Kategorie-Archiv: Wissen

Afrikanische Schweinepest

Die Afrikanische Schweinepest breitet sich weiter aus. In Lettland, Litauen und Polen sind seit Anfang 2014 über 100 Fälle dieser Seuchenerkrankung festgestellt worden. Nach Angaben des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurde nun auch in Estland ein totes Wildschwein mit Afrikanischer Schweinepest entdeckt. Bei Hausschweinen sind neben Kleinsthaltungen inzwischen auch Großbestände betroffen. Das Friedrich-Löffler-Institut – Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit geht davon aus, dass eine Einschleppung in weitere Länder der Europäischen Union nicht ausgeschlossen werden kann.

Eine Verbreitung des Virus ist insbesondere über Transportfahrzeuge und über Produkte aus nicht durchgegartem Fleisch von infizierten Schweinen zu befürchten. Tierhalter, Jäger und Tierärzte sind aufgefordert, besonders auf vermehrtes Auftreten von Fallwild (Schwarzwild) zu achten und der zuständigen Behörde zu melden.

Niedersachsen ruft Landwirte auf, sich an einem Früherkennungs- und Monitoring-Programm zu beteiligen und mit Hilfe von Ausschluss-Untersuchungen eine mögliche Einschleppung in einen Tierbestand so früh wie möglich aufzudecken.

Renate Kessen, www.aid.de

Weitere Informationen:
www.fli.bund.de/de
www.tierseucheninfo.niedersachsen.de
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Bestell-Nr. 1046, Preis: 4,50 Euro
www.aid.de/shop/shop_detail.php?bestellnr=1046

Wie aus Seidentüchern Reliquien werden

In der Kirche Sant'Ambrogio in Mailand: Prof. Dr. Sabine Schrenk (rechts) von der Universität Bonn und die Kölner Textilrestauratorin Ulrike Reichert mit den wertvollen Tuniken. © Foto: Jochen Schaal-Reichert
In der Kirche Sant’Ambrogio in Mailand: Prof. Dr. Sabine Schrenk (rechts) von der Universität Bonn und die Kölner Textilrestauratorin Ulrike Reichert mit den wertvollen Tuniken. © Foto: Jochen Schaal-Reichert

Schutzpatron der Krämer, Imker und Lebkuchenbäcker

Archäologen der Universität Bonn und Restauratoren sichern und erforschen Tuniken, die dem heiligen Ambrosius aus dem vierten Jahrhundert zugeschrieben werden. Bei der Untersuchung der kostbaren Seidengewänder fördern sie erstaunliche wissenschaftliche Erkenntnisse über die Entstehungsgeschichte der frühen Reliquienverehrung zutage. In wenigen Tagen reisen sie wieder mit einem mobilen Labor nach Mailand, um dort in der Kirche Sant’Ambrogio das Projekt weiter voranzutreiben.

Der heilige Ambrosius ist der Schutzpatron der Krämer, Imker, Lebkuchenbäcker – und auch des Lernens. Deshalb zählen zu seinen Attributen neben Bienenkorb auch Buch und Geißel. Außerdem ist Ambrosius (339 bis 397) Stadtpatron von Mailand. Dort, in der nach ihm benannten Basilika Sant’Ambrogio, ruhen seine Gebeine. In Trier geboren schlug er zunächst die Politikerlaufbahn ein und wurde 374 zum streitbaren Bischof der Kaiserresidenz Mailand gewählt. Er forcierte die Reliquienverehrung, wird häufig im Katechismus zitiert, auf ihn gehen die ambrosianischen Gesänge zurück und er trägt den Ehrentitel „Kirchenvater“. Wenig bekannt sind erstaunlicherweise die in Sant’Ambrogio verwahrten Tuniken, die auf den Heiligen zurückgeführt und als Reliquien verehrt werden.

„Es handelt sich dabei um traumhaft schöne Gewänder aus kostbarer Seide, die dem Heiligen zugeschrieben werden“, sagt Prof. Dr. Sabine Schrenk von der Abteilung Christliche Archäologie der Universität Bonn. Auf einem Tuch sind aufwändige Jagdszenen mit Bäumen und Leoparden eingewebt, das andere kostbare Textil ist dagegen schlichter gehalten. Der wissenschaftliche Nachweis, ob die Tuniken tatsächlich im späten vierten Jahrhundert entstanden, steht noch aus. Sehr viel später aber werden sie nicht gewebt worden sein. Und so zählen sie zu besonders wichtigen Zeugnissen für die Spätantike und die frühchristliche Epoche.

Im Lauf der vielen Jahrhunderte nagte der Zahn der Zeit an den berühmten Textilien. „Um die brüchigen Seidenfasern noch lange zu erhalten, ist es wichtig, dass sie von schädigenden Staubauflagen befreit werden“, sagt die Kölner Textilrestauratorin Ulrike Reichert, die seit vielen Jahren ihre eigene Textil-Restaurierungswerkstatt in Köln-Dellbrück führt und sich auf die Konservierung früher Seidengewebe spezialisiert hat. Mit einem Ministaubsauger und unter Zuhilfenahme feiner Pinsel werden die Tücher mit viel Geduld vorsichtig abgesaugt. „Hierfür mussten wir die Textilien ganz vorsichtig von der Glasscheibe befreien, die zum Schutz darüber gelegt war“, berichtet Katharina Neuser, Mitarbeiterin von Prof. Schrenk.

Rettungsaktion mit dem mobilen Labor

In den vergangenen zwei Jahren fuhr das Team aus den Restauratorinnen und Prof. Schrenk mit Förderung der Gielen-Leyendecker-Stiftung mehrfach mit einem mobilen Labor nach Mailand, um dort über die Restaurierung hinaus mehr über die Herkunft und Geschichte der Textilien zu erfahren. „Wohl spätestens ab dem elften Jahrhundert wurden die Gewebe als die Tuniken des Heiligen Ambrosius verehrt“, sagt Prof. Schrenk. Erzbischof Heribert von Mailand ließ damals ein Textilband mit einem Hinweis an dem Ort anbringen, an dem die Tuniken verwahrt wurden. „Es handelt sich dabei um eine Art textiles Museumsschild, das auf die Bedeutung der Reliquien hinweist“, berichtet die Wissenschaftlerin der Universität Bonn. Vermutlich wurde jedoch schon viel früher ein rotes Kreuz auf eines der Gewänder als Zeichen seiner kirchlichen Bedeutung aufgenäht.

Erzbischof Heribert von Mailand ließ im elften Jahrhundert ein Textilband mit dem Hinweis auf die Bedeutung der Reliquie anbringen. © Foto: Sabine Schrenk
Erzbischof Heribert von Mailand ließ im elften Jahrhundert ein Textilband mit dem Hinweis auf die Bedeutung der Reliquie anbringen. © Foto: Sabine Schrenk

Im Lauf der Jahrhunderte wurden die Tuniken auf unterschiedliche Weise präsentiert und aufbewahrt. Eine Zeit lang wurden die kostbaren Seidengewebe wie ein Sandwich zwischen zwei weiteren Stoffen eingepackt in einer Truhe gelagert. Bis zum Zweiten Weltkrieg waren die Reliquien in einem Rahmen an einem Altar der Kirche Sant’Ambrogio angebracht, dann, bis vor einigen Jahren, im Museum der Kirche in neuen Glasrahmen. Um sie vor Licht zu schützen, legte man sie danach in einen großen Schubladenschrank. „Der Druck der schweren Glasscheibe beansprucht die Jahrhunderte alten Textilien zusätzlich“, sagt Prof. Schrenk. Vor einigen Jahren reifte die Entscheidung, die wertvollen Seidenstoffe restaurieren zu lassen.

Die beteiligten Forscher und Restauratoren sind schon ein großes Stück vorangekommen, haben aber auch in den nächsten Jahren noch alle Hände voll zu tun. „Das Projekt zu Ambrosius fördert auf erstaunliche Weise anhand der Textilien zutage, wie sich die Entstehungsgeschichte der frühen Reliquienverehrung vollzog“, sagt Prof. Schrenk. Auch für die spätantike Wirtschaftsgeschichte wird das Projekt neue Erkenntnisse liefern. Zwar ist bekannt, dass im vierten Jahrhundert in Europa und Kleinasien noch keine Seide gewonnen wurde. Die kostbaren Garne wurden aus China importiert. Die Wissenschaftlerin zweifelt aber die gängige Lehrmeinung an, dass zu dieser Zeit sämtliche Seidenstoffe im östlichen Mittelmeergebiet – vor allem in Syrien – gewebt wurden. „Mailand war damals Kaiserresidenz, verfügte über zahlungskräftige Kundschaft und nutzte Seide im ganz großen Stil. Es würde mich sehr wundern, wenn es zu dieser Zeit nicht auch vor Ort Seidenmanufakturen gegeben hätte“, sagt die Archäologin.

Quelle/Text/Redaktion: Universität Bonn

Chinesische Mücken an der Ostsee

Es ist ein merkwürdiger Befund, über den Forscher aus China, Europa und den USA in der Zeitschrift „Current Biology“ berichten: Vor 50 Millionen Jahren lebten im Osten Asiens ganz ähnliche Insekten wie in Nordeuropa. Das zeigen Bernsteinfunde aus Ostchina, die momentan unter Beteiligung der Universität Bonn analysiert werden. In den fossilen Harzbrocken sind Gliederfüßer aus mehr als 80 verschiedenen Familien verewigt. Es ist ein einzigartiger Schnappschuss der damaligen Insektenwelt Ostasiens.

Konserviert in einem goldenen Sarg: Trauermücke eingebettet in Fushun-Bernstein. Foto: Bo Wang / Universität Bonn
Konserviert in einem goldenen Sarg: Trauermücke eingebettet in Fushun-Bernstein. Foto: Bo Wang / Universität Bonn

Noch steht die Auswertung der rund 3.000 Brocken ganz am Anfang. Doch schon jetzt ist klar, dass die Ergebnisse es in sich haben: „Im Fushun-Bernstein finden wir neben asiatischen Formen erstaunlich oft dieselben Insekten-Gattungen wie im baltischen Bernstein“, erklärt der Bonner Paläontologe Professor Dr. Jes Rust.

Der baltische Bernstein stammt aus der Ostsee-Region, fast 10.000 Kilometer von Fushun entfernt. Reichhaltige Fundstätten sind etwa die Küsten Mecklenburgs, Polens oder Westrusslands. Die baltischen Harzbrocken sind etwas jünger als die aus Fushun – schätzungsweise 40 bis 50 Millionen Jahre. Damals waren Europa und Asien durch einen breiten Meeresarm getrennt, die Turgai-Straße. Viele Forscher gingen bislang davon aus, dass sie Artenwanderungen zwischen den Kontinenten verhinderte oder zumindest stark erschwerte. „Die große Ähnlichkeit der eingeschlossenen Insekten hat uns daher sehr überrascht“, sagt Rust. „Wir wissen noch nicht, wie das zusammen passt.“

Vernachlässigter Schatz

In der Nähe der nordostchinesischen Stadt Fushun gibt es große Braunkohle-Vorkommen. Seit mehr als 100 Jahren graben die Menschen dort den Brennstoff aus der Erde. Dabei befördern sie auch immer wieder Bernstein-Brocken ans Tageslicht. Traditionell stellen die Einwohner daraus Schmuckstücke her. Besonders schöne Funde mit interessanten Einschlüssen sind bei Sammlern sehr begehrt.

Systematisch erforscht wurden die Einschlüsse bislang nicht. Erst der chinesische Paläontologe Dr. Bo Wang erkannte das wissenschaftliche Potenzial des Fushun-Bernsteins. Wang, momentan Forschungsstipendiat der Alexander von Humboldt Stiftung an der Bonner Uni, nutzte seine guten Kontakte zu Instituten und Sammlern, um die Funde systematisch zu erfassen. Die Auswertung erfolgt nun in Zusammenarbeit mit Paläontologen aus Europa und den USA.

Erst langsam wird klar, wie reichhaltig die Lagerstätte ist. Die Forscher haben bislang Spinnentiere und Insekten aus mehr als 80 Familien identifizieren können: Ein Schnappschuss aus der Vergangenheit, der en détail zeigt, welche Kleinsttiere vor 53 Millionen Jahren in Ostasien kreuchten und fleuchten.

Die Lagerstätte von Fushun füllt zudem einen weißen Fleck auf der Landkarte: Sie ist – mit Ausnahme von Indien – die einzige bedeutende Fundstelle für Bernstein in Asien. Leider werde der Tagebau in Fushun bald eingestellt, bedauert Rust. „Aber auch so wird uns die detaillierte Auswertung der Funde wohl noch eine ganze Weile beschäftigen.“

Publikation: Bo Wang, Jes Rust, Michael S. Engel, Jacek Szwedo, Suryendu Dutta, André Nel, Yong Fan, Fanwei Meng, Gongle Shi, Edmund A. Jarzembowski, Torsten Wappler, Frauke Stebner, Yan Fang, Limi Mao, Daran Zheng und Haichun Zhang; A Diverse Paleobiota in Early Eocene Fushun Amber from China; Current Biology 24 (2014); http://dx.doi.org/10.1016/j.cub.2014.05.048

Quelle/Text/Redaktion: Universität Bonn
Stand: 30.07.2014

Kaffee ja, Pillen nein

Eine Pille einwerfen und bei der Prüfung brillieren: Dass man seine geistige Leistungsfähigkeit mit Medikamenten und anderen Substanzen steigern kann, ist den meisten Studierenden bekannt. Praktiziert wird das sogenannte Neuroenhancement allerdings nur von sehr wenigen. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Nachwuchswissenschaftler der Universitätsallianz Ruhr im Rahmen der Global Young Faculty II durchgeführt haben. Sie befragten 1026 Studierende der Ruhr-Universität Bochum, der Universität Duisburg-Essen und der Technischen Universität Dortmund. Rund die Hälfte der Befragten setzt zur Leistungssteigerung auf Kaffee. Nur 14 hatten jemals Amphetamine zu diesem Zweck eingenommen.

Medikamente sind vielen bekannt, nur wenige nehmen sie ein

In der aktuellen Umfrage des Forscherteams um PD. Dr. Jan Schildmann, Institut für Medizinische Ethik und Geschichte der Ruhr-Universität (Leiter: Prof. Dr. Dr. Jochen Vollmann) gaben 897 der Befragten an, dass sie von verschreibungspflichtigen Medikamenten oder illegalen Psychostimulanzien als Möglichkeit der Leistungssteigerung gehört hätten. Allerdings berichten nur 14 Studierende, dass sie bereits Amphetamine, wie beispielsweise das zur Behandlung von ADHS eingesetzte Ritalin, zur geistigen Leistungssteigerung eingenommen hätten; immerhin 39 Studierende nutzten Cannabis zu diesem Zweck. Spitzenreiter unter den Substanzen, die mit dem ausdrücklichen Ziel zur geistigen Leistungssteigerung eingenommen wurden, waren Kaffee (574 Studierende), Energy drinks (419), Nikotin (147) und Koffeintabletten (125).

Sorge vor negativen Konsequenzen

Mit Hilfe von Neuroenhancement erbrachte Leistungen beurteilen die Befragten eher kritisch. 548 empfinden die Einnahme als unfair. 505 befürchten, dass eine fehlende Regulierung von Neuroenhancement den Druck erhöhen wird, Substanzen zur geistigen Leistungssteigerung einzunehmen. 620 Befragte fordern eine entsprechende Regulierung des Zugangs. Investitionen in die Forschung zu Substanzen zur geistigen Leistungssteigerung hält die Mehrheit der Befragten (799) für weniger wichtig, dagegen schätzen 751 Studierende Investitionen in Schule und Ausbildung als sehr wichtig ein.

Zugang zu Medikamenten erhöht den Druck zur Einnahme

„Die aktuellen Daten bestätigen den großen Bekanntheitsgrad von Substanzen zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit bei Studierenden“, so Studienleiter Jan Schildmann. „Dass die Mehrheit der Nutzer zu Kaffee und Energy drinks greift, ist mit Blick auf den einfachen Zugang und die soziale Akzeptanz nachvollziehbar.“ Die geringe Einnahme von sogenannte „smart pills“, also Medikamenten zur (vermeintlichen) geistigen Leistungssteigerung wie z.B. Ritalin, könne Ausdruck von Skepsis angesichts fehlender wissenschaftlicher Belege sein. Die Sorge der Studierenden, dass bei einfachem Zugang zu Medikamenten zur geistigen Leistungssteigerung sich der Druck zur Einnahme auch auf jene erhöht, die solche Maßnahmen ablehnen, sollte in der gesellschaftlichen Diskussion berücksichtigt werden, fordern die Forscher der Global Young Faculty.

Global Young Faculty

In der Global Young Faculty treffen sich herausragende Nachwuchswissenschaftler der Metropole Ruhr, um in interdisziplinären Arbeitsgruppen Themen von gemeinsamem Interesse zu bearbeiten. Das Netzwerk ist eine Initiative der Stiftung Mercator in Zusammenarbeit mit der Universitätsallianz Ruhr (UA Ruhr) und wird vom Mercator Research Center Ruhr (MERCUR) in Essen koordiniert.

Titelaufnahme

Cynthia Forlini, Jan Schildmann, Patrik Roser, Radim Beranek, Jochen Vollmann: Knowledge, experiences and views of german university students toward neuroenhancement: an empirical-ethical analysis. In: Neuroethics. 2014 DOI 10.1007/s12152-014-9218-z

Quelle/Text/Redaktion: Meike Drießen (RUB)
Dezernat Hochschulkommunikation
Stand: 26.08.2014

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