In Europa kommen immer weniger Kühe auf die Weide. So lautet das Fazit einer Studie der Universität Wageningen im Auftrag der Weltgesellschaft für Tierschutz, kurz WSPA. Die Wissenschaftler untersuchten den aktuellen Zustand der Weidehaltung von Milchkühen und deren voraussichtliche Entwicklung bis 2025 in sechs nordwesteuropäischen Ländern (Niederlande, Nordwest-Deutschland, Schweden, Dänemark, Irland, England und Nordirland). Dazu nutzten sie statistische Daten und führten Interviews mit Experten.
Danach lag der Anteil der Kühe mit Weidegang im Jahr 2012 zwischen 30 Prozent in Dänemark und 100 Prozent in Irland. In Nordwest-Deutschland waren es etwa 50 Prozent. Bis zum Jahr 2025 wird aber ein Rückgang auf zwei Prozent erwartet. Auch in Dänemark, in den Niederlanden und in Großbritannien sollen in Zukunft deutlich weniger Kühe auf den Wiesen grasen.
Der zunehmende Trend zur ganzjährigen Stallhaltung sei vor allem auf die Intensivierung der Landwirtschaft zurückzuführen. Die Betriebe stehen unter Druck, ihre Leistungsfähigkeit zu steigern und höhere Erträge pro Kuh zu erzielen, so die Wissenschaftler.
Doch nach den Ergebnissen der Studie ist auch die Weidehaltung finanziell lohnend. Zum einen haben die Erzeuger geringere Fütterungs- und Stallhaltungskosten und können daher mehr Gewinn pro Liter Milch erzielen. Ein weiterer Vorteil sind Gesundheit und Wohlbefinden der Tiere. Auf der Weide können die Rinder eher ihren natürlichen Verhaltensweisen nachgehen. Sie produzieren zwar weniger Milch, sind aber auch gesünder und leben länger.
In den Niederlanden zum Beispiel gibt es einige erfolgreiche Modelle wie Weideprämien, die Anreize für Weidehaltung schaffen. Regierungen und die Milchindustrie sollten in Forschung und technologische Neuerungen investieren, um diese traditionellen Haltungssysteme zu erhalten, rät die WSPA.
Nach einer Landwirtschaftszählung des Deutschen Bauernverbands aus dem Jahr 2010 werden in ganz Deutschland 42 Prozent der Milchkühe mit Weidegang gehalten. Regional gibt es allerdings Unterschiede. So weiden in Bayern nur 16 Prozent der Tiere, in Nordrhein-Westfalen dagegen 82 Prozent und in Schleswig-Holstein 77 Prozent. In Ostdeutschland mit vorwiegend großen Beständen ist Weidegang weniger verbreitet (www.aid.de)
Weitere Informationen:
www.wageningenur.nl/en/Expertise-Services/Research-Institutes/lei.htm, Bericht „Grazing dairy cows in North-West Europe“,
www.was-wir-essen.de/abisz/milch_erzeugung_haltung_milchkuehe.php
aid-Heft „Milchkuhfütterung“, Bestell-Nr. 1089, Preis: 3,50 Euro, www.aid-medienshop.de