschaftler des Beirats konkrete Handlungsvorschläge. „Wir wollen als Konsumenten nicht nur hauptberuflich nach nachhaltigen Wahlmöglichkeiten suchen“, sagte Schrader, „wir brauchen ökologische Mindeststandards.“ Nachhaltige Konsumoptionen müssten leichter gemacht werden, zum Beispiel durch „Preise, die die ökologische Wahrheit sagen“, eine Wirtschaftspolitik, die Nachhaltigkeitsinnovationen fördert und die Bereitstellung einer Infrastruktur, die nachhaltiges Handeln leicht macht, sei es der Nahverkehr oder Fahrradstraßen.

In der Schweiz wurde beispielsweise schon vor zehn Jahren per Volksentscheid beschlossen, Bahn und Bus auszubauen, statt weiter in den Individualverkehr zu investieren. Der Staat könne aber auch als Anbieter von Gütern, zum Beispiel in Kantinen und Schulen den Nachhaltigen Konsum unterstützen. Verbraucherorganisationen oder Dialoge mit Bürgern sollten aktiv gefördert werden und Verbraucherbildung weiterentwickelt und ausgebaut. Die „Labelhypertrophie“ hingegen müsse dringend eingeschränkt werden, heißt es in dem Gutachten. Der Beirat regt ein unabhängiges Metalabel für Nachhaltigkeit an. Auf jeden Fall aber, so der letzte Satz in dem Bericht, solle sich das Bundesernährungsministerium „diesem Thema in Zukunft deutlich intensiver widmen als das in der Vergangenheit der Fall war.“

Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal Instituts, plädierte in seiner Abschlussrede für eine Kultur des Experimentierens. Freiheit sei nicht gleich Konsumfreiheit, meinte er. „Das, was wir hier vor uns haben, ist ein gewaltiges gesellschaftliches Entwicklungsprojekt“. Die Dinge laufen jedoch langsamer als wir es uns wünschen. Unsere Gesellschaft müsse erstmals in der Moderne damit umgehen können, dass das materielle Wachstum nicht weiter vorangeht. Bei allen anderen Gesellschaftssystemen der Vergangenheit kam es an diesem Punkt zum kulturellen Zusammenbruch. „Wir müssen erkennen, dass das eigentliche Entwicklungspotenzial im gesellschaftlichen Miteinander entsteht und dass wir dies erstmals in breiter Weise organisieren müssen“, so sein Fazit.

Gesa Maschkowski, www.aid.de

Weitere Informationen:
www.aid.de/nachhaltigkeit.php

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