Schlagwort-Archiv: Kosten

BdSt-Musterverfahren jetzt beim Verfassungsgericht

Kosten für ein Erststudium oder eine Erstausbildung sind beruflich veranlasst und müssten deshalb steuerlich besser berücksichtigt werden – damit folgt der Bundesfinanzhof (BFH) der Auffassung des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Das oberste deutsche Steuergericht hat ein vom BdSt unterstütztes Musterverfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. „Der Gesetzgeber sollte den Beschluss zum Anlass nehmen, die Kosten für Erststudium und Erstausbildung steuerlich vollständig anzuerkennen“, fordert BdSt-Präsident Reiner Holznagel. „Studium oder Ausbildung sind keine Privatvergnügen. Sie sind die Grundlage für junge Menschen, um im späteren Berufsleben lebenswichtige Einnahmen zu erzielen.“

Im Fall studierte der Kläger internationale Betriebswirtschaftslehre. Dazu gehörte ein Auslandssemester in Australien. Die Kosten für dieses Auslandsstudium, wie Studiengebühren, Miete, Verpflegungsmehraufwand und Flug, machte der junge Mann in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 als vorweggenommene Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ordnete die Kosten der privaten Lebensführung zu und berücksichtigte sie lediglich als Sonderausgaben. Damit wirkten sich die Kosten für das Auslandssemester steuerlich nicht aus. Mit seiner Klage und der Revision beim BFH begehrt der Kläger, die Kosten für das Studium als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen und entsprechende Verluste festzustellen. Nun muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Der aktuelle Vorlagebeschluss stellt einen weiteren Höhepunkt im Streit um die steuerliche Behandlung von Berufsausbildungs- und Studienkosten dar. Ausgangspunkt war ein Urteil des Reichsfinanzhofs aus dem Jahr 1937. Damals entschieden die Richter, dass Aufwendungen für eine Ausbildung zur privaten Lebensführung gehören. Die Ausbildung sei „für die Erlangung der für den Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten grundsätzlich der steuerlich unbeachtlichen Privatsphäre zuzuordnen“. Der Bundesfinanzhof brach mit dieser „Lebenskampf“-Rechtsprechung bereits 2002. Seitdem versucht der Gesetzgeber durch immer neue Nichtanwendungsgesetze die studentenfreundliche Rechtsprechung des BHF auszuhebeln. Mit dem so genannten Zollkodex-Anpassungsgesetz plant der Gesetzgeber derzeit sogar, die Erstausbildung im Einkommensteuergesetz zu definieren. Damit soll der Steuerabzug von Studienkosten weiter eingeschränkt werden.

Wer profitiert? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vorlagebeschluss finden Sie hier.

Schlaganfall sorgt noch Jahre später für steigende Kosten

Die Kosten zur Behandlung eines Schlaganfalls und seiner Folgen sind hoch, besonders im ersten Jahr. Dass sie je nach Krankheitsform aber zwischen dem fünften und zehnten Jahr nach dem Schlaganfall auch noch deutlich ansteigen, das zeigt eine neue Studie, in der zwei Wissenschaftler der Uniklinik Köln gemeinsam mit australischen Forschern die Langzeitkosten des Schlaganfalls untersucht haben.

Basis für bisherige Krankheitskostenstudien waren über maximal fünf Jahre erhobene Daten. Die australische Studie ist die erste, in die Daten eines Zehnjahreszeitraums einbezogen wurden. Die Ergebnisse wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Stroke veröffentlicht.

Frühere Studien zur Messung der gesellschaftlichen Kosten des Schlaganfalls, sogenannte Krankheitskostenstudien, beschränken sich auf Datenerhebungen über maximal fünf Jahre. Die Lebenszeitkosten wurden dann auf Basis dieser Daten geschätzt. Dabei war unklar, ob es nach dem fünften Jahr weitere Veränderungen gibt. Eine solche Veränderung der Kosten zwischen fünf und zehn Jahren konnte ein Forschungsteam aus Köln und Melbourne nun für intrazerebrale Blutungen – Hirnblutungen im Hirngewebe selbst – feststellen.

„Da die Kosten der Versorgung über das erste Jahr hinaus nicht sinken und für intrazerebrale Blutungen zwischen dem fünften und zehnten Jahr danach, sogar um 31 Prozent steigen, sollte die Prävention des Schlaganfalls und seiner Folgen in den Mittelpunkt gestellt werden“, so das Fazit von Tristan Gloede, Erstautor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR) der Uniklinik Köln. „Viel könnte erreicht werden, wenn man an den modifizierbaren Risikofaktoren, wie Bluthochdruck und Diabetes ansetzte“, ergänzt Professorin Dominique Cadilhac, Seniorautorin der Studie und Professorin am Stroke and Ageing Research Centre der Monash University in Melbourne, Australien.

Für die aktuelle Studie wurden 243 Patienten mit ischämischem Schlaganfall – einer plötzlichen Minderdurchblutung des Gehirns – sowie 43 Patienten mit intrazerebraler Blutung interviewt, die mehr als zehn Jahre überlebt hatten.

Zentrale Ergebnisse der Studie sind:

  • Die direkten Kosten des ischämischen Schlaganfalls verlaufen nach dem ersten Jahr  relativ konstant und betragen im zehnten Jahr durchschnittlich 5.207 US-Dollar (circa 4.527 Euro).
  • Die direkten Kosten der intrazerebralen Blutung steigen zwischen dem fünften und zehnten Jahr um 31 Prozent an und betragen im zehnten Jahr durchschnittlich 7.607 US-Dollar (circa 6.039 Euro).
  • Der Großteil der direkten Kosten im zehnten Jahr wird verursacht durch Medikamente und Pflegeaufwand. Rehabilitationskosten verringern sich deutlich im Zeitverlauf.
  • Insgesamt belaufen sich die Lebenszeitkosten des ischämischen Schlaganfalls auf 68.769 US-Dollar (circa 54.596 Euro) und die der intrazerebralen Blutung auf 54.956 US-Dollar (circa 43.630 Euro) pro Fall.

„Wir haben nicht erwartet, dass sich die Kosten zwischen dem ischämischen Schlaganfall und der intrazerebralen Blutung so stark unterscheiden würden. Ebenso stellen wir fest, dass es nicht ausreicht, nur im ersten Jahr Kostendaten zu erheben, um damit die Lebenszeitkosten zu schätzen“, sagt Gloede, der an der Durchführung der Studie mit Unterstützung des Forschungsförderungsprogramms Köln Fortune der Uniklinik Köln teilgenommen hat.

Bei der Übertragung der Ergebnisse auf das deutsche Gesundheitssystem sollte jedoch mit Vorsicht vorgegangen werden. Sarah Halbach, Ko-Autorin der Studie und ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMVR erklärt: „In Australien gibt es ein staatliches Gesundheitssystem, das andere Leistungen für Schlaganfallpatienten vorsehen kann. Zudem können sich die Preise, beispielsweise für Medikamente, unterscheiden.“ Grundsätzlich ist aber auch in Deutschland von hohen Langzeitkosten auszugehen, die nicht bloß für die gesetzliche Krankenversicherung, sondern auch für die Pflege- und Rentenversicherung sowie für pflegende Angehörige anfallen. Auch hier ist somit die Prävention des Schlaganfalls und daraus folgender Komplikationen von entscheidender Bedeutung. „Wir hoffen, dass die Ergebnisse der Studie helfen, die Schlaganfallprävention voranzubringen, und dass mögliche Interventionen verstärkt auf ihre Kosteneffektivität hin untersucht werden“, so Gloede.

Originalarbeit:

Gloede, T. D., Halbach, S. M., Thrift, A. G., Dewey, H. M., Pfaff, H., Cadilhac, D. A. Long-Term Costs of Stroke Using 10-Year Longitudinal Data From the North East Melbourne Stroke Incidence Study. Stroke DOI: 10.1161/STROKEAHA.114.006200.

Quelle/Text/Redaktion: www.uk-koeln.de

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...