Lebendiges Gemüse: Auch nach der Ernte funktioniert die innere Uhr noch

Bestimmte Obst- und Gemüsearten sind offenbar auch nach der Ernte noch lebendig und richten ihre Stoffwechselaktivitäten noch für kurze Zeit nach dem Tag-Nacht-Rhythmus. Der Nährstoffgehalt ist je nach Tageszeit unterschiedlich. Das ist das Resultat einer US-amerikanischen Studie, die im Fachblatt „Current Biology“ veröffentlicht wurde.

In früheren Studien hatten die Wissenschaftler bereits festgestellt, dass sich bei der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) die Menge eines bestimmten Pflanzenhormons im Laufe des Tages ändert. Dieses Hormon koordiniert die Produktion von Pflanzeninhaltsstoffen, darunter auch Abwehrsubstanzen gegen Fraßschädlinge. Diese Senfölglykoside werden in der Morgendämmerung reichlich gebildet, dann wenn auch bestimmte Raupen besonders aktiv sind.

Die Ackerschmalwand gehört zur Familie der Kreuzblütler und ist eng mit dem Gemüsekohl (Brassica oleracea) verwandt. Daher lag es nahe zu prüfen, ob auch bei dieser Kulturpflanze die Menge an Senfölglykosiden im Tagesverlauf schwankt. Dazu wurden nicht die Pflanzen auf dem Acker, sondern abgeschnittene Stücke des Kohls untersucht. Pflanzen bestehen aus Blättern, Früchten und Wurzeln. Diese Einheiten können zumindest für kurze Zeit auch getrennt überleben, Licht wahrnehmen und ihren Stoffwechsel danach ausrichten. Da die Zellen aktiv bleiben, müsste auch die innere Uhr funktionieren.

Für die Experimente wurden in einer abgedichteten Kammer Hell-Dunkel-Zyklen simuliert, die entweder dem normalen Tag-Nacht-Rhythmus entsprachen oder entgegengesetzt waren. Nach drei Tagen wurden die Raupen eines Nachtfalters zu den Kohlstücken gegeben und untersucht, wie viel sie fraßen und wie stark sie zunahmen. Das Resultat: War der Kohl an einen normalen Tag-Nacht-Rhythmus gewöhnt, fraßen die Raupen weniger und hatten eine geringere Größe. Dieser Effekt nahm allerdings mit der Zeit ab und war nach einer Woche Lagerung kaum noch festzustellen. Auch andere Gemüse- und Obstarten wie Salat, Spinat, Möhren und Heidelbeeren hatten weniger Fraßschäden, wenn der tägliche Hell-Dunkel-Wechsel zur richtigen Zeit ablief.

Auch auf den Nährstoffgehalt wirkt sich der Hell-Dunkel-Rhythmus aus. Kurz vor oder nach Beginn der hellen Phase enthielt der Kohl laut Studie besonders viele Nährstoffe. Demnach wäre es sinnvoll, das Gemüse nicht im dunklen Kühlschrank aufzubewahren, sondern einem normalen Tag-Nacht-Rhythmus auszusetzen. Auch für die Praxis dürften die Ergebnisse interessant sein, wenn es um den optimalen Zeitpunkt für die Ernte und Konservierung von Gemüse und Obst geht.

Heike Kreutz, www.aid.de

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