Neue Medikamente gegen die Schuppenflechte – das waren in den vergangenen Jahren fast ausschließlich Biologika. Das Spektrum der äußerlichen Therapie wurde zuletzt vor zwei Jahrzehnten mit künstlichen Abwandlungen von Vitamin D3 erweitert. Vielen Betroffenen erscheint diese Form der Behandlung als mühsam und zeitaufwändig. Ihr Erfolg ist auf die ins Auge fallenden Krankheitszeichen begrenzt. Forscher gehen davon aus, dass eine äußerliche Therapie bei einem Drittel der Menschen mit Psoriasis nicht genügt.
Wer seine Psoriasis jedoch mit einer Salbe oder Creme behandeln möchte oder keine schwere Form der Erkrankung hat, bekommt vom Hautarzt seit Jahren die gleichen Präparate, viele inzwischen als Generikum. Ein ganz praktischer Vorteil: Der Patient muss keine zusätzlichen Arztbesuche für Laborkontrollen oder Bestrahlungen einplanen. Und: Unerwünschte Effekte bleiben auf die Haut begrenzt – es sei denn, grobe Therapiefehler führen zur Aufnahme erhöhter Wirkstoffmengen in den Körper.
Einem Team von Forschern der Ruhr-Universität um den Biophysiker Prof. Klaus Gerwert ist es gelungen, den Weg eines Arzneimittels bis in eine Zelle hinein genauestens zu verfolgen. Die Wissenschaftler konnten in Zusammenarbeit mit der Onkologin Prof. Anke Reinacher-Schick (St. Josef Hospital Bochum) die verschiedenen Prozesse von Erlotinib (Handelsname Tarceva) in Krebszellen und auf dem Weg dorthin mithilfe der Ramanmikroskopie beobachten. Die Ergebnisse sind in der neuesten Ausgabe des Journals Analyst publiziert.
Per „Carrier“ zum Zielort
Um zu verstehen, wie ein Medikament wirkt, muss nicht nur der Wirkmechanismus verstanden werden, sondern auch die sogenannte Pharmakokinetik, also die Gesamtheit aller Prozesse, denen ein Arzneistoff im Körper unterliegt. Hierzu gehören der Transport zum Wirkort und sein eventueller biochemischer Umbau, der durch den Stoffwechsel bedingt wird. Das Medikament Erlotinib kann oral verabreicht werden und wird bei Lungenkrebs und Bauchspeicheldrüsenkrebs bereits erfolgreich eingesetzt. Damit Erlotinib an seinen Zielort gelangen kann, wird es in einen „Carrier“ gepackt, der es zu seinem Wirkort im Inneren der Krebszelle bringt. Dort kann das Erlotinib ganz gezielt ein bestimmtes Protein binden, das für das Zellwachstum zuständig ist. Diese Bindung kann das aus den Fugen geratene Wachstumssignal innerhalb der Krebszelle gezielt stoppen. Molekulare Therapien, bei denen passgenaue Moleküle gezielt Wachstumssignale der Krebszellen ausschalten, sind für den Patienten meist erheblich nebenwirkungsärmer als die klassische Chemotherapie, da die Wirkung genau an der Stelle der Fehlfunktion eintritt.
Auflösung im Nanometerbereich
Es gibt verschiedene etablierte Methoden, um die Verteilung eines Medikamentes zu untersuchen. Allerdings haben diese Methoden meist eine sehr geringe Ortsauflösung. Es kann nicht erkannt werden, wo genau innerhalb einer Zelle das Molekül angreift. Ferner sind oft komplizierte und störende Markierungen des Moleküls nötig.
Diese können die Wirkung beeinflussen oder sogar komplett ausschalten. Im Gegensatz zu den etablierten Methoden kann die konfokale Ramanmikroskopie mit hoher räumlicher Auflösung Moleküle direkt ohne jede Markierung ausfindig machen. Die Auflösung des Ramanmikroskopes liegt bei etwa 500 Nanometern. Das ist 100-mal dünner als ein menschliches Haar. So können nicht nur einzelne Krebszellen, sondern auch Komponenten im Inneren der Zelle unterschieden und somit der Wirkort genau bestimmt werden.
Präzise und nebenwirkungsarm
Das Besondere an der aktuellen Untersuchung ist, dass das Medikament nicht nur erfolgreich in der Zelle lokalisiert werden konnte. Das Raman-Spektrum zeigte auch, dass das Medikament von der Zelle verändert wurde. So ist der Wirkstoff nicht nur von seinem „Carrier“ getrennt worden. Darüber hinaus ist auch noch eine kleine Untereinheit des Wirkstoffes in der Zelle durch andere Proteine der Krebszelle abgespalten worden. „Diese Arbeit zeigt das große Potenzial der Ramanmikroskopie für die Untersuchung von Wirkmechanismen“, so Prof. Klaus Gerwert. Damit können Wirkstoffe noch präziser an die Aufgaben in der Zelle angepasst werden und sind damit mit weniger Nebenwirkungen belastet.
Projektförderung
Fördermittel für das Projekt stammen vom Land NRW im Rahmen des Europäischen Proteinforschungsinstituts PURE, dessen Sprecher Prof. Gerwert ist.
Titelaufnahme
S.F. El-Mashtoly, D. Petersen, H.K. Yosef, A. Mosig, A. Reinacher-Schick, C. Kötting and K. Gerwert (2014): Label-free imaging of drug distribution and metabolism in colon cancer cells by Raman microscopy, Analyst, DOI: 10.1039/C3AN01993D
Wundersame Ergebnisse häufen sich: Bei manchem Patienten bessern sich Beschwerden, obwohl im verschriebenen Medikament kaum oder kein Wirkstoff enthalten ist. Das funktioniert auch bei der Behandlung der Schuppenflechte. Forscher an der Universität in Rochester haben bemerkt, dass die Wirkung von Kortisonsalben auch dann anhält, wenn nur noch ein Viertel der üblichen Dosis enthalten ist. Bei einem Versuch von Essener Wissenschaftlern erhielten Probanden zunächst eine parfümierte Erdbeermilch zusammen mit Ciclosporin, das die Immunabwehr unterdrückt. Später tauschte man das Ciclosporin gegen ein Placebo aus. Doch durch Geschmack und Aussehen der Phantasiemilch war das Gehirn auf eine verminderte Immunaktivität getrimmt. Die Zahl der Immun-Botenstoffe und Immun-Zellen blieb weiterhin niedrig.
Die „Behandlung“ mit Placebos ist aber auch umstritten – sowohl wegen der (Nicht-) Wirkung als auch aus ethischen Gesichtspunkten. Die einen sehen die Schein- Therapie als Betrug am Patienten. Andere nehmen die Schummelei gelassen: Wer heilt, hat recht.
Jahre und Jahrzehnte wurden Menschen mit Psoriasis beim Arzt milde belächelt, wenn sie von ihrem Juckreiz berichteten. Lehrbuchwissen war: Die Schuppenflechte juckt nicht – im Gegensatz zur Neurodermitis. Inzwischen wissen Forscher mehr. Sie haben die Ergebnisse ihrer Arbeit weitergetragen, und so wird das nervige Problem der Betroffenen ernster genommen. Eigene Juckreiz-Sprechstunden in Universitätskliniken zeugen davon.
Viele Psoriatiker finden den quälenden Juckreiz und das zwanghafte Kratzen schlimmer als die Hautkrankheit selber. Die Patienten sind wegen der gestörten Nachtruhe im Alltag übermüdet und unkonzentriert. Sie isolieren sich oft von ihrer Umwelt, bekommen Probleme in der Partnerschaft. Die Verzweiflung über den ständigen Juckreiz kann manche bis zum Selbstmord treiben – männliche Jugendliche sind doppelt so stark gefährdet wie weibliche.
In der neuen Ausgabe der Patientenfachzeitschrift „PSOaktuell“ (01/2013) erhalten Betroffene Tipps für den Umgang mit dem Juckreiz im Alltag. Zudem wird erklärt, wie dem Problem mit äußerlichen und innerlichen Therapien beizukommen ist.
Weil die Schuppenflechte für Betroffene oft ein lebenslanger Begleiter ist, wächst der Wunsch nach einer möglichst natürlichen Behandlung. Das ist beispielsweise in Kliniken möglich, die Naturheilverfahren in ihr Therapieangebot aufgenommen haben. Einige Häuser haben Erfahrungen speziell mit der Behandlung der Psoriasis oder Psoriasis arthritis und werden im aktuellen Heft vorgestellt.