Kategorie-Archiv: Biografie

Aufklärer aus Passion

Nach dem Muster englischer Satiriker wie Jonathan Swift hielt der Schriftsteller Johann Moritz Schwager (1738-1804) seinen westfälischen Landsleuten einen Spiegel vor und entpuppte sich dabei als radikaler Gesellschaftskritiker. Auch Schwagers volksaufklärerische Beiträge sind keine trockenen Pamphlete, sondern bereiten durch Schwagers Vorliebe für die Polemik noch heute Lesefreude.

Die Ausstellung "Verkan(n)t und veschwägert" stellt Johann Moritz Schwager und sein vielfältiges aufklärrisches Wirken vor.  Repro: LWL
Die Ausstellung „Verkan(n)t und veschwägert“ stellt Johann Moritz Schwager und sein vielfältiges aufklärrisches Wirken vor.
Repro: LWL

Die Ausstellung „Verkan(n)t und verschwägert“, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in Kooperation mit der Köln International School of Design und dem gastgebenden Museum für Westfälische Literatur in Oelde zeigt, stellt den Menschen Johann Moritz Schwager und sein vielfältiges aufklärerisches Wirken vor. Die Ausstellung ist vom 15. September bis zum 19. Januar 2014 auf dem Kulturgut Haus Nottbeck in Oelde zu sehen.

„Schwager, der Landpfarrer in Jöllenbeck bei Bielefeld, war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der westfälischen Geistesgeschichte des 18. Jahrhunderts“, so Prof. Dr. Walter Gödden von der Literaturkommission beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), der Schwagers Romane zu den Hauptwerken des deutschen Humors zählt. Neben Johann Heinrich Jung-Stilling und Justus Möser hat kein anderer westfälischer Literat ein derart umfangreiches und von Zeitgenossen breit rezipiertes Werk vorgelegt. Schwager war ein rhetorisch versierter Autor, der mit spitzer Feder und sicherem Gespür für satirische Schärfe Themen aufspießte, die ihm ein Dorn im Auge waren und unter Zeitgenossen kontrovers debattiert wurden“.

Aberglaube und Hexenwahn

Im Zuge des sogenannten Teufelsstreites bekämpfte Schwager Aberglaube und Hexenwahn, Irrationalismus und Scheinheiligkeit, die Vergabepraxis kirchlicher und weltlicher Ämter, Bildungsrenitenz sowie gefühlsselige Schwärmerei. „Seine Beiträge zu Volksmedizin, philanthropinischer Reformpädagogik, Ökonomie, Landes- und Volkskunde, nicht zuletzt auch sein Romanwerk zeigen die Vielseitigkeit seines Wirkens; singulär ist seine frühe Forderung nach unbedingter Toleranz im Umgang mit Minderheiten, etwa den Juden“, erklärt Gödden.

Im Anschluss an die Ausstellungseröffnung am 15. September (17 Uhr) liest der Schauspieler und Sänger Dominique Horwitz ausgewählte satirische Passagen aus den Romanen Johann Moritz Schwagers. Die Ausstellung ist bis zum 19. Januar 2014 im Museum für Westfälische Literatur – Kulturgut Haus Nottbeck, Landrat-Predeick-Allee 1, 59302 Oelde-Stromberg zu sehen.

Begleitend erscheinen ein interdisziplinärer Sammelband (470 S., Bielefeld: Aisthesis 2013) sowie eine Edition sämtlicher Romane Schwagers (2 Bde. 1254 S., Bielefeld: Aisthesis 2013). 

Hintergrund

Bei der Ausstellung handelt es sich um eine Kooperation der LWL-Literaturkommission für Westfalen mit der Köln International School of Design und dem Museum für Westfälische Literatur. Gestaltet wurde die Ausstellung von Studierenden der Kölner International School of Design.

Ilse Polak – ein bewegtes Leben

Ilse Polak aus New York war am vergangenen Donnerstag zu Gast in der Ehemaligen Jüdischen Schule Leer. Zusammen mit der Journalistin Anne Diekhoff ließ sie mit einer Lesung und Buchvorstellung 50 Besucher im alten Klassenzimmer der Schule an ihrem bewegten Leben teilhaben.

Ilse Polak und Anne Diekhoff während der Lesung. Foto: Landkreis Leer
Ilse Polak und Anne Diekhoff während der Lesung. Foto: Landkreis Leer

Ilse Polak wurde 1927 in Papenburg geboren. Fast auf den Tag genau 70 Jahre, nachdem sie mit ihrer Familie ins Ghetto von Riga deportiert worden war, entschloss sie sich, ihre Geschichte zu erzählen. Bisher kannten selbst ihre Freunde nur das glückliche Ende, das „Happy Ending in Amerika“, wie sie es nennt.

Was sie im Ghetto und im Konzentrationslager ertragen musste und welche traurigen Seiten ihre Kindheit in Papenburg hatte, das hatte sie für sich behalten.

Journalistin Anne Diekhoff lernte Ilse Polak 2009 kennen, als diese schon 60 Jahre in New York lebte. Diekhoff hat aufgezeichnet, was Ilse Polak ihr in zahlreichen Gesprächen erzählt hat.

„Mit der Ehemaligen Jüdischen Schule und auch mit dieser Lesung möchten wir Vergangenheit und Zukunft miteinander verbinden. Erinnerung und Gedenken haben kein Verfallsdatum“, so Landrat Bernhard Bramlage in seinem Grußwort. Er sei glücklich darüber, Ilse Polak als ehemalige Schülerin zur ersten Abendveranstaltung im Haus begrüßen zu dürfen.

Im Anschluss der Lesung signierte Ilse Polak ihr Buch: Meine drei Leben. Die Geschichte einer Papenburger Jüdin. Aufgezeichnet von der Journalistin Anne Diekhoff. Es ist im August 2013 im Fehn-Verlag J. Eissing erschienen. ISBN: 978-3980082051.

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