Volkskundler auf den Spuren von Fronleichnam

Fronleichnamsprozession 1969 in Münster-Wolbeck: Unter dem "Himmel" trägt der Priester die Monstranz. Foto: LWL-Archiv
Fronleichnamsprozession 1969 in Münster-Wolbeck: Unter dem „Himmel“ trägt der Priester die Monstranz. Foto: LWL-Archiv

Westfalen (lwl). „Das katholische Hochfest Fronleichnam, das am Donnerstag (4.6.) gefeiert wird, hat in Westfalen eine lange Tradition, die bis ins 13. Jahrhundert zurückgeht“, sagt Jakob Smigla-Zywocki von der Volkskundlichen Kommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), der sich intensiv mit der Geschichte des Fronleichnamsfestes beschäftigt hat.

Neben dem Gottesdienst gehört die Prozession als zentrales Element zu dem Festtag. Die Verbindung von Fronleichnamsprozessionen mit Flurschutz, Feldweihen und Wetterbitten, führte dazu, dass das Fest ab dem 15. Jahrhundert bei der bäuerlichen Bevölkerung immer beliebter wurde. „Die Menschen auf dem Land glaubten an die Segen spendende Kraft der an ihren Feldern vorbei getragenen Monstranz“, so Smigla-Zywocki. Die Monstranz ist ein reich geschmücktes, oftmals goldenes Schaugerät. Es ist meist in Form einer Sonne oder eines Herzens gestaltet, in dessen Mitte die Hostie eingesetzt wird. „Aufgrund des Glaubens an deren Segen ließen sich einmal eingeführte Wege kaum noch ändern. Die Anrainer setzten alle Hebel in Bewegung, damit die Prozession wie gehabt an ihren Feldern vorbei führte, um den Segen zu empfangen“, erklärt Smigla-Zywocki.

Blumenteppich im Vorsehungskloster in Münster Handorf, Fronleichnam 1952. Der Teppich wurde alljährlich zum Prozessionsfest von den Schülerinnen des Vorsehungs-klosters entworfen und gelegt und konnte bis zu einem Kilometer lang werden. Foto: LWL-Archiv
Blumenteppich im Vorsehungskloster in Münster Handorf, Fronleichnam 1952. Der Teppich wurde alljährlich zum Prozessionsfest von den Schülerinnen des Vorsehungs-klosters entworfen und gelegt und konnte bis zu einem Kilometer lang werden.
Foto: LWL-Archiv

Zumeist geht der Priester mit der erhobenen Monstranz unter einem Baldachin, der sowohl als Schutz- und Herrschaftssymbol Christi, wie auch als symbolische Darstellung des Himmels zu deuten ist. „Bei der Fronleichnamsprozession ist es nach katholischer Auffassung Christus selber, der mitgeführt und geleitet wird“, so der LWL-Volkskundler. Die Prozession führt gewöhnlich zu vier Stationsaltären, die die Himmelsrichtungen symbolisieren. In Sandebeck (Kreis Höxter) wurden die vier Altäre in den 1950er Jahren zum Beispiel mit Kränzen, Blumen, Heiligenbildern ‚Triumpfbögen‘ und Kruzifixen geschmückt. An jedem der Altäre wurden die Anfänge der vier Evangelien gelesen. Mitgebrachte Blumensträuße wurden an den Altären geweiht. Sie sollten später Haus und Hof vor allem Übel und Krankheiten schützen.

Die Prozession wird von den Erstkommunkindern angeführt, die auch heute noch in ihren weißen Gewändern dem Klerus voranschreiten und manchmal „Engelchen“ genannt werden. In gebührendem Abstand folgen dem Priester und der Monstranz die Laien, in einigen Orten nach Geschlecht, Status und Vereinszugehörigkeit geordnet. Auch eine Musik-, oder Blaskapelle gehört beispielsweise in Münster-Coerde oder Neuenkirchen (Kreis Steinfurt) zur Prozession.

In einigen Regionen Westfalens, zum Beispiel im Möhnetal im Kreis Soest, ist es noch Brauch den Festzug durch das „Fronleichnamsschießen“ zu begleiten. Die am Ende der Prozession gehenden Männer zünden zu Beginn der Prozession an den vier Altären und zum Abschluss des Festes Böller. Fast ganz verschwunden ist der Brauch, den Weg der Prozession ganz oder teilweise mit Blumenteppichen auszulegen. Diese waren von Ort zu Ort unterschiedlich lang. Manchmal maßen sie einige Meter, in anderen Fällen jedoch viele hundert Meter. So gab es bis in die 1990er Jahre prächtige Altar-Blumenteppiche in den Gemeinden Ohlenbach und Westfeld bei Schmallenberg (Hochsauerlandkreis). Auch in Bochum, in Münster und in zahlreichen Gemeinden bei Olpe und Rheine (Kreis Steinfurt) waren derartige Teppiche bis Mitte der 1960er Jahre üblich. Der Blumenläufer war für gewöhnlich eher schmal, so dass nur der Priester mit der Monstranz über ihn schritt.

In den letzten Jahrzehnten haben die LWL-Volkskundler eine Vereinfachung des Fronleichnamsfestes beobachtet. Die Prozessionen werden vielerorts verkürzt, steuern mittlerweile nur noch einen oder zwei Altäre an und auch die Ausschmückung der Straßen und Häuser ist zurückhaltender. „Dennoch ist das Fest ein Brauch mit einer langen Geschichte, und es lohnt sich an Fronleichnam eine Prozession zu beobachten, oder daran teilzunehmen. Es gibt viel zu entdecken“, so Smigla-Zywocki.

Hintergrund
Fronleichnam ist ein wichtiges Kirchenfest, bei dem die Hostie im Mittelpunkt steht. „Wir können das Fest auf eine Vision der Augustinernonne Juliana von Lüttich aus dem 13. Jahrhundert zurückführen. Sie will in einer Vision im Mond eine Lücke gesehen haben und glaubte, dass sie nur durch ein hohes Kirchenfest ausgefüllt werden könne“, so Smigla-Zywocki. Papst Urban IV., der ursprünglich ebenfalls aus Lüttich stammte, erhob Fronleichnam am 11. August 1264 zum allgemeinen kirchlichen Fest. Um es bekannter zu machen, wurde allen Gläubigen, die sich an Prozessionen beteiligten, einen Ablass von 100 Tagen gewährt, das heißt ihren Seelen blieben 100 Tage im Fegefeuer erspart.

Begünstigt durch die relative Nähe zum Bistum Lüttich, ist die erste Fronleichnamsfeier in Münster bereits 1264 nachweisbar. „Westfalen war somit eine der Keimzellen der neuen Festbewegung nördlich der Alpen, die sich von hier weiter ausbreitete“, so Smigla-Zywocki. Bis zum 14. Jahrhundert hatte sich das Fronleichnamsfest in einheitlichen Formen in der katholischen Welt durchgesetzt. Zu den Brauchträgern gehörten neben der Geistlichkeit die Zünfte und Gilden. In Attendorn (Kreis Olpe) waren beispielsweise die Schumacher, Leinenweber und Schneider bis in die 1950er Jahre die Träger der Fahnen und Stäbe der Fronleichnamsprozessionen. An vielen Orten gründeten sich ferner Fronleichnamsbruderschaften und ab dem 15. Jahrhundert verfügte nahezu jede größere Stadt über Fronleichnamsordnungen, in denen der Veranstaltungsrahmen vorgegeben wurde.

Volkskundliche Kommission für Westfalen
Scharnhorststr. 100
48151 Münster
Karte und Routenplaner

Historische Ziegelproduktion in Lage

Ein eingespanntes Pferd zieht die Karre durch den Lehm, der so geschmeidig genug wird um daraus Ziegel zu formen. Foto: LWL
Ein eingespanntes Pferd zieht die Karre durch den Lehm, der so geschmeidig genug wird um daraus Ziegel zu formen. Foto: LWL

Lage (lwl). Wie bekam der Lehm die richtige Konsistenz, als man noch keinen Kollergang hatte? Wie erhielten die Ziegel ihre Form, als die Strangpresse noch in ferner Zukunft lag? Und wie brannte man Rohlinge, bevor es Ringöfen gab? Diese und andere Fragen werden beantwortet, wenn im LWL-Ziegeleimuseum Lage am Sonntag (7.6.) einen Tag lang in historischer Manier Ziegel hergestellt werden. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) heißt alle Interessierten in der Zeit von 11 bis 16 Uhr zum Zuschauen willkommen.

Der brennende Feldbrandofen. Foto: LWL
Der brennende Feldbrandofen.
Foto: LWL

Bereits am Donnerstag (4.6.) zuvor kann man Ofensetzer Christian Stiesch zwischen 11 und 17 Uhr zusehen, wie er einen Feldbrandofen aufbaut. Feldbrandöfen bestehen ausschließlich aus den Ziegelrohlingen, die gebrannt werden sollen und lagenweise nach einem bestimmten Verfahren aufgeschichtet werden. Um den Ofen abzudichten und die Wärme im Inneren halten zu können, werden die Außenwände des Ofens mit einer dünnen Schicht Lehm bestrichen. Durch die ungleichmäßige Temperaturverteilung im Ofen sind die auf diese Weise gebrannten Ziegelsteine von recht unterschiedlicher Qualität: Im Inneren des Ofens liegende Steine werden heißer gebrannt und weisen deshalb eine bessere Qualität auf als die außen liegenden.

Am Sonntag können die Besucher neben dem Ziegelbrand im Feldbrandofen zusehen, wie Ziegel im Handstrichverfahren geformt werden und wie ein Pferd im Pferdegöpel den Lehm geschmeidig macht. Mussten früher die Ziegler noch selbst den Lehm mit den Füßen vermischen, stellte der Einsatz von Mischbühnen („Göpel“) eine große Arbeitserleichterung dar: Das Pferd zog eine mit Steinen beschwerte Karre im Kreis durch den Lehm, sodass das Material für die Ziegel aufbereitet werden konnte. Ein Pferdegöpel wurde je nach Größe mit einem oder zwei Pferden betrieben und musste den ganzen Tag in Gang sein, um den Lehmnachschub für die Ziegelproduktion zu gewährleisten. Das Antreiben der Pferde war meist Aufgabe der jüngeren Ziegler.

Als weitere Attraktion fährt an diesem Tag die Feldbahn um das Gelände der ehemaligen Ziegelei Beermann.

LWL-Industriemuseum – Ziegeleimuseum Lage
Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur
Sprikernheide 77
32791 Lage
Karte und Routenplaner

Mit GPS und Drohnen gezielt arbeiten

Pflanzenschutz zwischen Kröten und Bienen

(aid) – Landwirte und Imker arbeiten nicht per se gegeneinander. Konflikte werden beispielsweise vermieden, wenn sie sich über die Anwendungszeit für Pflanzenschutzmittel absprechen. Wenn tagsüber die Bienen fliegen, fährt der Landwirt eben nachts über das Feld. Damit aber auch die Knoblauchskröte bei ihrer nächtlichen Wanderung nicht mit Pflanzenschutzmitteln besprüht wird, empfiehlt Holger Pfeffer vom Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg die Anwendung am Tag. Das sieht auf den ersten Blick nicht nach konfliktfreier Lösung aus. Wie Pflanzenschutz und Umweltschutz dennoch zusammen arbeiten und wie GPS, Smartphones oder Drohnen dabei helfen können, wurde auf einem Dialogforum auf der Brandenburgischen Landwirtschaftsausstellung BraLa vorgestellt.

In Brandenburg sind die mehr als 50.000 Kleinstgewässer zwar landschaftlich eine prägende Kulisse sowie Heimat vieler Pflanzen- und Tierarten, aber für die Landwirtschaft ein schwer berechenbares Hindernis. Vielfach gibt es keine eng definierbare Gewässergrenze. Nach ergiebigem Niederschlag breitet sich das Kleingewässer schon mal um das Mehrfache aus, berichtet Pfeffer. Was dem Landwirt hilft: Die Amphibienforschung hat Kröten und Lurche fest im Blick. Sie wandern zwar auch weite Strecken über Land, aber auf einigermaßen festen Wanderrouten. Die können in das GPS-Systems des Traktors eingespeichert werden, um sie bei der Anwendung auszusparen.

So weicht die Technik auch den tagsüber herumschwirrenden Bienen aus. Sie besuchen die gelb leuchtende Rapsblüte, während die Düsen der modernen Pflanzenschutzspritzen tiefer gehängt werden können. Damit wird ein Wirkstoff gezielt hingebracht, wo er hin gehört.

„Mit einer breiten Fruchtfolge hole ich mir weniger Probleme auf den Betrieb“, benannte Peter Kaim von der Havellandhof Ribbeck GbR seine Betriebsstrategie. Hilfe beim gezielten Pflanzenschutz findet er beim Pflanzenschutzwarndienst. Die Landesämter überwachen die Populationen der einzelnen Schaderreger vom Pilz bis zum Fraßkäfer. Die aktuellen Hinweise, Bekämpfungstipps und Aufwandmengen holen sich die Landwirte auch noch auf dem Feld mobil über das Smartphone.

Ganz modern wird es mit dem so genannten Agrokopter. Mit bis zu 80 km/h überfliegt die „Drohne“ einen Hektar Fläche innerhalb von vier Minuten und wirft in Kugeln aus biologisch abbaubarem Mais Trichogramma-Schlupfwespen ab. Zwei Anwendungen beispielsweise decken die gesamte Flugperiode des Maiszünslers ab. Maschinenringe bieten solche Dienstleistungen an.
Roland Krieg, www.aid.de

Männer trinken riskanter als Frauen

(aid) – Jedes Jahr sterben mindestens 74.000 Menschen an den Folgen von Alkoholmissbrauch oder Alkohol und Tabak kombiniert. Das geht aus dem Drogen- und Suchtbericht 2015 hervor, den die Drogenbeauftragte der Bundesregierung kürzlich vorgestellt hat.

Jeder Deutsche konsumiert durchschnittlich 9,6 Liter reinen Alkohol im Jahr. Rund 9,5 Millionen Menschen trinken in einem gesundheitlich riskanten Ausmaß. Das bedeutet mehr als 12 g Reinalkohol pro Tag für Frauen und mehr als 24 g für Männer. Ein kleines Glas Bier enthält z. B. etwa 10 g Alkohol, ein Achtel Glas Wein 11 g. Bei etwa 3,4 Millionen Erwachsenen bis 64 Jahren liegt eine Alkoholabhängigkeit oder ein Alkoholmissbrauch vor, zeigen Zahlen des Epidemiologischen Suchtsurveys (ESA).

Nach der letzten Erhebung aus dem Jahr 2012 haben nur 3,6 Prozent noch nie Alkohol konsumiert, weitere 9,8 Prozent lebten im vergangenen Jahr abstinent. Bei jungen Erwachsenen bis zu einem Alter von 24 Jahren sind auf der einen Seite die Abstinenzraten am höchsten. Wer jedoch in diesem Alter Alkohol konsumiert, zeigt besonders problematische Trinkmuster. Im Jahr 2012 tranken 19,2 Prozent der jungen Männer und 12,8 Prozent der jungen Frauen als riskant geltende Alkoholmengen. Generell haben Männer gegenüber Frauen ein erhöhtes Risiko für Rauschkonsum. Rauschtrinken wird definiert als mindestens einmal im Monat sehr oder mehr alkoholische Getränke bei einer Gelegenheit.

Nach der Studie zur „Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ hat sich der Anteil der Jugendlichen, die jemals Alkohol getrunken haben, von 62,8 auf 54,4 Prozent verringert. Ein riskanter Konsum ist bei 15,8 Prozent zu beobachten, regelmäßiges Rauschtrinken bei 11,5 Prozent. Ein positiver Trend ist, dass bei 10- bis 20-Jährigen die Zahl der Krankenhauseinweisungen aufgrund einer Alkoholvergiftung zurückgegangen ist. Im Jahr 2013 waren es mit 23.267 Fällen knapp 13 Prozent weniger als im Vorjahr.
Heike Kreutz, www.aid.de

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