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Der Waschbär – erst gewollt, dann gejagt

Invasive Tierarten

(aid) – Der Waschbär (Procyon lotor) ist wohl eines der bekanntesten Beispiele für invasive Tierarten in Deutschland. Bereits 1927 wurde er von Pelztierzüchtern eingeführt. Heute ist er vor allem im Dreiländereck Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen anzutreffen. Die Vorkommen in Deutschland gehen zum einen auf aus der Gefangenschaft geflohene Tiere zurück als auch auf vorsätzlich für die Jagd ausgesetzte. Aufgrund ihrer geringen Ansprüche an die Nahrung und ihrer guten Anpassungsfähigkeit konnten sie sich erfolgreich im neuen Lebensraum etablieren und sich seitdem deutlich ausbreiten.

Der zur Familie der Kleinbären gehörende Waschbär stammt ursprünglich aus Nord- und Mittelamerika. Er lebt hauptsächlich in strukturreichen Laubmischwäldern, gerne in Gewässernähe. Als Allesfresser ernährt er sich sowohl von Pflanzen als auch von Wirbeltieren und Wirbellosen. Je nach Jahreszeit stehen Schnecken, Würmer, Fische, Frösche, Vögel, Eier und – zu rund einem Drittel – auch Nüsse und Obst auf seiner Speisekarte. Als Kulturfolger ist er auch in Städten anzutreffen, wo er sich beispielsweise von Speiseresten in Mülltonnen ernährt. Natürliche Feinde hat der Waschbär in Mitteleuropa kaum. Erwachsenen Tieren kann nur der Luchs gefährlich werden, den Jungen allerdings auch Uhu, Adler und Fuchs. Waschbären sind vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Tagsüber ruhen sie zum Beispiel auf Bäumen oder in dichter Vegetation.

Trotz der starken Ausbreitung des Waschbärs sind noch keine flächendeckenden ökologischen Folgen zu verzeichnen. Es wird jedoch vermutet, dass er in gewässernahen Biotopen mit anderen heimischen Tieren ähnlicher Größe – wie Dachs oder Fuchs – konkurriert beziehungsweise einen gewissen Beutedruck ausübt. Regional kann es auch zu Problemen kommen, wie etwa in Brandenburg, wo er sich auf das Ausgraben von Eiern der Europäischen Sumpfschildkröte spezialisiert hat. Diese ist streng geschützt und gehört zu den vom Aussterben bedrohten Tieren in Deutschland. Als hervorragender Kletterer gefährdet der Waschbär zudem baumbrütende Vogelarten. Für den Menschen ist der mit dem Waschbären eingeschleppte Spulwurm Baylisascaris procyonis gefährlich.

Eine reguläre Bejagung wird von den Natur- und Tierschutzverbänden abgelehnt. In fast allen Bundesländern ist er jedoch ganzjährig jagdbar. Im Jagdjahr 2012/13 wurden nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes 104.371 Waschbären erlegt, das waren knapp 47 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Übrigens: Waschbären haben außerordentlich bewegliche und empfindliche Vorderfüße, mit denen sie ihre Nahrung betasten. Die Daumen werden teilweise sogar zum Umgreifen von Gegenständen eingesetzt. Seinen deutschen Namen hat der Waschbär von der Eigenheit, in Gefangenschaft seine Beute mehrmals unter Wasser zu tauchen. Das sieht aus, als würde er sie waschen.

Heike Stommel, www.aid.de

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