Wenn man nach fleischfressenden Pflanzenarten gefragt wird, fallen einem vielleicht die Venusfliegenfalle, der Morgentau oder die berühmten Kannenpflanzen der tropischen Regenwälder ein. Dass auch die Tomaten- und Kartoffelpflanzen im eigenen Garten dazu gehören, ist eine Erkenntnis, die sogar erfahrene Botaniker überrascht.
Diese Entdeckung verdankt die Fachwelt Wissenschaftlern des Royal Botanical Gardens Kew in London. Sie fanden heraus, dass beide Nutzpflanzen mit Hilfe klebriger Härchen an den Stengeln kleine Insekten töten und die Nährstoffe der herabgefallenen Tiere nach und nach über die Wurzeln aufnehmen. Nach Meinung der Forscher entwickelten die Wildformen der heutigen Kulturpflanzen diesen Mechanismus, um auch auf armen, ungedüngten Böden überleben zu können.
Doch auch in den heutigen, intensiv gezüchteten Sorten blieb diese Fähigkeit der Nährstoffgewinnung erhalten. Neben Tomaten und Kartoffeln konnte der Mechanismus auch bei vielen weiteren Pflanzenarten nachgewiesen werden, etwa für Petunien, Ziertabak oder das Hirtentäschelkraut. Die Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass die Zahl der fleischfressenden Pflanzen allgemein unterschätzt wird. Ihrer Ansicht nach gibt es 50 Prozent mehr fleischfressende Arten, wenn man die bisher als „harmlos“ eingestuften Pflanzen einbezieht.
Jürgen Beckhoff, www.aid.de
Stand: 01/2010