(aid) – Geben Landwirte ihre Tierhaltung auf, ist das ein tiefer Einschnitt in ihrer Biografie. War das Leben bis dahin vom täglichen Kümmern um die Tiere im Stall bestimmt, können der Landwirt und seine Familie sich zunächst über ihre Freiheit freuen. Frei vom täglich mehrmaligen Stallgang auch an Sonn- und Feiertagen, vom Füttern, vom Melken, von der Sorge um kranke Tiere, aber auch frei von schwankenden Preisen und dem Ärger über Politik und gesellschaftliche Forderungen. Doch ist es wirklich so einfach, die letzte Kuh, das letzte Schwein aus dem Stall gehen zu sehen?
Clemens Dirscherl und Ulrike Siegel vom Evangelischen Bauernwerk in Baden-Württemberg haben sich mit der Befindlichkeit von Landwirten auseinandergesetzt, die die Tierhaltung aufgegeben haben. Gespräche mit ihnen und Beobachtungen auf deren Höfen geben Aufschluss darüber, dass sie Tiere nicht nur als Objekte sehen, sondern ganz im Gegenteil. Während ihrer intensiven täglichen Beschäftigung mit ihnen haben sie enge Bindungen aufgebaut.
Oft wird die Aufgabe der Tierhaltung als Ausdruck fehlender Zukunftsperspektiven wahrgenommen und ein gewisser Neid entwickelt gegenüber Berufskollegen, die weitermachen. Und erst mit zunehmendem zeitlichen Abstand wird der neue Lebensrhythmus mit mehr Freiraum für andere Interessen, mehr persönlicher Gelassenheit und Muße positiv wahrgenommen. Erst dann kann sich eine neue Form von Lebensqualität entwickeln – auch ohne landwirtschaftliche Nutztierhaltung.
Renate Kessen, www.aid.de
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