Erfolg hängt von sozialen Fähigkeit des Chefs ab

Wer viel Macht hat, kann viel bewegen? Wer sie als Brechstange einsetzt, der macht vor allem viel kaputt. Experten vom Institut für Psychologie der Universität Bonn haben untersucht, wie die „politischen Fertigkeiten“ von Führungskräften die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter beeinflussen. Ergebnis: Vorgesetzte müssen ihre Macht klug und verantwortungsvoll gebrauchen. Nur dann arbeiten ihre Kollegen motiviert und selbstständig – und das macht Unternehmen erfolgreich.

„Der beste Führer ist der, der sich mit sicherem Instinkt gute Leute sucht, die das tun, was er getan haben möchte – und der weise genug ist, sich nicht einzumischen, solange sie es tun.“ Theodore Roosevelt hat das gesagt, der 26. Präsident der USA. Und General Dwight D. Eisenhower soll am Tag der alliierten Invasion in der Normandie keinen einzigen Befehl gegeben haben – er wusste, dass es auf die selbstständigen Entscheidungen der Männer an der Front ankam. Was in der Weltgeschichte gilt, gilt auch für den Erfolg am Arbeitsplatz. „Die Macht eines Vorgesetzten ist nur der Hebel, nicht der eigentliche Erfolgsfaktor“, sagt Professor Dr. Gerhard Blickle vom Institut für Psychologie der Universität Bonn. „Entscheidend sind die politischen Fertigkeiten des Vorgesetzten.“ Mit seinem Team hat Professor Blickle diesen Zusammenhang untersucht. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Group & Organization Management“ erschienen.

Wer lautstark auf sein Chefsein pocht, schadet dem Unternehmen

Was die Psychologie „politische Fertigkeiten“ nennt, ist ein ganzes Bündel an emotionaler Kompetenz. Wer sie hat, kann „positive zwischenmenschliche Kontakte herstellen, ist überzeugungsstark und wirkt vertrauenswürdig“, erläutert Professor Blickle. Um herauszufinden, wie es damit an deutschen Arbeitsplätzen bestellt ist, sandten die Bonner Forscher spezielle Fragebögen an 476 Mitarbeiter und 190 Vorgesetzte aus ganz unterschiedlichen Branchen, von der öffentlichen Verwaltung über die Metall-, Chemie- und Elektroindustrie bis hin zu Stationen in Krankenhäusern. Die Antworten erfolgten vollständig anonym, ließen sich durch Schlüsselnummern jedoch einander zuordnen. Für die Auswertung nutzten die Experten das „Political Skill Inventary“ und das „Weymann-Inventar“ – anerkannte Verfahren, mit denen sie aus den Antworten die politischen Fertigkeiten der Führungskräfte und die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter ablesen konnten.

Die Ergebnisse sind eindeutig. Wenn Vorgesetzte viel Macht haben, aber keine politischen Fertigkeiten, kommt es laut Professor Blickle zum „Führungsdesaster“: „Die Mitarbeiter fühlen sich desorientiert und links liegen gelassen. Sie machen Dienst nach Vorschrift und zeigen keine Eigeninitiative mehr.“

Wer es als Chef besser machen will, sollte hingegen zwei Kriterien folgen. Erstens: Guter „aufgabenbezogener Führungsstil“ – das heißt, klare Anweisungen zu geben, Fragen und Vorschläge zuzulassen und gute Leistungen deutlich zu loben. Zweitens: Guter „mitarbeiterbezogener Führungsstil“ – das heißt, Respekt vor den Menschen zu haben. Das heißt zum Beispiel, nicht lautstark auf das eigene Chefsein zu pochen. Es heißt, auf die spezielle Situation der Kollegen einzugehen (Familienväter und -mütter also zum Beispiel nicht ständig zu Spät- und Wochenenddiensten einzuteilen). Das alles hat beste Folgen fürs Unternehmen: „Zufriedene Mitarbeiter lösen unvorhergesehene Probleme am Arbeitsplatz motiviert und selbstständig“, sagt der Bonner Psychologe. „Dieses freiwillige, nicht planbare Zusatz-Engagement macht Organisationen erfolgreich.“

Führungskraft ist ein Talent, das entwickelt werden muss

Die so überaus wichtigen „politischen Fertigkeiten“ hat nicht jeder – und erlernen lassen sie sich nur innerhalb gewisser Grenzen. Bereits in früheren Studien haben die Bonner Psychologen festgestellt, dass es dabei vor allem auf „Extraversion“ ankommt: das Vermögen, auf andere Menschen zuzugehen, sich in sie einzufühlen und sie für gemeinsame Aufgaben zu begeistern. Das ist dann zwar die halbe Miete – aber erst die halbe. Professor Blickle vergleicht es mit dem Spielen eines Instruments. „Musikalisch zu sein, ist größtenteils angeboren. Wer es ist, kann aber trotzdem noch nicht Klavierspielen.“

Auch extrovertierte Menschen müssen ihre Führungsqualität erst trainieren – etwa, indem das Unternehmen ihnen schon auf nachgeordnetem Posten Verantwortung gibt. „Wer wenig Macht, aber viel Verantwortung hat, der entwickelt gute politische Fertigkeiten.“ Eine kommende Aufgabe für die Experten könnte jetzt die Rolle der „Situationsregeln“ sein – der ungeschriebenen Gesetze, die in jedem Unternehmen anders sind. „Es reicht nicht, musikalisch zu sein und das Klavierspiel erlernt zu haben“, sagt Professor Blickle. „Man muss auch die Noten des Stückes kennen.“

Publikation:
Blickle, G.; Kane-Frieder, R. E.,; Oerder, K. et al.:
Leader behaviors as mediators of the
leader characteristics – follower satisfaction relationship.
Group & Organization Management 38, 601-628.

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