Ziegenherde mit Kitzen

Wenn es Kitze in der Herde gibt, ist die Eingewöhnung von jungen Milchziegen mit weniger Stress verbunden. Das hat eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien ergeben. Vermutlich führt die Anwesenheit der Kitze zur Ausschüttung von Bindungshormonen, die das soziale Verhalten fördern.

In der Milchziegenhaltung ist es verbreitet, dass die Kitze wenige Tage bis Wochen nach der Geburt von ihren Müttern getrennt werden. So kann mehr wertvolle Milch in den Verkauf gelangen. Meist nach etwa acht Monaten werden die Jungziegen wieder in die Herde eingegliedert – entweder nach deren erster Trächtigkeit oder nach dem ersten Ablammen. Häufig ist die Eingewöhnung mit Stress verbunden. Denn eine Ziegenherde ist strikt hierarchisch organisiert. Herdenfremde Tiere müssen erst ihren Platz finden. Es kommt zu Rangkämpfen und aggressivem Verhalten und nicht selten zu Verletzungen. Dieser Stress senkt nicht nur das Wohlbefinden der Tiere, sondern auch die Milchproduktion.

Um den idealen Zeitpunkt für die Eingewöhnung von Jungziegen in eine bestehende Herde zu finden, haben die Wiener Wissenschaftler 32 Ziegen beobachtet. Die Hälfte der Tiere wurde eingeführt, als Jung- und Altziegen trächtig waren und keine Milch gaben – also in der Trockenphase. Die zweite Gruppe brachten die Wissenschaftler kurz nach dem Ablammen zur Herde zurück. Alle Ziegen gaben Milch und die Kitze liefen mit. Der soziale Stress in den ersten sieben Tagen nach der Einführung in die Herde wurde anhand des Verhaltens der Tiere (Stöße mit dem Horn, Bisse, Drohgebärden etc.) und Verletzungen sowie des Hormonspiegels eingeschätzt. Fazit: Jungziegen erfahren deutlich weniger sozialen Stress, wenn sie kurz nach dem Ablammen eingeführt werden. In „trockenen“ Herden dagegen erlebten die Tiere häufiger aggressives Sozialverhalten und die Stresshormone stiegen deutlich an.

Die Wissenschaftler vermuten, dass die Kitze die Aufmerksamkeit ihrer Mütter auf sich ziehen und sie dadurch von anderen Ziegen ablenken. Zudem führt ihre Anwesenheit möglicherweise zur Ausschüttung von Oxytocin. Dieses Hormon stärkt nicht nur die Bindung zum Nachwuchs, sondern macht die Tiere sozialer, wirkt beruhigend und stressmindernd. Weitere Studien sollen zeigen, ob der verringerte soziale Stress eher auf die Gegenwart der Kitze oder die Milchproduktionsphase zurückzuführen ist.
Heike Kreutz, www.aid.de

Weitere Informationen:

www.vetmeduni.ac.at
aid-Heft „Schaf- und Ziegenrassen“, Bestell-Nr. 1547, Preis: 3,00 Euro, www.aid-medienshop.de

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