Ein kleiner Schimmelrasen auf der Konfitüre oder der Brotkrume – großzügig entfernen oder komplett wegschmeißen? Gesundheit geht vor, deshalb gehören verdorbene Lebensmittel in den Abfall. Während ein Verderb durch Schimmelpilze bei Brot oder Konfitüre augenscheinlich gut zu erkennen ist, kann man sich bei vielen anderen Lebensmitteln, die mit krankheitserregenden Bakterien behaftet sind, nicht auf die Sinne verlassen. Krankheitserreger und schädliche Bakterien kann man weder sehen, riechen noch schmecken. Besonders bei kühlpflichtigen, leicht verderblichen Produkten wie etwa Hackfleisch, aber auch gebratenen Frikadellen, gefüllten Teigtaschen oder geräuchertem Fisch können sich vorhandenen Bakterien bei unsachgemäßer Lagerung oder zu langer Lagerdauer so stark vermehren, dass sie Erkrankungen nach dem Verzehr verursachen können.
Welche Rolle spielt das Mindesthaltbarkeitsdatum? Und was kann man tun, um Lebensmittel möglichst lange frisch und hygienisch einwandfrei zu lagern? Wie lange halten sich geräucherter Fisch, Wurst oder das gekochte Nudelgericht. Kompetente Antworten auf diese und viele andere Fragen liefert die neue aid-Broschüre „Lebensmittelhygiene – Praxishandbuch zur Lebensmittellagerung im Haushalt“. Sie erklärt, warum Lebensmittel verderben, welche Krankheitserreger beteiligt sein können und unter welchen Bedingungen sie sich vermehren. Zudem werden die klassischen Möglichkeiten der Lebensmittellagerung vorgestellt und Tipps zur optimalen Verpackung und Unterbringung in Kühl- und Gefriergerät sowie im Vorratsschrank beziehungsweise in der Vorratskammer gegeben.
Das Kapitel Hygiene spricht alle wichtigen Bereiche des sorgfältigen Umgangs mit Lebensmitteln an, von der persönlichen Hygiene über die Sauberkeit in der Küche bis zur hygienischen Zubereitung und Lagerung. Zudem gibt es für nahezu alle wichtigen Lebensmittelgruppen individuelle Tipps zum Einkauf, Umgang und zur Lagerung. Die Liste reicht von Eiern und Fisch über Fleisch, Brot, Milchprodukten, Obst, Gemüse und Fetten bis zu Zucker und Getränken, einschließlich Wein und Bier. Auch Soßen, Gewürze und Convenienceprodukte werden berücksichtigt. Ausführliche Tabellen fassen die wichtigsten Infos zu jedem Produkt auf einen Blick zusammen. Damit ist die Broschüre ein Muss für alle Profis, die in Küche und Gastronomie eine besondere Verantwortung gegenüber ihren Gästen haben, und für alle Verbraucher, denen ein sorgfältiger Umgang mit Lebensmitteln am Herzen liegt. / www.aid.de
aid-Broschüre „Lebensmittelhygiene – Praxishandbuch zur Lebensmittellagerung im Haushalt“, 108 Seiten, Erstauflage 2013, Bestell-Nr. 61-3922, ISBN/EAN: 978-3-8308-1079-7, Weitere Innfos: www.aid-medienshop.de
Warum essen Menschen häufig zu viel? Ein Grund ist, dass sie die Portionsgrößen unterschätzen. Experimente eines internationalen Forscherteams unter Beteiligung der Universität Bonn ergaben, dass die Probanden die Portionen teils nur halb so groß wahrnahmen wie sie tatsächlich waren. Wenn die Testpersonen dagegen die angebotenen Speisen verlockend fanden, aber gleichzeitig wussten, dass diese ungesund sind, kam es zu deutlich besseren Schätzungen der Essenrationen. Die Ergebnisse, die nun im “Journal of Consumer Psychology” veröffentlicht sind, könnten auch Konsequenzen für Gesundheitskampagnen haben.
Konsumenten neigen dazu, Portionsgrößen zu unterschätzen: Eine 300 Gramm schwere Riesen-Schokoladentafel ist häufig genauso schnell verputzt wie eine herkömmliche 100 Gramm-Packung. Und trotz aller Warnungen erfreuen sich stark gesüßte XXL-Drinks großer Beliebtheit. Wer aber auf Dauer zu viel süße und stark fetthaltige Lebensmittel zu sich nimmt riskiert, zum Beispiel an Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken. Was führt dazu, dass Konsumenten Portionsgrößen tendenziell eher zu klein einschätzen?
Dieser Frage ging ein Forscherteam der Business School INSEAD in Frankreich zusammen mit dem Center for Economics and Neuroscience, dem Life & Brain Zentrum und dem Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) der Universität Bonn sowie der Rotterdam School of Management in den Niederlanden auf den Grund. Yann Cornil, ein Doktorand am INSEAD und Erstautor der Studie sagt: „Menschen, die gesund essen wollen, neigen dazu, sehr darauf zu achten, was sie Essen, aber nicht genug darauf, wie viel sie Essen. Dies ist ein Problem, da die Portionsgrößen in Restaurants in den letzten 15 Jahren enorm gestiegen sind.“
Kinder schätzten die Portionsgrößen nur halb so groß
Das internationale Forscherteam führte drei verschiedene Experimente mit Probanden unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Gesundheitseinstellungen durch. An einem Online-Experiment nahmen insgesamt 84 Grundschüler teil. Auf Fotos präsentierten ihnen Forscher der Universität Bonn zunächst Teller mit Schokoladenstückchen und kleinen Karotten, deren Anzahl ihnen mitgeteilt wurde. Die nächsten Bilder zeigten dann zunehmende Mengen, die die Kinder schätzen sollten. „Je größer die Rationen wurden, desto mehr unterschätzten die Grundschüler die Schokoladen- und Karottenmengen“, berichtet Prof. Dr. Bernd Weber, Leiter der NeuroImaging-Forschungsgruppe am Life & Brain Zentrum der Universität Bonn. Häufig empfanden die jungen Testpersonen die Portionen nur halb so groß, wie sie wirklich waren.
Kommt es bei Erwachsenen zu ähnlichen Fehleinschätzungen? Die französischen Forscher um Prof. Dr. Pierre Chandon legten 115 jungen Erwachsenen Packungen mit Gummibärchen vor, deren Gewicht sie schätzen sollten. Die Süßigkeit war teils als ungesunde Variante deklariert und zum anderen Teil als Nahrungsmittel mit wertvollen Omega-3-Fettsäuren und Vitaminen. Das Verlangen nach den beiden Arten von Gummibärchen steigerten die Forscher bei einem Teil der Probanden, indem diese vorher probieren durften. Auch hier zeigte sich wieder: Die Testpersonen, die vorher kosten durften und die „ungesunden“ Gummibärchen bekamen, schätzten die Portionsgrößen am genauesten ein.
Können Menschen, die auf ihre Gesundheit achten, Portionsgrößen besser einschätzen? Dies testeten die Forscher um Prof. Dr. Nailya Ordabayeva, indem sie aus einem Fitness-Studio in Rotterdam insgesamt 116 Männer und Frauen rekrutierten. Die Probanden wurden zunächst zu ihrem Gesundheitsbewusstsein befragt. Dann wurden wiederum Fotos mit unterschiedlichen Mengen Chips präsentiert, die entweder als fettreduziert oder normal ausgewiesen waren. Hier schätzten die Probanden am besten die Portionsgrößen, die sich selbst als gesundheitsbewusst einstuften und es mit der ungesunden Normal-Chips-Variante zu tun hatten.
Wichtige Ergebnisse für Ernährungskampagnen
„Die Nahrungsmenge kann offensichtlich dann besonders gut eingeschätzt werden, wenn Probanden das Angebotene verlockend finden und gleichzeitig wissen, dass es ungesund ist“, sagt Prof. Ordabayeva. Diese Ergebnisse sind laut Wissenschaftler wichtig für Ernährungskampagnen. „In früheren Studien am INSEAD konnten wir zeigen, dass unser Gehirn sehr schlecht darin ist, Veränderungen von Portionsgrößen zu unterscheiden. Im Durchschnitt schätzen wir eine Größenveränderung von 100 Prozent nur als 50 bis 70 Prozent größer ein. In dieser Studie konnten wir zeigen, wieso manche Menschen dies besser können als andere“, sagt Prof. Chandon.
Die derzeitige Strategie, durch Hinweise auf die Folgen ungesunder Ernährung einseitig auf Abschreckung zu setzen, funktioniere nach den jetzt vorliegenden Resultaten nicht, sagt Prof. Weber. Es sollten bei Ernährungstipps nicht nur die negativen Folgen zu süßer und zu fetthaltiger Lebensmittel hervorgehoben werden, sondern auch das positive Gefühl, wenn gesunde Lebensmittel schmecken. Diese Doppelstrategie führe absehbar zu einem genaueren Abschätzen des tatsächlichen Portionsbedarfs. Weitere Forschung zum Thema sei aber erforderlich.
Publikation: The Acuity of Vice: Attitude Ambivalence Improves Visual Sensitivity to Increasing Portion Sizes, “Journal of Consumer Psychology”, DOI: 10.1016/j.jcps.2013.09.007, Internet: http://www.sciencedirect.com/science/journal/aip/10577408
Mit 5 kultivierten Arten (Cushawkürbis (Cucurbita argyrosperma), Feigenblatt-Kürbis (Cucurbita ficifolia), Riesen-Kürbis (Cucurbita maxima), Moschus-Kürbis (Cucurbita moschata) und Garten-Kürbis (Cucurbita pepo)) und über 800 Sorten, wovon etwa 200 den Weg auf den deutschen Markt finden, gibt es wohl kaum eine Pflanze mit so vielen Gesichtern wie die große Familie der Kürbisse.
Selbst Fachleuten ist es unmöglich, die große Sortenvielfalt zu überblicken, zumal jedes Jahr unzählige neue Züchtungen hinzukommen. Eines scheint zumindest sicher: Kürbisse zählen zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt. Archäologischen Funden nach kannte und kultivierte man Kürbisse in Südamerika schon vor über 10.000 Jahren, in Ägypten vor 5.000 Jahren.
Das Fruchtfleisch der wilden Kürbisse war bitter
Ursprünglich hatten es die Urvölker nur auf die Samen, also die Kürbiskerne der wild wachsenden Pflanzen abgesehen. Das Fruchtfleisch der wilden Kürbisse war bitter und wurde erst später zu einem wohlschmeckenden Lebensmittel herangezüchtet. Als Christoph Kolumbus Amerika entdeckte, fanden einige Sorten schon sehr bald den Weg nach Europa. Dort kultivierte man sie vor allem auf den Fürsten- und Königshöfen und in den Klostergärten.
Kürbisse sind die größten Beeren der Welt
Heute werden Kürbisse in allen Teilen der Welt angebaut. Viele Sorten wachsen auch in Deutschland ausgesprochen gut. Übrigens: Kürbisse sind die größten Beeren der Welt. Denn botanisch gesehen gelten sie als Beerenfrüchte, genauer als Panzerbeeren. Denn die Schale, die mit zunehmender Reife der Frucht immer härter wird, ist wie ein Panzer und ermöglicht so Haltbarkeiten von mehreren Monaten. Kürbisse sind sehr frostempfindlich. Sie werden deshalb erst nach dem letzten Frost im Frühjahr ausgesät. Geerntet werden sie je nach Sorte ca. 1,5-5 Monate später, möglichst noch vor dem ersten Frost im Herbst. Laut Guinness-Buch der Rekorde 2011 wog der größte Kürbis, ein sog. Riesenkürbis, 824,86 kg, soviel wie ein alter Golf.
Man unterscheidet zuerst einmal zwischen Speise- und Zierkürbissen. Zierkürbisse werden in der Regel nicht größer als 10-15 cm. Sie sind wunderschön anzusehen, sollten aber wegen ihres Gehalts an Cucurbitacin nicht verzehrt werden. Diese Substanz kann zu Magenverstimmung, Übelkeit und Erbrechen führen.
Kürbissorten
Wesentlich größer und oft nicht weniger dekorativ sind die unzähligen Sorten der Speisekürbisse. Hier gilt: Erst dekorieren, dann verspeisen. Die unglaublich lange Haltbarkeit der meisten Speisekürbisse von oft mehreren Monaten lässt dies problemlos zu. Gemeint sind hier Herbstarrangements mit verschiedenen Kürbissen für drinnen und draußen. Die Schale darf dabei nicht verletzt werden und sollte nicht auf feuchtem Untergrund stehen. Wer Halloween-Laternen aus den Kürbissen schnitzt, sollte das ausgehöhlte Fruchtfleisch natürlich möglichst schnell verarbeiten.
Speisekürbisse werden wiederum in Sommer- und Winterkürbisse eingeteilt. Sommerkürbisse sind bis auf die Zucchini bei uns kaum bekannt, obwohl einige interessante Sorten unter ihnen zu finden sind. Winterkürbisse weisen einen stärkeren Eigengeschmack auf als Sommerkürbisse.
Der Hauptunterschied liegt in der Ernte. Während man Winterkürbisse weitgehend ausreifen lässt und nur einmal beerntet, beginnt man bei den Sommersorten bereits ab 6 Wochen nach der Aussaat mit der laufenden Beerntung, die sich bis in den September zieht. Die nicht ausgereiften Früchte der Sommersorten schmecken besser und besitzen eine wesentlich zartere Konsistenz. Das macht sie zu einem hervorragenden Gartengemüse, zumal sie im Vergleich zu den Wintersorten sehr wenig ranken.
Wichtige Sorten
Wichtige Sorten sind die verschiedenen Patissons (auch Melonenkürbis, Kaisermütze, Melonensquash oder Courge genannt), z. B. die Sorte „Weißer Ufo“, die aussieht wie eine am Rand gewellte Diskusscheibe oder der Nizzakürbis (Tondo Chiaro di Nizza), der aussieht, wie eine runde Zucchini. Ein besonders interessanter Vertreter ist der Spaghetti-Kürbis. Steckt man den etwa 20 cm großen, ovalen Kürbis als Ganzes in den Kochtopf (Schale mehrmals einstechen), bildet sich sein Fruchtfleisch nach 30-40 Minuten zu spaghettiartigen Fäden. Nach dem Garen muss der Kürbis nur noch aufgeschnitten, die Kerne entfernt, die „Spaghetti“ herausgelöst und mit einer leckeren Sauce serviert werden. Die Fäden können natürlich auch direkt aus der Schale verzehrt werden.
Wesentlich verbreiteter als die Sommerkürbisse sind die Winterkürbisse, allen voran der Riesenkürbis. Der orangefarbene Kürbis mit einem Durchmesser von in der Regel 30-50 cm ist ideal zum Schnitzen der Halloween-Masken, weshalb er im Handel auch als „Halloween-Kürbis“ angeboten wird. Das ausgehöhlte Fruchtfleisch eignet sich übrigens hervorragend für Suppen und andere Speisen.
Mit zu den besten Speiskürbissen zählt der „Uchiki Kuri“, eine relativ neue japanische Züchtung, die im Handel meist unter ihrem Überbegriff „Hokkaido“ verkauft wird. Der tief orangenfarbene Kürbis hat eine rundlich-zwiebelartige Form und wiegt zwischen 1-2,5 kg. In der Küche ist dieser Speisekürbis extrem vielseitig. Das feste Fruchtfleisch mit seinem nussig-kastanienartigen Geschmack eignet sich zum Füllen, zum Braten, zum Überbacken, in Würfel geschnitten zum Backen im Ofen oder auch zum Frittieren, ebenso für Pies, Suppen, Pürees, Süßspeisen oder auch als Rohkost. Er zählt zu den besonders karotinhaltigen Sorten.
Auch die birnenförmigen, meist beigefarbenen Butternuts (Butternüsse) gelten als erstklassige Speisekürbisse. Sie haben mit über 90 % einen enorm hohen Fruchtfleischanteil, wenig Kerne und ein sehr cremiges Fruchtfleisch ähnlich einer Avocado. Ihr Gewicht liegt zwischen 1-3 kg. In der Küche sind sie, wie auch der Hokkaido, universell einsetzbar. Butternüsse zählen zur Gruppe der sogenannten Moschuskürbisse. Ihren Namen hat diese Gruppe ihrem feinen, moschusartigen Duft zu verdanken.
Zu den Moschuskürbissen gehört auch der Muskatkürbis, der wegen seines zarten Fleisches und seines ausgezeichneten Aromas in Europa sehr beliebt ist. Auch hier sind der Zubereitung kaum Grenzen gesetzt.
Da sich die einzelnen Sorten in Ihren Nährwerten stark unterscheiden, ist es nicht möglich, allgemeingültige Nährwertangaben über Kürbisse zu treffen. Eines aber steht fest: Kürbisse sind sehr gesund. Ähnlich wie Gurken eignen sie sich bestens zum Entschlacken, da sie sehr kalorien- und natriumarm sind und dabei jede Menge Kalium enthalten. Daneben besitzen sie reichlich Vitamin E und B-Vitamine und dazu reichlich pflanzliche Ballaststoffe.
Besonders Winterkürbisse enthalten große Mengen an Karotin, der Vitamin-A-Vorstufe, die im Rahmen der Krebsprophylaxe als sehr bedeutend eingestuft wird. Manche Sorten sollen sogar mehr als das 10-mal so viel wie Karotten besitzen.
Wer Winterkürbisse länger einlagern möchte, sollte folgendes beachten: Gleich nach der Ernte für 2-3 Wochen Raumtemperatur zum Nachreifen. Die Schale sollte so hart sein, dass man sie mit dem Fingernagel nicht mehr verletzen kann. Anschließend kühl (10 °C) und trocken lagern. So halten viele Kürbissorten bis zu 3 Monaten.
Wenn man über Kürbisse spricht, darf man die Kürbiskerne und das daraus gewonnene Öl nicht vergessen. Fast jede Bäckerei bietet heute Kürbiskernbrot und -brötchen an. Die dafür verwendeten Kerne entstammen im Wesentlichen einer Wintersorte, dem Steirischen Ölkürbis. Seine Kerne haben keine Schale und sind besonders wohlschmeckend. Außerdem werden ihnen positive Eigenschaften u. a. bei Prostatabeschwerden nachgesagt. Aber auch andere Kürbiskerne sind lecker und wohlschmeckend. So kauen viele Menschen im Orient Kürbiskerne mit Schale als Knabberei.
Das Interesse an der „Steinzeiternährung“ ist in den vergangenen Jahren neu erwacht. Verfechter des so genannten Paläo-Prinzips (von „Paläozoikum“ = Erdaltertum) empfehlen, sich nach dem Vorbild unserer Vorfahren aus dieser Zeit zu ernähren. Für die steinzeitlichen Gene des Menschen komme nur steinzeitliche Kost in Frage. Doch „die heutigen Lebensbedingungen sind fundamental anders als in der Steinzeit und erfordern eine zeitgemäße Ernährung“, widersprach Professor Claus Leitzmann dieser These auf der Fachtagung des Verbands für Unabhängige Gesundheitsberatung e. V. (UGB) in Gießen. Auch die Grundlagen dieser Theorien sind zu einseitig. Der Mensch sei zwar ein Omnivor, sprich ein Allesfresser, und ein Opportunist nach dem Motto „iss, was du kriegst“, eine Haltung, die über Jahrmillionen sein Überleben gesichert hat, aber unsere Organe sind eindeutig pflanzlich geprägt.
Die Evolution unserer Ernährung umfasst eine sehr viel längere Zeitspanne als die Steinzeit, die vor 2,6 Millionen Jahren anfing und vor etwa 10.000 Jahren endete. Die ersten Säugetiere tauchten bereits vor etwa 150 Millionen Jahren auf und die ersten Primaten, unsere nächsten Verwandten im Tierreich, vor etwa 55 Millionen Jahren. „Wenn man bedenkt, wie sich unsere sehr frühen Vorfahren ernährt haben und unsere Verwandten im Tierreich heute noch ernähren, dann zeigt sich, dass es eine überwiegend pflanzliche Kost war und ist“, informierte der Mitbegründer der Gießener Konzeption der Vollwert-Ernährung. Das könne man anhand anatomischer und physiologischer Gegebenheiten sehr gut nachvollziehen, wenn man typische Fleischfresser und typische Pflanzenfresser aus dem Tierreich mit dem Menschen vergleicht.
Der Speichel von Fleischfressern ist wässrig, der von Pflanzenfressern dagegen enthält Enzyme, die Kohlenhydrate abbauen. Auch Zähne, Zunge, Magen und Darm unterscheiden sich deutlich. Bei diesem Vergleich falle der Mensch ganz eindeutig in die Gruppe der Pflanzenfresser. „Das wichtigste Argument ist für mich, wie unsere Organe beschaffen sind, nämlich größtenteils geprägt durch pflanzliche Kost. Diese Erkenntnis reicht weiter als die Paläo-Diät, denn unsere Organe haben sich in den letzten zwei Millionen Jahren im Gegensatz zu unseren Genen sehr wenig verändert“, so Leitzmann.
Es sei nicht auszuschließen, dass es Zeiten gegeben hat, in denen sich die Menschen überwiegend von Fleisch ernährt haben. Doch dies bedeute nicht, dass sich unsere Organe in dieser Zeit in Richtung Fleischfresser wesentlich verändert hätten. Auch die Tatsache, dass Menschen kein Vitamin C bilden können, spricht für die kontinuierliche Aufnahme pflanzlicher Kost. „Wir verbringen den ganzen Tag vor dem Computer. Das ist in der Natur nicht vorgesehen. Deshalb müssen wir überlegen, wie hat uns die Evolution geschaffen, welche Erkenntnisse stehen uns heute zur Verfügung, welchen Lebensstil führen wir, und dann die Schlussfolgerung ziehen.
Was bleibt, ist die Empfehlung zu überwiegend pflanzlichen und wenig tierischen Produkten, sprich statt Mammutsteaks reichlich Gemüse und Nüsse, gewisse Mengen an Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten sowie Kräuter und Rohkost – Obst und fermentierte Produkte. Das wäre die Lösung“, daran besteht für den Experten, der in Deutschland zu den renommiertesten Ernährungswissenschaftlern zählt, kein Zweifel.