Kategorie-Archiv: Recht

Brustimplantate von PIP: TÜV Rheinland gewinnt weiteren Prozess

TÜV Rheinland hat ein zweites Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem PIP-Fall gewonnen: Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies die Klage einer Frau auf Schadenersatz gegen die Benannte Stelle des TÜV Rheinland ab.

Die Begründung des Landgerichtes Nürnberg-Fürth (Az.11 O 3900/13) ist sehr klar und führt aus: Die Benannte Stelle war weder verpflichtet, konkrete Implantate zu untersuchen noch unangekündigte Kontrollen vor Ort vorzunehmen. Solche Pflichten ergeben sich – so das Gericht – nicht aus den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften.

„Das Gericht hat mit seinem Urteil bestätigt, dass TÜV Rheinland seine Aufgaben als Benannte Stelle verantwortungsvoll und im Einklang mit allen geltenden Gesetzen und Normen wahrgenommen hat“, erläutert Ina Brock von der Kanzlei Hogan Lovells LLP, die Prozessbevollmächtige von TÜV Rheinland in diesem Verfahren.

Die betrügerischen Handlungen von PIP waren für TÜV Rheinland nicht erkennbar und konnten mit den Mitteln, die einer privaten Benannten Stelle von Rechts wegen zustehen, nicht aufgedeckt werden. Auch das hat das Landgericht Nürnberg-Fürth festgestellt.

Damit wurde bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr in einem Gerichtsverfahren bestätigt, dass die betrügerischen Handlungen bei PIP für die Benannte Stelle von TÜV Rheinland nicht erkennbar waren. Bereits im März 2013 hatte das Landgericht in Frankenthal in einem anderen Fall entschieden, dass die Benannte Stelle des TÜV Rheinland „weder zu unangemeldeten Kontrollen verpflichtet war noch dazu, die konkreten Produkte zu überprüfen“.

Beide Gerichte sind der Argumentation von TÜV Rheinland gefolgt. In der Konformitätsbewertung des Herstellers kommt der Benannten Stelle die Aufgabe zu, versehentliche Fehler des Herstellers zu verhindern, und nicht, vor vorsätzlichen betrügerischen Handlungen zu schützen.

Zum Hintergrund: PIP hat vorsätzlich Silikon-Brustimplantate unter – zumindest zeitweiser – Verwendung einer nicht-deklarierten Silikonfüllung hergestellt. PIP hat TÜV Rheinland getäuscht und stets vorgegeben, ausschließlich Silikon von NuSil als Rohmaterial verwendet zu haben. PIP hat vollständige Unterlagen (z.B. das Design Dossier, Chargendokumentation, Produktionsanweisungen) über die angebliche Verwendung des Silikons von NuSil vorgehalten. Zum Zeitpunkt der Audits durch TÜV Rheinland war das Silikon von NuSil am Standort von PIP. Sämtliche Hinweise auf die Verwendung abweichender Rohmaterialien wurden systematisch durch PIP verschleiert.

Mittels eines groß angelegten und komplexen Betruges hat PIP alle beteiligten Kreise getäuscht – an erster Stelle die Patientinnen, aber auch die Gesundheitsbehörden und TÜV Rheinland. Nach Bekanntwerden des Betruges von PIP Ende März 2010 hat TÜV Rheinland die Zertifikate für PIP ausgesetzt.

TÜV Rheinland hat größtes Verständnis für die Sorge von Patientinnen mit PIP-Implantaten. TÜV Rheinland teilt das Interesse der Patientinnen an einer umfassenden Aufklärung der kriminellen Handlungen von PIP und hat deshalb Strafanzeige gegen die Verantwortlichen bei PIP gestellt.

Baurecht: Baubegleitende Rechtsberatung stärkt Kommunen

Früher wurde erst geplant und dann gebaut. Heute ist die baubegleitende Planung üblich, vor allem bei öffentlichen Bauvorhaben, die sich mitunter über Jahre hinziehen und während dieser Zeit auch noch mehrfach umgeplant werden. Dabei sind viele Probleme nicht vorhersehbar, warnt die Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (ARGE Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV).

Immer wieder kommt es zu Verzögerungen und Nachträgen und damit verbunden zu Schadenersatzforderungen. Durchsetzen muss diese der Baurechtsanwalt. Das fällt ihm umso leichter, je besser er mit der Materie vertraut ist. Die Erfahrung der ARGE Baurecht zeigt: Ist der Baurechtler von Beginn an in das Bauvorhaben eingebunden, dann kennt er Bauablauf und Verträge, und kann so die Interessen des kommunalen Bauherrn besser vertreten, als wenn er erst nachträglich hinzugezogen wird. Die baubegleitende Rechtsberatung wahrt die Interessen der öffentlichen Hand umso mehr, als die Rechtsabteilungen der Kommunen meist mit alltäglichen Problemen ausgelastet sind und sich nicht zusätzlich um langwierige Bauprojekte kümmern können.

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Baurecht: Schlechtwetter in den Vertrag aufnehmen

Wer im Herbst mit dem Hausbau beginnt, der kann ihn wahrscheinlich nicht mehr vor dem Winter abschließen. Was passiert dann mit der Baustelle? Wer sichert Rohbau und auf der Baustelle lagernde Bauteile gegen Eis, Schnee und Dauerregen? Hier ist der Bauunternehmer in der Pflicht, erläutert die Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (ARGE Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV).

Bis zur Bauabnahme eines Hauses durch den Bauherrn muss die Baufirma das Gebäude sowie alle damit verbundenen Leistungen und Materialien vor Winterschäden schützen. Art und Umfang der erforderlichen Schutzmaßnahmen richten sich dabei nach den Gegebenheiten im Einzelfall und auch nach der Zumutbarkeit für den Bauunternehmer. Das allerdings birgt nach Erfahrung der ARGE Baurecht Konfliktstoff. Was genau ist zumutbar? Und wie weit geht die Haftung des Bauunternehmers im Detail? Um sich vor unnötigen Streitigkeiten zu schützen, rät die ARGE Baurecht deshalb, bei Bauarbeiten, die über den Winter laufen, von vornherein klare vertragliche Regelungen zu treffen, wie und mit welchem Aufwand die Baustelle gesichert werden muss. Private Bauherren sollten sich dabei vom Baurechtler beraten lassen.

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Gaskunden sollten Geld zurückfordern

Gaskunden des Essener RWE-Konzerns sollten jetzt noch ihren Jahresrechungen ab 2010 widersprechen und überzahlte Beträge zurückfordern. Das rät die Verbraucherzentrale NRW allen Kunden, die Gas zu so genannten Sondertarifen beziehen – das trifft auf die Mehrzahl zu.

Der Grund: Vergangene Preiserhöhungen beruhten auf unwirksamen Vertragsklauseln. „Durchschnittshaushalte mit einem jährlichen Gasverbrauch von rund 20.000 Kilowattstunden, die jetzt noch ihren Jahresrechnungen ab 2010 widersprechen, können womöglich 200 Euro zurückfordern“, sagt Jürgen Schröder, Experte für Energierecht bei der Verbraucherzentrale NRW. Der Widerspruch ist innerhalb von drei Jahren möglich. Deshalb können Gaskunden beispielsweise am 9. Oktober 2013 per Fax noch allen Jahresrechnungen widersprechen, die sie am 9. Oktober 2010 oder später erhalten haben.

Da am Jahresende die Verjährung droht, sollte man überzahlte Beträge möglichst umgehend schriftlich von RWE zurückfordern. Ein Musterbrief dazu und eine Anleitung, um Rückforderungsbeträge auszurechnen, bietet die Verbraucherzentrale NRW auf der Internetseite www.vz-nrw.de/gaskunden. Dort finden sich außerdem Informationen für solche Gaskunden, die schon Rechnungen aus den Jahren vor 2010 widersprochen haben oder bei anderen Versorgern sind.

Hintergrund des Aufrufs ist das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 31.7.2013 (Az.: VIII ZR 162/09). Damit konnte sich die Verbraucherzentrale NRW nach jahrelangem Rechtsstreit gegen den Energiekonzern RWE durchsetzen. Weil RWE in seinen Vertragsklauseln nicht angegeben hatte, weshalb und wie die Gaspreise für Sonderkunden steigen können, muss der Konzern unrechtmäßig verlangte Preisanhebungen zurückzahlen. Der BGH war damit der Auffassung des Europäischen Gerichtshofes gefolgt, der das Verfahren bereits im März im Sinne der Verbraucher entschieden hatte. Das BGH-Urteil betrifft die meisten privaten Gasbezieher in Deutschland: Von rund 13,5 Millionen Gaskunden sind mehr als zwei Drittel so genannte Sonderkunden. Sie haben Tarif oder Anbieter schon einmal gewechselt und sind damit nicht mehr in der Grundversorgung.

Das verbraucherfreundliche Urteil des BGH hat nicht nur Folgen für RWE, sondern auch für weitere Gasanbieter. Verbraucherschützer Schröder: „Nach unseren Kenntnissen haben viele Versorger Klauseln wie jene, die der BGH beanstandet hat – auch diese Unternehmen stehen nun in der Pflicht, ihren Kunden unrechtmäßige Rechnungsbeträge zu erstatten.“ In Beratungsstellen der Verbraucherzentrale NRW können Verbraucher aus Nordrhein-Westfalen die Verträge ihres jeweiligen Gasversorgers auf mögliche Ansprüche prüfen lassen. Lehnt der Gaslieferant es ab zu zahlen, müssten Kunden klagen.

Die Verbraucherschützer appellieren an die Energieversorger, eine sinnvolle Pauschallösung anzubieten, damit Gaskunden zu ihrem Recht kommen. Dem RWE-Konzern hat die Verbraucherzentrale NRW vor vier Wochen ein Gesprächsangebot darüber gemacht.

Mit Blick in die Zukunft ist nach Auffassung der Verbraucherschützer der Gesetzgeber gefordert. Er muss rechtliche Grundlagen für transparente Preisanpassungen durch Energieversorger schaffen, zum Beispiel durch eine Verordnung für Sonderkunden oder eine entsprechende Regelung im Energiewirtschaftsgesetz. Zudem sollte er Sammelklagen ermöglichen, die es Verbrauchern erleichtern, ihre Rechte durchzusetzen.

Stand: 08.10.2013

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