Nach dem Gewährleistungsrecht darf ein Käufer vom Verkäufer Ersatz für eine Sache oder deren Reparatur verlangen, wenn sie bei Übergabe defekt oder mangelhaft ist. Hierfür gilt eine Frist von zwei Jahren. In der Praxis verweigern Händler ihren Kunden diese Rechte jedoch häufig. Welche Branchen besonders betroffen sind und welche Strategien die Unternehmen bei der Ablehnung von Reklamationen verfolgen, haben die Verbraucherzentralen nun untersucht. Dazu wurden bundesweit vom 30. April bis 30. September rund 4.000 Reklamationsfälle ausgewertet.
Die Top-Ablehner
Als besonders kundenunfreundlich haben sich Elektro- und Möbelhändler hervorgetan. Insgesamt 1.069 der ca. 4.000 ausgewerteten Verbraucherbeschwerden betreffen diese Branchen.
Die beliebtesten Abwehrstrategien
„Unsere Aktion hat gezeigt, dass Unternehmen häufig behaupten, der Käufer habe den Schaden selbst verursacht“, so Sabine Fischer-Volk, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Brandenburg. In anderen Fällen wurden die reklamierenden Verbraucher direkt an die Hersteller verwiesen, obwohl laut Gesetz der Händler dafür zuständig ist.
Die größten Chancen, ihre Ansprüche durchzusetzen, hatten die Kunden in den ersten sechs Monaten der Gewährleistungsfrist. „In dieser Zeit geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Mangel von Anfang an bestand“, erklärt Sabine Fischer-Volk. Nach einem halben Jahr muss der Verbraucher beweisen, dass der Fehler schon zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war. „Vor meist teuren Sachverständigengutachten, die das belegen, schrecken viele Käufer natürlich zurück“, so Fischer-Volk weiter.
Die Aktion der Verbraucherzentralen zeigt aber auch: Selbst wenn Händler Reklamationen akzeptieren, legen sie oft diverse Kosten auf den Kunden um, die der laut Gesetz gar nicht tragen muss. So verlangten Händler wiederholt Nutzungsentschädigungen oder berechneten Aus- und Einbaukosten.
Handlungsbedarf
„Wir wollen Verstöße der Händler künftig mit kollektiven Rechtsmitteln noch stärker sanktionieren“, so Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg. „Denn es darf nicht sein, dass Händler systematisch das Nichtwissen ihrer Kunden ausnutzen.“ An den Gesetzgeber richtet sich die Forderung, die Fristen im derzeit bestehenden Gewährleistungsrecht auf den juristischen Prüfstand zu stellen.
„Darüber hinaus sollten die Händler ihr Verkaufspersonal hinsichtlich der Rechtsgrundlagen von Kaufverträgen besser aus- und fortbilden“, so Fischer-Volk. Zu guter Letzt wird die Verbraucherzentrale weiterhin umfassend über Käuferrechte aufklären. Denn: „Nur wer seine Rechte genau kennt, kann sie selbstbewusst durchsetzen“, sagt Juristin Fischer-Volk. Dazu werden landesweit Vorträge mit Informationsmaterialien angeboten.
Die Aktion wurde aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages im Rahmen eines vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geförderten Projekts „Wirtschaftlicher Verbraucherschutz“ durchgeführt. Im Zeitraum vom 30.4.2013 bis zum 30.9.2013 wurden in allen Länderverbraucherzentralen die Verbraucherbeschwerden detailliert erfasst.
Individuellen Rat erhalten Betroffene
– in den Verbraucherberatungsstellen –
Terminvereinbarung unter 01805 / 00 40 49 jeden Mo bis Fr von 9 bis 16 Uhr (14 ct/min a. d. dt. Festnetz, mobil max. 42 ct/min) oder online unter www.vzb.de/terminvereinbarung –
– am Beratungstelefon unter 09001 / 775 770 jeden Mo bis Fr von 9 bis 18 Uhr (1 €/min a. d. dt. Festnetz, Mobilfunk abweichend) sowie
– per persönlicher E-Mailberatung
Stand: 12.12.2013