Innovative Rechenmaschine von 1774 im Arithmeum

Die Kreisrunde Rechenmaschine des Pfarrers Philipp Matthäus Hahn brachte den automatischen Zehnerübertrag und ist daher ein Meilenstein des mechanischen Rechnens. Eine Rekonstruktion wurde nun fertig gestellt und wird im Bonner Wissenschaftsmuseum Arithmeum ausgestellt.

Entworfen in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts von Pfarrer Philipp Matthäus Hahn, bestand die revolutionäre Neuerung darin, dass der automatische Zehnerübertrag über alle Stellen möglich wurde. Das konnte bis dahin keine andere Rechenmaschine. Fortan erhielten die Benutzer zuverlässige Ergebnisse. Ein durchsichtiges Funktionsmodell wurde im Arithmeum rekonstruiert und gebaut. Dieser Nachbau mit einem Gehäuse aus Plexiglas hatte Hahns erste Maschine aus dem Jahr 1774 zum Vorbild und wurde nun nach drei Jahren Bauzeit im Arithmeum fertiggestellt. Das Modell verdeutlicht heute den Besuchern des Arithmeums die Arbeitsweise dieser besonderen Rechenmaschine.

Hahn'sche Rechenmaschine von 1774. Das Modell im Arithmeum (c)Arithmeum_UniBonn_2013
Hahn’sche Rechenmaschine von 1774. Das Modell im Arithmeum
(c)Arithmeum_UniBonn_2013

Der Zehnerübertrag wird zuverlässig

Zuerst werden einige Schieber eingestellt, dann wird gekurbelt: Klackern und Rattern erfüllt den Raum, nach kurzer Zeit kann dann das Rechenergebnis abgelesen werden. Hahns Entwicklung ermöglicht das Rechnen in den vier Grundrechenarten, also Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division. Das konnten vor ihr auch schon andere Geräte. Allerdings hat Hahns zylinderförmige Maschine einen großen Vorteil. Prof. Dr. Ina Prinz, Direktorin des Arithmeums. „Durch einen über alle Stellen vollautomatischen und funktionstüchtigen Zehnerübertrag, dem ein ausgefeilter Mechanismus zugrunde liegt, erhielt der Benutzer mit nur einer einzigen Kurbelumdrehung pro Rechenschritt zuverlässige Ergebnisse. Das war eine absolute Neuerung. Vor Hahns Erfindung waren entweder Zwischenschritte beim Rechnen mit Maschinen nötig oder der Zehnerübertrag konnte aus mechanischen Gründen nicht über mehr als drei Stellen ausgeführt werden. Im Ergebnis schlichen sich oft Fehler ein oder die Rechenmaschine blockierte sogar.“

Benutzerfreundliche Rechenmaschine

Hahn war nicht nur Geistlicher und Naturwissenschaftler, sondern auch Uhrmacher. So achtete er auch auf Benutzerfreundlichkeit. „Nach einer kurzen Einweisung könnte jeder die Maschine bedienen. Zudem ermöglicht die kreisrunde Bauweise auch Stellenverschiebungen. So wird vermieden, dass bei großen Rechnungen viel gekurbelt werden muss“, sagt Prof. Prinz. Das Gerät hat immerhin elf Stellen, durch ein Umdrehungszählwerk kann der Benutzer ablesen, wie viele Rechenoperationen bereits abgearbeitet wurden.

Öffentliche Führungen bieten noch mehr Einblick

Das Funktionsmodell wird bei den öffentlichen Sonntagsführungen (Beginn ist jeweils um elf Uhr) im Arithmeum in der Lennéstraße in Bonn vorgestellt. Bei diesen Führungen wird auch eine originalgetreue Replik von Hahns erster Maschine gezeigt, welche die Restauratoren des Arithmeums mit einer bulgarischen Werkstatt für Präzisionsmaschinenbau innerhalb von fünf Jahren gefertigt haben. In der Dauerausstellung befindet sich zudem die Originalrechenmaschine von Johann Christoph Schuster aus dem Jahr 1820/22. Schuster war Schüler Pfarrer Hahns und baute Rechenapparate nach Hahns Entwürfen. Das Exponat im Arithmeum wurde damals für den Hofastronom eines indischen Maharadschas gebaut und gilt als letztes Artefakt vor Beginn der serienmäßigen Rechenmaschinenfertigung.

Video erläutert die Innovation der Kreisrunden Rechenmaschine
Im Videopodcast erklärt die Direktorin des Arithmeums, Prof. Dr. Ina Prinz, die Kreisrunde Rechenmaschine.

Information zu den Museen und Sammlungen der Universität Bonn:
http://www3.uni-bonn.de/einrichtungen/museen

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