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Gräber der ersten Bauern in Westfalen

Jeder Fund und jede Fundsituation werden akribisch dokumentiert. Foto: LWL
Jeder Fund und jede Fundsituation werden akribisch dokumentiert.
Foto: LWL

Grabungssaison im Linienbandkeramischen
Gräberfeld endet

Warburg-Hohenwepel (lwl). Bestattet wurden sie vor rund 7.000 Jahren in der Seitenlage. In die Gräber gaben ihnen die Angehörigen Beile, Keramikgefäße und manchmal auch Feuersteingeräte mit. In Warburg-Hohenwepel befindet sich das bislang einzige Gräberfeld aus der Zeit der frühesten bäuerlichen Kultur in Westfalen. Bei den aktuellen Ausgrabungen haben die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) weitere 40 Gräber aus der sogenannten linienbandkeramischen Kultur untersucht. Hier sind um 5.000 v. Chr. vermutlich noch Hunderte weitere Verstorbene beigesetzt worden.

Was für sich für den Laien lediglich wie schwache Schatten im Erdboden aussieht, enthält für die Fachleute der LWL-Archäologie für Westfalen wichtige Informationen. Es sind die einzigen, die bislang in Westfalen in diesem Umfang für diese Epoche dokumentiert werden konnten. Eine weitere Besonderheit des Fundortes in Warburg-Hohenwepel ist der unmittelbare Zusammenhang von Siedlung und Gräberfeld. Bereits vor Jahren konnten die Archäologen im Erdboden zahlreiche Zeugnisse des alltäglichen Siedlungslebens der ersten Bauern in dieser Region dokumentieren. Mit der Entdeckung des Gräberfelds im Jahr 2011 hat sich ein Kreis geschlossen.

Die Archäologen bei den Ausgrabungen: Unzählige Gräber wurden untersucht. Foto: LWL
Die Archäologen bei den Ausgrabungen: Unzählige Gräber wurden untersucht.
Foto: LWL

Der Boden und die jahrtausendelange Beackerung der Erde haben binnen 7.000 Jahren vieles zerstört. „Durch den starken Entkalkungsgrad des Bodens waren kaum noch Knochen erhalten, höchstens noch die starken Knochen der Gliedmaßen“, schildert Grabungsleiter Dr. Hans-Otto Pollmann.

In fast allen Gräbern waren noch einige Zähne, hier insbesondere der Zahnschmelz, erhalten. Die meisten Bestattungen enthielten außerdem Beigaben wie besondere Beilformen, die als Dechsel bezeichnet werden, verschiedene Keramikgefäße und in Einzelfällen auch Feuersteingeräte. Die Archäologen können damit die Lage der Bestatteten in ihren Gräbern rekonstruieren und erfahren aus den Knochen vieles über Ernährungsweisen, Alter oder Lebensumstände wie Krankheiten.

Auf einer Fläche von 800 Quadratmetern konnten in der jetzt auslaufenden Grabungssaison 40 Gräber dokumentiert werden. Insgesamt untersuchten die Forscher bislang rund 100 Bestattungen auf knapp 2.000 Quadratmetern. „Die Zahl der zerstörten Bestattungen liegt um mehr als das 7-Fache höher“, vermutet Dr. Hans-Otto Pollmann. Insgesamt dürfte das Gräberfeld eine Fläche von ca. 3.000 bis 4.000 Quadratmetern umfassen und ursprünglich weit mehr als 1.000 Bestattungen beherbergt haben. Es soll in den kommenden Jahren komplett untersucht werden.

Hintergrund
Aufmerksam geworden waren die Archäologen bereits in den 1980er- und 1990er-Jahren auf den Fundort. Damals hatte die Archäologische Arbeitsgemeinschaft von Warburg auf einer kleinen Fläche mehr als 70 Beile an der Erdoberfläche entdeckt und gesammelt. Die so genannten Deichsel waren durch die Beackerung des Bodens ans Tageslicht gekommen. Diese Häufung an Funden ließ auf ein Gräberfeld der Linienbandkeramischen Kultur schließen. Aufgrund der fortschreitenden Zerstörung durch die landwirtschaftliche Bearbeitung des Bodens wurden die archäologischen Ausgrabungen unumgänglich. Damit sollen die Zeugnisse der Vergangenheit vor der endgültigen Zerstörung bewahrt und das einzige Gräberfeld dieser Epoche in Westfalen für die Nachwelt wissenschaftlich dokumentiert werden.

2011 schließlich sondierten die Archäologen zirka. 200 Meter westlich der Siedlung die Erdoberfläche. Sie erfassten auch hier eine auffällige Konzentration von Oberflächenfunden. Das war der Anfang der Entdeckung des ersten Gräberfeldes aus der Linienbandkeramischen Kultur.

Die Linienbandkeramische Kultur hat ihren Namen von der Keramik, die in dieser Epoche besonders beliebt war. Becher und Krüge trugen markante Verzierungen von Linienbändern. Die Menschen in Mitteleuropa veränderten in dieser Zeit um 5.000 v. Chr. ihre Lebensweise elementar: Sie wurden sesshaft, betrieben Ackerbau und Viehzucht. In Warburg-Hohenwepel gründeten die ersten Bauern und Viehzüchter eine mit mehreren Gräben befestigte Siedlung und bewirtschafteten die Äcker. Unweit der rund zwölf Hektar großen Siedlungsfläche liegt das Gräberfeld, das seit 2011 untersucht wird.

LWL-Archäologie für Westfalen

„Türöffner-Tag“ der „Sendung mit der Maus“

Maus-Fans müssen auf dem Weg zum Bergmann viele Prüfungen bestehen. Foto: LWL/Hudemann
Maus-Fans müssen auf dem Weg zum Bergmann viele Prüfungen bestehen.
Foto: LWL/Hudemann

Witten (lwl). Am Samstag (3. 10.) öffnet der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zum ersten Mal die Türen seines Wittener Industriemuseums für große und kleine Maus-Fans. Von 11 bis 17 Uhr können Kinder bei der Knappenprüfung ihre Fähigkeiten als Kumpel unter Beweis stellen oder im Besucherbergwerk verborgene Stollen und Schächte erkunden. Der Eintritt zum Türöffner-Tag ist frei.

Im Besucherbergwerk öffnet das LWL-Museum exklusiv die Türen zum sogenannten Dünkelbergstollen, der sonst für Kinder unter zehn Jahren verschlossen ist. Bei der Führung durch diesen und weitere Teile der Grube begeben sich Maus-Fans ab fünf Jahren auf die Spuren der Bergleute. Ausgerüstet mit Lampe, Helm und Grubenjacke fahren die kleinen Besucher in das Bergwerk ein und entdecken die Welt unter Tage. Die Sonderführungen zum Türöffner-Tag sind bereits ausgebucht. Es besteht aber die Möglichkeit, an einer regulären Führung durch den Nachtigallstollen teilzunehmen (Kosten: Erwachsene 3 Euro, ermäßigt 1,50 Euro).

Auch zwischen Ringofen und Steinbruch ist viel los: Bei der Knappenprüfung können Maus-Fans beweisen, ob sie das Zeug zu einem echten Bergmann haben. Hierbei gilt es, einen kniffligen Mitmachparcours mit verschiedenen Stationen zu meistern. Die kleinen Bergleute üben sich im Umgang mit Schlägel und Eisen, transportieren das Grubengold mit einer historischen Schubkarre oder kriechen durch einen engen Tunnel. Auch ein pressluftbetriebener Abbauhammer darf ausprobiert werden. Nach bestandener Prüfung werden die Maus-Fans feierlich zum Knappen geschlagen und erhalten eine Urkunde.

Hintergrund
Am „Türöffner-Tag“ der „Sendung mit Maus“ können Kinder und Familien überall in Deutschland bei freiem Eintritt Sachgeschichten live erleben. Mehrere hundert Einrichtungen, Unternehmen, Forschungslabore, Vereine und Werkstätten öffnen am 3. Oktober Türen, die Kindern sonst verschlossen bleiben und hinter denen es etwas Spannendes zu entdecken gibt. Die Türöffner führen ihre Veranstaltungen komplett in Eigenregie durch.
„Die Sendung mit der Maus“ berichtet über den „Türöffner-Tag“ am Sonntag (4.10.) um 11.30 Uhr (KiKA). Ins Leben gerufen wurde die Aktion „Türen auf!“ vom Westdeutschen Rundfunk anlässlich des 40. Maus-Geburtstags 2011.

Tipp: Da rund um das Museum keine Parkmöglichkeiten zur Verfügung stehen, wird den Besuchern empfohlen, mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu kommen. Parkmöglichkeiten bestehen auf dem oberen Parkplatz Nachtigallstraße. Die Muttentalbahn verkehrt außerdem von 10 bis 18 Uhr im Stundentakt vom Parkplatz Nachtigallstraße. Die Fahrt mit der Muttentalbahn ist am Türöffner-Tag frei.

LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall

Wichtiger Erfolg in der Stammzellforschung

Caroline Kubaczka und Professor Dr. Hubert Schorle von der Universität Bonn hoffen, mit ihren Ergebnissen zu einer besseren Behandlung von Fruchtbarkeitsstörungen beitragen zu können. (c) Foto: S. Schneider, 90Grad Photography
Caroline Kubaczka und Professor Dr. Hubert Schorle
von der Universität Bonn hoffen, mit ihren Ergebnissen zu einer besseren Behandlung von Fruchtbarkeitsstörungen beitragen zu können. (c) Foto: S. Schneider, 90Grad Photography

Einem internationalen Team unter Leitung der Universität Bonn ist ein schwieriger Schritt in der Stammzellforschung geglückt: Die Wissenschaftler haben Bindegewebszellen der Maus in Stammzellen der Plazenta umgewandelt. Sie wollen nun mit ihrer Methode auch menschliche Plazentazellen züchten. Sie hoffen, so Störungen der Plazenta-Bildung besser erforschen zu können. Diese sind ein wichtiger Grund für ungewollte Kinderlosigkeit. Die Arbeit wird in dem renommierten Fachjournal „Cell Stem Cell“ veröffentlicht.

Den Forschern der Universität Bonn ist es gelungen, Bindegewebszellen in Stammzellen der Plazenta umzuwandeln. Auf diesem Foto einer Maus-Plazenta sind die umgewandelten Zellen grün angefärbt. (c) Foto: Kubaczka et al, Cell Stem Cell
Den Forschern der Universität Bonn ist es gelungen,
Bindegewebszellen in Stammzellen der Plazenta umzuwandeln. Auf diesem Foto einer Maus-Plazenta sind die umgewandelten Zellen grün angefärbt. (c) Foto: Kubaczka et al, Cell Stem Cell

Nach ihrer Befruchtung beginnt die Eizelle sich zu teilen. Dabei bilden sich schon nach wenigen Tagen zwei völlig unterschiedliche Gewebetypen: der Trophoblast, aus dem später die Plazenta hervorgeht, und der Embryoblast, das werdende Kind. Strenge Kontrollmechanismen verhindern, dass sich Trophoblasten-Zellen in Embryonal-Zellen verwandeln – oder auch umgekehrt. Denn das wäre für die Entwicklung des Kindes verheerend.

Diese strikte Trennung zu überwinden, gilt Stammzellforschern als besonders harte Nuss. Die Forscher aus Bonn, Cambridge und San Sebastian haben sie nun geknackt: Sie gaben zu Bindegewebszellen aus Mäusen einen Cocktail von vier verschiedenen Transkriptionsfaktoren. Transkriptionsfaktoren steuern die Aktivität bestimmter Gene und damit auch die Eigenschaften einer Zelle. Als Reaktion verwandelten sich die Bindegewebs-Zellen innerhalb weniger Tage in plazentale Stammzellen. Dadurch konnten die Forscher Plazenta-Gewebe im Labor züchten.

Hoffnung für Frauen mit Schwangerschaftskomplikationen?

Professor Dr. Hubert Schorle vom Institut für Pathologie der Universität Bonn hofft nun, diese Ergebnisse auch auf menschliche Zellen übertragen zu können. „Bislang ist es nicht möglich, humane Plazenta-Stammzellen in Kultur zu nehmen“, sagt er. „Das ist aber die Voraussetzung dafür, Entwicklungsstörungen der Plazenta besser zu erforschen“, ergänzt Caroline Kubaczka, die Erstautorin der Arbeit. Mit der an der Maus getesteten Methode sollte es im Prinzip möglich sein, Hautzellen des Menschen in teilungsfähige Plazenta-Stammzellen umzuwandeln. Langfristig könnte man so Ursachen für genetisch bedingte Komplikationen während der Schwangerschaft untersuchen. Das würde den Weg ebnen, um etwa neue Therapien gegen Störungen der Plazenta zu entwickeln.

Die Ergebnisse dieser Studie fließen in eine Stammzell-Datenbank am Harvard Stem Cell Institute ein. Dort werden systematisch Experimente erfasst, in denen es um die Reprogrammierung von Zellen geht. Die Datenbank bildet somit die Grundlage eines „biologischen Navigationssystems“: Mithilfe der dort gesammelten Erkenntnisse werde man in Zukunft in der Lage sein, alle Zelltypen im Organismus gezielt in einen beliebigen anderen Zelltypus umwandeln zu können, hofft Schorle. „Mit Arbeiten wie unserer werden somit die Grundlagen für Therapien der regenerativen Medizin von morgen gelegt.“

Publikation: Caroline Kubaczka, Claire E. Senner, Monika Cierlitza, Marcos J. Araúzo-Bravo, Peter Kuckenberg, Michael Peitz, Myriam Hemberger, Hubert Schorle: Direct induction of trophoblast stem cells from murine fibroblasts; Cell Stem Cell; DOI: 10.1016/j.stem.2015.08.005

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