In Dänemark und Frankreich steht das Thema Ferkelkastration bei Verbrauchern und im Handel nicht im Fokus. Über 90 Prozent der Landwirte kastrieren ihre Ferkel mit Schmerzmitteln. Deutschland laviert noch um die richtige Methode für die betäubungslose Kastration herum und stellt die Ebermast als eine von vielen Möglichkeiten heraus. Die Niederländer haben sich schon festgelegt und mästen ihre Schweine schon zur Hälfte als Jungeber.
Für Maarten Rooijakkers vom niederländischen Bauernverband LTO war es keine Frage, in die Ebermast einzusteigen. Er mästet rund 7.000 Eber in Aarle Rixtel vor den Toren Eindhovens. „Der Verbraucher ist die goldene Norm“, erklärt Rooijakkers. Und wenn die Verbraucher Eberfleisch wollen, dann bekommen sie es auch. Wer allerdings seine Mastschweine einfach nur durch Eber ersetzt, wird nicht erfolgreich sein. Die Landwirte müssen sich auf anspruchsvolle Tiere einstellen.
Sie brauchen etwa 20 Prozent mehr Platz, ohne dass der Stall umgebaut werden muss. Zehn bis 15 Ferkel pro Bucht können eingestallt werden. Eine Gruppenmast mit 50 Tieren gilt noch als unproblematisch. Die Plätze müssen sauberer sein, weil Skatol als einer der beiden für den Ebergeruch verantwortlichen Stoffe, über Haut und Lunge in das Tier gelangen kann. Ständiger Zugang zum Futter hält die Eber von der Beschäftigung mit anderen Ebern ab. Die Ebermast ist „lauter“ als bei normaler Mast.
Dennoch muss der Tierhalter erkennen, was noch normal ist oder bei welchen Tieren sich Rangeleien häufen. Frühzeitiges Aussortieren von Unruhestiftern sichert den Fortgang der Ebermast. „Wer das im Griff hat“, so Rooijakkers, „hat weder Tierverluste noch Kannibalismus auf seinem Betrieb.“
„Erfahrung und Professionalität machen die Ebermast heute unproblematischer als vor Jahren noch geglaubt“, erklärte Dr. Simone Müller von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) auf einer QS-Tagung. „Die höhere Aktivität muss in der Futterberechnung berücksichtigt werden. Eine Extra-Zulage von essentiellen Aminosäuren ist nicht notwendig. Hochwertige Futtermittel, die den höheren Muskelfleischanteil berücksichtigen, sind selbstverständlich“.
Die um ein bis zwei Prozent niedrigere Ausschlachtung wird über einen höheren Preis kompensiert. Die um 0,2 bis 0,3 Prozent bessere Futterverwertung spiegelt sich nach Angabe des Landwirtschaftsministeriums Nordrhein-Westfalen in der Ersparnis von 12 Prozent Ackerfläche für die Mastschweine wider.
Das Geheimnis des niederländischen Erfolgs liegt in der Zusammenarbeit der ganzen Kette. Es gibt eine Abnahmegarantie der Masteber, die menschliche Nase als Geruchsdetektor für den Ebergeruch wird beim Personal speziell geschult und der Handel bringt das Fleisch in den Supermarkt. Hinzu kommt eine Bewerbung im Rahmen der Woche des Schweins. Aber: Der Markt für Eberfleisch in den Niederlanden ist begrenzt. Erklärtes Ziel des Schweinesektors ist jetzt die Vermarktung im Ausland. (Roland Krieg, www.aid.de)